Steuermodernisierung: Das ändert sich für Unternehmen

Bundestag und Bundesrat haben sich auf ein neues Steuerverfahrensrecht geeinigt. Die wichtigsten Änderungen für Unternehmen im Überblick.

Berlin, 26.07.2016 – Nach langen Beratungen haben Bundestag und Bundesrat ein „Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens“ beschlossen. Gerade noch rechtzeitig vor der parlamentarischen Sommerpause. Jetzt wurde das Gesetz auch offiziell im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Mit dem Gesetz sollen zahlreiche Änderungen in mehreren Steuergesetzen vorgenommen werden. Aber wofür nützt das eigentlich? „Das Steuermodernisierungsgesetz soll die Digitalisierung der Arbeitsabläufe in der Steuerverwaltung vorantreiben“, erklärt Paul Maeser, der beim MITTELSTANDSVERBUND für Steuerfragen zuständig ist. Mit Hilfe von IT-Verfahren sollen die Finanzämter so künftig effizienter arbeiten können. Dadurch ändern sich auch die Anforderungen an den Steuerzahler. Das Gesetz tritt am 01. Januar 2017 in Kraft.

Die wichtigsten Neuerungen für den kooperierenden Mittelstand hat DER MITTELSTANDSVERBUND zusammengefasst:

„Wirtschaftlichkeit“ und“ Zweckmäßigkeit“

Anders als in der Vergangenheit wird durch das Gesetz die Finanzverwaltung ausdrücklich ermächtigt, bei Ermittlungen Aspekte der Wirtschaftlichkeit und der Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen (§ 88 Abs. 2 S. 2 AO-Neu). Konkret heißt das: Die Finanzbehörden dürfen bei ihren Ermittlungen Schwerpunkte setzen und vor allem dort prüfen, wo Betrugsrisiken aufgrund von Erfahrungswerten (z.B. in Risikomodellen) vorwiegend erwartet werden. Dadurch soll ein vertretbarer Aufwand bei Sachverhaltsermittlungen erreicht werden.

Wer also kaum im Verdacht stehen dürfte Steuern zu verkürzen, bei dem ist eine Prüfung künftig wesentlich weniger wahrscheinlich. Dennoch bleibt jeder Steuerpflichtige angehalten, seine Steuerbuchhaltung ordnungsgemäß zu führen. Denn auch in Zukunft wird es reine Stichproben geben.

Belegvorhaltepflicht statt Belegvorlagepflicht

Die Finanzverwaltung wird auf allen Ebenen des Besteuerungsverfahrens Risikomanagementsysteme einsetzen (§ 88 Abs. 5 AO – Neu). Diese Systeme sollen jene Steuerfälle herausfiltern, die aufgrund spezieller Eigenheiten einer gesonderten Prüfung durch einen Finanzbeamten bedürfen. Alle übrigen Fälle werden dann lediglich von Computersystemen geprüft und abgewickelt.

Aus diesem Grund erübrigt sich im Regelfall das Einreichen von Belegen. Anstelle der bisherigen Belegvorlagepflicht tritt eine Belegvorhaltepflicht. Steuerpflichtige müssen ihre Belege demnach –künftig nur noch auf Anforderung des Finanzamts einreichen. Ein Ziel der Maßnahme: Papierlose Steuererklärungen zu verbreiten und die Bearbeitungszeit durch die Finanzämter zu verkürzen.

Fristen und Verspätungszuschläge

Für die Anfertigung der Steuererklärung gibt es künftig mehr Zeit. Die Frist wird um zwei Monate auf den 31. Juli des Folgejahres ausgeweitet (§ 149 Abs. 2 AO – Neu). Noch großzügiger ist die Frist, wenn man sich Hilfe holt: Bei Hinzuziehung eines Steuerberaters muss bald erst am 28. Februar des Zweitfolgejahres die Erklärung beim Fiskus eingehen (§ 149 Abs. 3 AO – Neu).

Wer die Frist jedoch versäumt, muss für jeden angefangenen Kalendermonat einen Verspätungszuschlag in Höhe von mindestens 25 Euro zahlen, wenn der Erklärungszeitraum dem Kalenderjahr entspricht (§152 AO – Neu). Die Festsetzung des Verspätungszuschlags liegt allerdings im Ermessen des Finanzamts.

Kein Verspätungszuschlag fällt für Erstattungsfälle und Festsetzungen über Null Euro an. „Die ursprüngliche Fassung des Bundesfinanzministeriums hat eine automatische Festsetzung der Verspätungszuschläge vorgesehen. Dieser Vorschlag wurde allerdings auf Empfehlung des Finanzausschusses deutlich abgemildert“, so Maeser. Dennoch wird ein Zuschlag definitiv fällig, wenn ein erheblicher Verstoß gegen die Steuererklärungsfrist vorliegt.

Weitere Änderungen

Der Steuerbescheid kann künftig per Datenabruf vom Finanzamt „abgeholt“ werden (§122a AO – Neu). Hierzu bedarf es der vorherigen widerruflichen Zustimmung des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige wird per E-Mail auf seinen fertigen Steuerbescheid hingewiesen. Drei Tage nach der Benachrichtigung gilt der Bescheid dann allerdings als zugestellt. Mit diesem vermuteten Tag der Zustellung beginnen die Einspruchs-und Zahlungsfristen.

Auch im Sinne der Steuerzahler: Bei Schreib- und Rechenfehlern des Steuerpflichtigen ist künftig eine Änderung des Steuerbescheids vorgeschrieben, wenn deswegen erhebliche Tatsachen dem Finanzamt nicht mitgeteilt wurden (§ 173a AO – Neu).

Außerdem leiten z.B. Arbeitgeber künftig Datensätze mit Steuerinformationen über Mitarbeiter (u.a. Lohn, Lohnsteuer, Sozialversicherungsbeiträge) an das Finanzamt weiter (§93c AO – Neu). Der Mitarbeiter braucht dann entsprechende Informationen in seiner Steuererklärung nicht mehr selbst einzureichen, wenn er die übermittelten Angaben für zutreffend hält.

MITTELSTANDSVERBUND begrüßt Modernisierungsprozess

Mit dem Steuermodernisierungsgesetz nähert sich das Besteuerungsverfahren deutlich an den aktuellen Stand der Technik an. „Für alle Steuerpflichtigen bringt vor allem der Umstieg auf die Belegvorhaltepflicht eine Vereinfachung mit sich. Endlich kann ein Großteil der Steuerpflichtigen seine Steuererklärung auf rein elektronischem Wege versenden“, erklärt der Steuerexperte des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Positiv ist auch, dass Steuerprüfungen nun fortschrittlicher systematisiert werden. Eine höhere Trennschärfe ist schließlich im Sinne aller Beteiligten. Denn Fälle, in denen Steuervergehen von vornherein kaum zu vermuten sind, sollten auch entsprechend behandelt werden.

Wie erfolgreich die Modernisierung des Besteuerungsverfahrens sein wird, wird sich aber erst bei der Umsetzung zeigen. DER MITTELSTANDSVERBUND wird diesen Prozess im kommenden Jahr beobachten.

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