Umsatzbesteuerung von Aufsichtsratsvergütungen – Was gilt künftig?

Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2019 gab es Unklarheit, in welchen Fällen die Vergütungen von Aufsichtsratsmitgliedern umsatzsteuerpflichtig sind. Mittlerweile hat das Bundesfinanzministerium neue Grundsätze formuliert. Damit kommt es bei der Umsatzbesteuerung vor allem darauf an, ob Aufsichtsratsvergütungen fest oder variabel geregelt sind.

Berlin, 13.09.2021 – Grundsätzlich gingen Genossenschaften, Kapitalgesellschaften und Stiftungen gemäß der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bis 2019 davon aus, dass Vergütungen für eine Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied auch bei geringer Höhe ein umsatzsteuerpflichtiges Entgelt für eine Leistungserbringung durch den Aufsichtsrat darstellen. In einem Urteil vom 13. Juni 2019 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Bezug auf einen niederländischen Sachverhalt allerdings, dass der Kläger im Rahmen seines Aufsichtsratsmandats einer Stiftung keine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt und somit auch keine umsatzsteuerbaren Leistungen erbringt. Der EuGH hatte seine Entscheidung damit begründet, dass der Kläger im vorliegenden Fall weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung oder Verantwortung handelte. Zudem trug er nicht das wirtschaftliche Risiko seiner Tätigkeit.

Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Jahr 2019 gab es Unklarheit, in welchen Fällen die Vergütungen von Aufsichtsratsmitgliedern umsatzsteuerpflichtig sind. Das EuGH-Urteilsorgte auch in Deutschland für Verunsicherung und warf die Frage auf, ob die bisherige Praxis der Umsatzbesteuerung von Aufsichtsratsvergütungen weiterhin rechtskonform sei. Gemeinsam mit den anderen genossenschaftlichen Verbänden hatte sich DER MITTELSTANDSVERBUND daher im November 2019 mit einer Eingabe an das Bundesfinanzministerium (BMF) gewandt und dringend um Klärung des Sachverhalts gebeten. Ein kurz darauf ergangenes Urteil des BFH bestätigte das vorherige EuGH-Urteil grundsätzlich: Ein Mitglied eines Aufsichtsrats sei somit entgegen bisheriger Rechtsprechung nicht als Unternehmer tätig, wenn es aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko trägt. Damit unterliege die Vergütung auch nicht der Umsatzbesteuerung. Nach geraumer Zeit hat das BMF nun endlich im Juli 2021 ein BMF-Schreiben veröffentlicht, das unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil grundsätzlich klarstellt, in welchen Fällen die Aufsichtsratsvergütung zukünftig umsatzsteuerpflichtig ist.

Mit dem BMF-Schreiben wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) in mehreren Punkten  geändert. Dabei wird unter anderem ein Absatz 3a eingefügt, der neu festlegt, in welchen Fällen eine Aufsichtsratstätigkeit als selbständige – also unternehmerische – Tätigkeit gilt. So gilt nun maßgeblich folgendes: „Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es nicht selbständig tätig.“ Dabei könne die Vergütung sowohl in Geldzahlungen als auch in Sachzuwendungen bestehen. Eine Festvergütung im Sinne des Satzes 1 läge insbesondere im Fall einer pauschalen Aufwandsentschädigung vor, die für die Dauer der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat gezahlt wird. Sitzungsgelder, die das Mitglied des Aufsichtsrats nur erhält, wenn es tatsächlich an der Sitzung teilnimmt, sowie nach dem tatsächlichen Aufwand bemessene Aufwandsentschädigungen seien hingegen keine Festvergütung im Sinne des Satzes 1. Auch zu Vergütungen mit unterschiedlichen Bestandteilen wird eine Aussage getroffen: „Besteht die Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds sowohl aus festen als auch variablen Bestandteilen, ist es grundsätzlich selbständig tätig, wenn die variablen Bestandteile im Kalenderjahr mindestens 10% der gesamten Vergütung, einschließlich erhaltener Aufwandsentschädigungen, betragen.“

Die folgenden Sätze des Absatz 3a behandeln weitere Arten von Vergütungen und bestimmte Konstellationen. Ein weiterer zentraler Grundsatz besteht dabei darin, dass die Prüfung der Voraussetzungen einer selbständigen Tätigkeit für jedes Mandat eines Aufsichtsrates separat vorzunehmen ist. Für den jeweiligen Fall es somit nicht relevant, ob das entsprechende Aufsichtsratsmitglied ggf. weitere Aufsichtsratsmandate innehat, im Rahmen derer er eine selbständige Tätigkeit ausübt, oder aber anderweitig unternehmerisch tätig ist.

Mit Blick auf die praktische Anwendung der neuen Regelungen wird darüber hinaus ein Übergangszeitraum  definiert: Zur Vermeidung von Übergangsschwierigkeiten soll es – auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs – nicht beanstandet werden, wenn die bisher geltenden Regelungen in Abschnitt 2.2. Abs. 2 Satz 7 und Abs. 3 Satz 1 UStAE auf Leistungen angewendet werden, die bis einschließlich 31. Dezember 2021 ausgeführt worden sind. Demnach dürfen Vergütungen von Aufsichtsratsmitgliedern, die gemäß den neuen Regelungen nicht mehr als selbständig tätig gelten, noch bis Ende des Jahres 2021 weiterhin der Umsatzbesteuerung unterliegen. Dies dürfte für alle entsprechenden Vergütungen gelten, selbst wenn die dazugehörigen Leistungen der Aufsichtsratsmitglieder erst mit einer späteren Hauptversammlung als ausgeführt gelten.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt grundsätzlich, dass das BMF-Schreiben nun endlich für mehr Klarheit bezüglich der Umsatzbesteuerung von Aufsichtsratsvergütungen gesorgt hat. Gleichzeitig ist es bedauerlich, dass sich das BMF erst so spät dazu in der Lage sah. Die lange Verzögerung hat für zusätzliche Unsicherheit bei den betroffenen Unternehmen gesorgt. Bezogen auf die neuen Regelungen ist zudem anzumerken, dass bestimmte Vergütungsbestandteile darin keine ausdrückliche Erwähnung finden und daher gewisse Unklarheiten bestehen bleiben. DER MITTELSTANDSVERBUND befindet sich vor diesem Hintergrund weiterhin in engem Austausch mit den anderen Verbänden und wird gemeinsam gegenüber dem BMF auf weitere Präzisierungen der Regelungen hinwirken.

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