Neuregelung steuerlicher Nachzahlungs- und Erstattungszinsen: Bundesfinanzministerium veröffentlicht Referentenentwurf

Das Bundesfinanzministerium hat einen Referentenentwurf vorgelegt, mit dem der Zinssatz für steuerliche Nachzahlungs- und Erstattungszinsen deutlich abgesenkt werden soll. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ist diese Neuregelung für den Gesetzgeber verpflichtend und soll dem veränderten Zinsumfeld Rechnung tragen. Unternehmen können sich somit zukünftig auf eine wesentlich angemessenere Zinshöhe einstellen.

Berlin, 24.02.2022 – Mit seinem am 18. August 2021 veröffentlichten Urteil hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die Höhe des gegenwärtigen Zinssatzes, der auf steuerliche Nachzahlungs- und Erstattungszinsen fällig wird, mit Verweis auf das deutlich veränderte Zinsumfeld für verfassungswidrig erklärt. Während der bisherige Zinssatz von monatlich 0,5 % bzw. jährlich 6 % für Verzinsungszeiträume zwischen dem 1. Januar 2014 und 31. Dezember 2018 weiterhin angewendet werden darf, muss der Gesetzgeber hingegen für Zeiträume ab dem 1. Januar 2019 rückwirkend einen neuen Zinssatz festlegen. Hierfür wurde ihm eine Frist bis einschließlich Juli 2022 eingeräumt. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesfinanzministerium (BMF) am 22. Februar 2022 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung (AO) vorgelegt, mit dem die Neufestlegung des Zinssatzes umgesetzt werden soll.

Der Referentenentwurf sieht dabei einen deutlich niedrigeren Zinssatz als bisher vor: Für sämtliche Verzinsungszeiträume rückwirkend zum dem 1. Januar 2019 soll der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen gemäß § 233a AO demnach auf 0,15 % pro Monat – also 1,8 % pro Jahr – gesenkt und damit an die verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasst werden. Auch der neue Zinssatz soll aber bei Bedarf regelmäßig angepasst werden können. Der Referentenentwurf sieht daher ebenfalls vor, die Angemessenheit dieses Zinssatzes unter Berücksichtigung der Entwicklung des Basiszinssatzes nach § 247 BGB alle drei Jahre mit Wirkung für nachfolgende Verzinsungszeiträume zu evaluieren – erstmals jedoch zum 1. Januar 2026. Das BMF ist der Auffassung, dass mit den entsprechenden Anpassungen den Forderungen des BVerfG sowie dem Vertrauensschutz Rechnung getragen ist.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt die im Referentenentwurf vorgesehene Neufestsetzung des Zinssatzes für Nachzahlungs- bzw. Erstattungszinsen auf 1,8 % pro Jahr ausdrücklich. Es war mit Blick auf die allgemeine Zinsentwicklung schon lange nicht mehr angemessen, dass die Steuerzahler etwa bei Steuernachforderungen durch die Finanzämter nahezu horrende Zinsen aufschlagen mussten. Deswegen war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Sommer überfällig und hat die Bundesregierung zurecht zum schnellen Handeln gezwungen. Der nun vom BMF vorgelegte Referentenentwurf trägt dem Urteil ausreichend Rechnung und setzt einen deutlich niedrigeren, realistischeren und insgesamt angemessen Zinssatz an.

DER MITTELSTANDSVERBUND hat den bisherigen, aus der Zeit gefallen Zinssatz seit Jahren als zu hoch beklagt, was nun auch die Bundesregierung mit ihrem Vorschlag bestätigt. Mit dem neuen Zinssatz – so er denn in dieser Form beschlossen wird – können gerade kleine und mittlere Unternehmen bei Steuernachzahlungen auf spürbare Entlastungen gegenüber der jetzigen Situation hoffen. Hier macht sich die Höhe des Zinssatzes tatsächlich bemerkbar. Ebenfalls ist es fair, den Zinssatz wie nun geplant in regelmäßigen Abständen einer Evaluierung zu unterziehen und bei einer Veränderung des Basiszinssatzes gegebenenfalls anzupassen. So könnte sichergestellt werden, dass der Zinssatz für Nachzahlungs- und Erstattungszinsen auch langfristig realistisch und angemessen bleibt. Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass das Steuerrechtauch an anderer Stelle an hohen und unrealistischen Zinssätzen festhält – insbesondere bei dem Rechnungszinssatz von 6 % für die Bewertung von Pensionsrückstellungen. Hier sollte der Gesetzgeber ebenfalls tätig werden und den vorgeschriebenen Zinssatz absenken.

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