Neues BMF-Schreiben: Änderungsbedarf bei ZR-Verträgen?

Das Bundesfinanzministerium hat seine Haltung zur umsatzsteuerlichen Behandlung von weitergeleiteten Provisionen geändert. DER MITTELSTANDSVERBUND veranstaltet am 17. April in Köln einen Experten-Workshop zu dem Thema.

Berlin, 09.03.2015 — Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte bereits am 3. Juli 2014 ein Urteil zur Behandlung der Mehrwertsteuer in der Zentralregulierung gefällt, dass für die Mittelstandskooperationen von großer Relevanz ist. In diesem Urteil hatte sich das höchste deutsche Finanzgericht der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs angeschlossen, dass eine Entgeltminderung als Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer in der Zentralregulierung nicht in Frage kommt.

Begründet wurde die Änderung der bisherigen Rechtsauffassung damit, dass der Leistungsaustausch im Hinblick auf die Hauptforderung ausschließlich zwischen dem Vertragslieferanten und dem Anschlusshaus stattfinde. Eine Provision, die ein Zentralregulierer erhält, sei hingegen kein Leistungsaustausch des Warengeschäfts. Deswegen führe eine Weitergabe eines Teils der Provision an das Anschlusshaus auch nicht zu einer Entgeltminderung durch den Zentralregulierer.

Da zu erwarten war, dass das Finanzministerium auf Grundlage dieser Entscheidung des Bundesfinanzhofs seine Verwaltungsauffassung und damit auch die Praxis der Finanzämter anpassen würde, hatte DER MITTELSTANDSVERBUND im Oktober letzten Jahres im Rahmen eines Experten-Workshops bereits umfassend zu den möglichen Folgen der Entscheidung informiert.

Nun liegt das BMF-Schreiben vor und der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes geht davon aus, dass für viele Zentralregulierer Handlungsbedarf besteht. Um seine Mitgliedskooperationen über die geänderte Rechtslage zu informieren und Handlungsempfehlungen zu geben, lädt DER MITTELSTANDSVERBUND am 17. April von 10:00 - 14:00 Uhr zu einem zweiten Experten-Workshop in das NH Hotel nach Köln ein. Die Einladung zu der Veranstaltung mit Anmeldeformular wird in den kommenden Wochen versendet werden.

Hintergrund

Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat mit Urteil vom 16. Januar 2014, C-300/12, entschieden, dass die Grundsätze, die der EuGH im Urteil vom 24. Oktober 1996, C-317/94, zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat sich mit dem Folgeurteil vom 27. Februar 2014, V R 18/11, dieser Rechtsauffassung unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung (BFH-Urteile vom 12. Januar 2006,V R 3/04, vom 13. Juli 2006, V R 46/05 sowie vom 13. März 2008, V R 70/06, angeschlossen. Danach kommt es nicht zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage, wenn ein Vermittler, z.B ein Zentralregulierer, dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet. Dementsprechend führt der Preisnachlass auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzugs beim Kunden (BFH- Urteil vom 3. Juli 2014, V R 3/12).

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die umsatzsteuerrechtliche Behandlung der Gewährung eines Preisnachlasses Folgendes:

Nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils vom 24. Oktober 1996 (a.a.O.) liegt eine Entgeltminderung vor, wenn der erste Unternehmer (z.B. der Vertragslieferant) aufgrund seiner Lieferung eine Erstattung an einen der nachfolgenden Abnehmer in der Leistungskette vornimmt.

Es kommt nicht darauf an, ob der begünstigte Abnehmer in einer unmittelbaren Leistungsbeziehung zu dem ersten Unternehmer steht. Erstattet danach der erste Unternehmer in einer Leistungskette dem Endabnehmer einen Teil des von diesem gezahlten Leistungsentgelts oder gewährt er ihm einen Preisnachlass, mindert sich dadurch die Bemessungsgrundlage für den Umsatz des ersten Unternehmers (an seinen Abnehmer der nächsten Stufe). Ist der Endabnehmer ein in vollem Umfang oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigter Unternehmer, mindert sich sein Vorsteuerabzug aus der Leistung um den in der Erstattung oder in dem Preisnachlass enthaltenen Steuerbetrag (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 4 UStG). Auf die Abschnitte 10.3, 17.1 und 17.2 UStAE wird hingewiesen.

Entgegen der bisherigen Rechtsprechung des BFH finden diese Grundsätze keine Anwendung, wenn nicht ein an der Leistungskette beteiligter Unternehmer, sondern lediglich ein Vermittler (z.B. ein Zentralregulierer) dem Empfänger des von ihm vermittelten Umsatzes einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet (BFH-Urteil vom 27. Februar 2014, V R 18/11, a.a.O.). Dieser von den Beteiligten regelmäßig als "Preisnachlass" bezeichnete Vergütungsbetrag mindert daher nicht das Entgelt für die Leistung des Vermittlers an seinen Auftraggeber und führt dementsprechend auch nicht zu einer Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der vom Kunden empfangenen (vermittelten) Leistung (BFH-Urteil vom 3. Juli 2014, a.a.O.).

Sofern im Ausnahmefall der "Preisnachlass" des Vermittlers jedoch nicht für die vermittelteLeistung, sondern vielmehr auf Grundlage einer bestehenden Leistungsbeziehung zum Kunden gewährt wird, unterliegt dieser "Nachlass" einer gesonderten Würdigung. So können die vom sog. Zentralregulierer eingeräumten "Preisnachlässe" an seine sog. Anschlusskunden u. U. Entgelte für eine Leistung des Anschlusskunden an den Zentralregulierer oder eine Minderung des Entgelts für eine Leistung des Zentralregulierers an den Anschlusskunden sein. Demgegenüber stellen "Preisnachlässe" des Zentralregulierers für den Bezug von Waren von bestimmten Lieferanten Nachlässe i. S. d. o. g. Rechtsprechung dar.


Weitere Informationen:

BMF-Schreiben vom 27.02.2015 (PDF-Dokument)

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