Split Payment: MITTELSTANDSVERBUND beteiligt sich an EU-Studie

Das Umsatzsteueraufkommen in Europa soll sichergestellt werden. Eine Lösung soll das Split-Payment-Verfahren sein. DER MITTELSTANDSVERBUND bleibt skeptisch.

Brüssel, 02.02.2017 – Die Bandbreite der Verfahren zur Sicherstellung des Umsatzsteueraufkommens in Europa ist groß. So war es keine Überraschung, dass die Generaldirektion Steuern und Zollunion der Europäischen Kommission die Möglichkeiten nun genauer unter die Lupe nimmt. In einer Studie sollen die Folgen verschiedener Varianten des sog. Split-Payments-Verfahrens abgeschätzt werden. Um das zu diskutieren, lud die Beratungsgesellschaft Deloitte am 27. Januar zu einem Workshop nach Brüssel ein.

Was ist das Split-Payment-Verfahren?

Beim Split-Payment-Verfahren handelt es sich um einen Mechanismus, der die Aufspaltung eines Bezahlvorgangs in eine Netto- und in eine Umsatzsteuerzahlung vorsieht. Das bedeutet, dass der Leistungserbringer nicht mehr die Umsatzsteuer vorerst erhält um sie z.B. mit bereits gezahlten Vorsteuern zu verrechnen. Stattdessen wird sie unverzüglich an das Finanzamt abgeführt. Dadurch soll verhindert werden, dass der Staat durch (absichtlich herbeigeführte) Insolvenzen Steuermittel verliert.

In der Praxis werden Split-Payment-Verfahren sektoral u.a. in Italien und Aserbaidschan angewendet. Auch Bulgarien hatte einen solchen Ansatz bereits erprobt. Dabei gibt es eine Vielzahl möglicher Ausgestaltungen. Beispielsweise gibt es in manchen Modellen eine Konzentration auf Verkäufe zwischen Unternehmen (B2B-Transaktionen) , während andere auch Geschäfte mit Konsumenten einbeziehen. Darüber hinaus variieren die Modelle auch bei den einbezogenen Zahlungsformen, wie etwa Überweisungen, Kartenzahlungen oder Barmittel.

Was sind Konsequenzen für den Mittelstand?

Die Verfahren haben aber auch Nachteile. Denn sie sollen keineswegs flächendeckend angewandt werden, sondern lediglich bei Transaktionen, wo heute Leistungserbringer die Vorsteuer vereinnahmen. Bei Geschäftsvorfällen, bei denen das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren zum Tragen kommt, wären jedoch nicht betroffen. Beim Reverse-Charge-Verfahren ist der Leistungsempfänger, d.h. der Käufer, verpflichtet, die Umsatzsteuer gegenüber der Finanzverwaltung zu erklären und abzuführen.

Dies hat für Unternehmen erhebliche Konsequenzen. Denn ein Unternehmen, das beim Einkauf Umsatzsteuer ausgeben muss, jedoch beim Verkauf keine Steuern mehr vereinnahmt, wird letztlich negative Liquiditätsauswirkungen spüren. Angesichts der Tatsache, dass die Rückerstattung von gezahlter Umsatzsteuer in manchen EU-Staaten teilweise mehrere Jahre auf sich warten lässt, ist dieser Aspekt nicht zu unterschätzen. Gerade deutsche Mittelständler mit EU-bezogenen Geschäften können von langen Wartezeiten bei den Finanzverwaltungen betroffen sein. Deswegen hat sich DER MITTELSTANDSVERBUND konstruktiv und vor allem kritisch in die Debatte eingemischt.

MITTELSTANDSVERBUND fordert äußerste Vorsicht

Besprochen wurde daher auch, wie man die Nebenwirkung des Liquiditätsabflusses bewältigen könnte. Ein bereits in der Vergangenheit getestetes Modell sieht vor, vereinnahmte Umsatzsteuern beim Leistungserbringer auf gesperrten Konten zu parken. Die Mittel dürfen ohne Zustimmung des Finanzamts ausschließlich zur Begleichung von Umsatzsteuern an Vorleistende benutzt werden – und daher ebenso nur auf ein gesperrtes Konto fließen.

Hier sprach sich DER MITTELSTANDSVERBUND klar dagegen aus. Denn diese Modifikation stellt lediglich eine Verschlimmbesserung des Split-Payments-Verfahrens dar. Denn manche Fragen ließen sich nicht einfach klären: Woher weiß der Zahlende, dass es sich um ein gesperrtes Konto handelt? Was passiert z.B. bei Buchungsfehlern? Wie werden die Zahlungen den Rechnungen zugeordnet? All dies ließe sich nur mit zusätzlicher Bürokratie beantworten, die insbesondere für Mittelständler mit einem hohen Aufwand verbunden wäre.

Verfahren birgt Risiken für kleine Banken

Darüber hinaus läuft die Ansammlung eines signifikanten Anteils des Steueraufkommens auf gesperrten Konten dem finanzmarktpolitischen Ordnungsrahmen zuwider. „Bisher überweisen Steuerpflichtige ihre Steuerschuld auf ein Konto des Fiskus, üblicherweise bei einer Zentralbank“, erklärt Paul Maeser, der beim MITTELSTANDSVERBUND für Steuerfragen verantwortlich ist. Im vorgeschlagenen Modell würde aber ein signifikanter Teil des Steueraufkommens im Geschäftsbankensektor geparkt werden. „Damit erhöhen sich die Außenstände der öffentlichen Hand im Bankenwesen. Doch genau die daraus resultierenden Risiken versucht die Europäische Kommission im Zuge der Finanzmarktregulierung zu begrenzen“, so Maeser.

Hinzu kommt, dass Banken zur Abwicklung solcher Zahlungen eine teure Infrastruktur bereitstellen müssen. Diese rentiert sich nur bei einem entsprechend großen Transaktionsvolumen. Damit laufen kleine Banken Gefahr, aus dem Markt gedrängt zu werden. Das Angebot an geeigneten Zahlungsverkehrsdienstleistern könnte gerade für kleine und mittlere Unternehmen schrumpfen. Eine wahrlich schlechte Aussicht für Mittelständler.

„Mehr Bürokratie bei zunehmender Rechtsunsicherheit und weniger Wettbewerb kann nicht das Ziel einer Umsatzsteuerreform sein“, kritisiert Maeser. Auch deshalb wird der Spitzenverband für die Belange des Mittelstands bei der Umsatzsteuerreform energisch eintreten.

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