Reform der Grundsteuer: Steuerliche Mehrbelastung muss verhindert werden

Die Berechnung der Grundsteuer in Westdeutschland wurde vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt. Nun bleibt dem Gesetzgeber bis Ende 2019 Zeit für eine Neuregelung. DER MITTELSTANDSVERBUND warnt vor steigenden Belastungen für den Mittelstand.

Karlsruhe, 12.04.2018 – Die Einheitsbewertung von Grundvermögen bei der Berechnung der Grundsteuer in den alten Bundesländern ist verfassungswidrig. Dies beschloss das Bundesverfassungsgericht und begründete seine Entscheidung mit dem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes.

Reform der Grundsteuer: Steuerliche Mehrbelastung muss verhindert werdenDemnach führe die Verwendung der Einheitswerte von 1964 zu einer umfassenden Ungleichbehandlung bei der Bewertung von Grundvermögen. Anlass für den Beschluss waren drei Vorlagen des Bundesfinanzhofs sowie zwei Verfassungsbeschwerden.

Die aktuelle Berechnung der Grundsteuer beruht auf veralteten Einheitswerten

Sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen sind in Deutschland zu einer Grundsteuer verpflichtet, sofern sie Eigentümer einer Immobilie oder eines Grundstücks sind. Die Höhe des Einheitswerts wird für jedes Objekt individuell durch das zuständige Finanzamt anhand der Lage, Nutzung und Bebauung bestimmt. Der daraus ermittelte Grundsteuermessbetrag wird anschließend mit dem Hebesatz der jeweiligen Kommune multipliziert. Die anfallende Steuer spiegelt jedoch nicht mehr den tatsächlichen Wert des Grundstücks oder der Immobilie wider. Grund hierfür sind die völlig veralteten Einheitswerte. Diese wurden für die alten Bundesländer zuletzt im Jahr 1964, in den neuen Bundesländern sogar noch im Jahr 1935 ermittelt.

Übergangsfrist bis 2024

Nach dem Urteil der Karlsruher Richter muss der Gesetzgeber bis Ende 2019 eine Neuregelung vorlegen. Bis dahin sind die bisherigen Regeln weiterhin gültig. Darüber hinaus räumte das Bundesverfassungsgericht eine Übergangsfrist bis Ende 2024 ein. So dürfen die alten Regelungen aufgrund des „außergewöhnlichen Umsetzungsaufwands“ bis fünf Jahre nach der Verkündigung der Neuregelung weiter angewandt werden.

Grundsteuer als sichere Finanzquelle für die Kommunen

Die Grundsteuer wird in Deutschland auf rund 35 Millionen Grundstücke erhoben und sichert den Kommunen damit jährlich fast 14 Milliarden Euro im Haushalt. Damit ist sie neben der Gewerbesteuer eine der aufkommensstärksten Steuern der Kommunen, durch die Investitionen in öffentliche Einrichtungen sowie in Infrastruktur finanziert werden.

Für eine Reform stehen mehrere Ansätze zur Auswahl

Eine Neuregelung zur Berechnung der Grundsteuer wird seit Langem geplant. Deshalb haben sowohl die Länder als auch der Bund bereits verschieden Ansätze vorgeschlagen, die mit unterschiedlich hohem Mehraufwand verbunden wären.

Die Mehrheit der Bundesländer befürwortet das „Kostenwertmodell“, das Grundstücks- und Gebäudewert miteinander kombiniert. Hierbei würden aktuelle Bodenrichtwerte und Baukosten herangezogen. Das Modell ist jedoch umstritten, denn die Neubewertung der 35 Millionen Grundstücke in Deutschland wäre in der vom Bundesverfassungsgericht vorgegebene Frist kaum zu bewältigen.

Dagegen wäre das sogenannte „Südländermodell“ – vorgeschlagen von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg sowie mittlerweile auch Hamburg – schnell umsetzbar. Hier soll die Grundsteuer mithilfe der Grundstücksgröße und der Nutzfläche ermittelt werden. Der Immobilienwert bleibt unbeachtet. Somit würden nur Daten verwendet, die dem Finanzamt bereits vorliegen.

Ergänzend wurde im Koalitionsvertrag die Einführung einer Grundsteuer C festgehalten. Diese sieht eine höhere Besteuerung unbebauter Grundstücke durch die Kommunen vor und soll ihnen ermöglichen, „die Verfügbarmachung von Grundstücken für Wohnzwecke zu verbessern". Des Weiteren sollen damit Spekulationsanreize steigender Grundstückspreise eingedämmt werden. Diese Idee fand bereits zu Beginn der 1960er Jahre Anwendung, verfehlte damals aber ihr Ziel.

Jedes Modell weist seine Vor- und Nachteile auf. Die Verwendung der Immobilienwerte als Berechnungsgrundlage hat gegenüber flächenbasierter Modelle jedoch den Nachteil, dass die Neubewertung zeitaufwendig und kostenintensiv ist. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass es zu einem starken Anstieg der Grundsteuer kommt, sofern die Hebesätze und Steuermesszahlen nicht angepasst werden. Dies würde Eigentümer und durch die Umlagerung auch die (Gewerbe-)Mieter stark belasten.

Gleichzeitig wäre das Festhalten an einem vermögensbasierten Ansatz ein weiterer Schritt zur Vermögensteuer. Dies lehnt DER MITTELSTANDSVERBUND klar ab.

Steuerliche Mehrbelastungen vermeiden

Es bleibt abzuwarten, wie sich der Gesetzgeber entscheiden wird. Bund, Länder und Kommunen sind jetzt gefragt, gemeinsame eine Bemessungsgrundlage zu finden, die ohne großen Aufwand schnell umsetzbar ist, um ein weiteres Bürokratiemonster im Steuerrecht zu vermeiden.

DER MITTELSTANDSVERBUND fordert zudem die Große Koalition auf, zu ihrem Wort zu stehen und Aufkommensneutralität sicherzustellen. Eine Reformierung der Grundsteuer darf nicht in einer stärkeren Steuerbelastung kleiner und mittlerer Unternehmen resultieren.

Besonders die gewerblichen Mieter wären durch eine Erhöhung der Grundsteuer doppelt benachteiligt. So würde diese nicht nur zu einer Erhöhung der Mieten, sondern durch die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Mieten ebenfalls die Belastung durch die Gewerbesteuer erhöhen. Hiervon wären vor allem Branchen wie der Handel betroffen, die ihre Ladenflächen überwiegend anmieten.

Da die Kommunen die Steuermesszahl und Hebesätze festlegen, die der Berechnung der Grundsteuer zugrunde liegen, sind gerade auch sie aufgefordert, für eine mittelstandsfreundliche Lösung einzutreten.

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