Umsatzbesteuerung von Sachspenden: Bundesfinanzministerium veröffentlicht Schreiben zur Neuregelung

Die Regeln für die Umsatzbesteuerung von Sachspenden werden teilweise neu gefasst. Das Bundesfinanzministerium hat zwei Schreiben veröffentlicht, die entscheidende Präzisierungen vornehmen und Sachspenden im Einzelhandel vorübergehend sogar steuerfrei stellen. Dies ist auch vor dem Hintergrund der Corona-Wirtschaftshilfen von besonderer Relevanz.

Berlin, 22.03.2021 – Die Umsatzbesteuerung von Sachspenden ist seit Jahren umstritten und hat spendenwillige Unternehmen wiederholt vor Probleme gestellt. Eine endgültige Klärung der Rechtslage in Deutschland stand bisher aus. Am 18. März 2021 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) nun gleich zwei BMF-Schreiben veröffentlicht, die eine teilweise Neuregelung der Umsatzbesteuerung von Sachspenden mit sich bringen. Dabei sorgt das eine Schreiben für eine grundsätzliche Klärung der Maßstäbe, nach denen Sachspenden der Umsatzsteuer unterliegen. Das andere Schreiben führt hingegen eine befristete Sonderregelung für den Einzelhandel ein, nach der Sachspenden in vielen Fällen von der Umsatzsteuer befreit wären.

Im ersten BMF-Schreiben (2021/0251308) präzisiert das BMF die Grundsätze für die Umsatzbesteuerung von Sachspenden. Demnach unterliegen Sachspenden als „unentgeltliche Wertabgabe“ grundsätzlich der Umsatzsteuer. Die maßgebliche Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie sehe keine Möglichkeit vor, bei Sachspenden aus Billigkeitsgründen abweichend von diesen Grundsätzen auf eine Umsatzbesteuerung zu verzichten. Es wird zudem darauf hingewiesen, dass die Bemessungsgrundlage einer Sachspende in Bezug auf die Umsatzbesteuerung sich nicht nach den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern nach dem fiktiven Einkaufspreis im Zeit- punkt der Spende bestimmt. Gerade die angemessene Höhe der Bemessungsgrundlage war aber in der jüngeren Vergangenheit immer wieder umstritten und führte zu Unklarheiten in der Anwendung.

Vor diesem Hintergrund nimmt das BMF nun eine Anpassung des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses vor, um für mehr Klarheit zu sorgen. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage ist somit zukünftig stets zu berücksichtigen, ob Gegenstände zum Zeitpunkt der unentgeltlichen Wertabgabe nicht mehr oder nur noch stark eingeschränkt verkehrsfähig sind: „Hiervon ist bei Lebensmitteln auszugehen, wenn diese kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums stehen oder die Verkaufsfähigkeit als Frischware, wie Backwaren, Obst und Gemüse, wegen Mängeln nicht mehr gegeben ist. Dies gilt auch für Non-Food-Artikel mit Mindesthaltbarkeitsdatum […]. Bei anderen Gegenständen ist die Verkehrsfähigkeit eingeschränkt, wenn diese aufgrund von erheblichen Material- oder Verpackungsfehlern […] oder fehlender Marktgängigkeit (z. B. Vorjahresware oder saisonale Ware wie Weihnachts- oder Osterartikel) nicht mehr oder nur noch schwer verkäuflich sind. Werden solche Gegenstände im Rahmen einer unentgeltlichen Wertabgabe abgegeben (z.B. Hingabe als Spende), kann eine im Vergleich zu noch verkehrsfähiger Ware geminderte Bemessungsgrundlage angesetzt werden. Die Minderung ist im Umfang der Einschränkung der Verkehrsfähigkeit vorzunehmen, so dass der Ansatz einer Bemessungsgrundlage von 0 € nur bei wertloser Ware (z. B. Lebensmittel und Non-Food-Artikel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder bei Frischwaren, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist) in Betracht kommt. Eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit liegt insbesondere nicht vor, wenn Neuware ohne jegliche Beeinträchtigung aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen aus dem Warenverkehr ausgesondert wird.“

Das zweite BMF-Schreiben (2021/0251343) geht über die allgemeine Klarstellung der Maßstäbe hinaus und führt eine zusätzliche Sonderregelung ein. Unter Berücksichtigung der besonderen Belastung des Einzelhandels im Zuge der Coronakrise – insbesondere der großen Mengen unverkaufter Saisonware in den Lagern der Einzelhändler – wird flankierend zu den Grundsätzen des obigen BMF-Schreibens eine befristete Billigkeitsregelung für Sachspenden gewährt. Diese sieht vor, dass von Einzelhändlern, die durch die Coronakrise unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen sind, an steuerbegünstigte Organisationen gespendete Waren von der Besteuerung als unentgeltliche Wertabgabe befreit werden. Die befristete Regelung gilt – auch rückwirkend – für Spenden, die zwischen dem 1. März 2020 und dem 31. Dezember 2021 erfolgt sind. Dabei ergänzt die Regelung eine schon bestehende, primär für Einzelhändler geltende Sonderregelung im Rahmen der Überbrückungshilfe III: Dort gilt im Rahmen der Erstattung von Wertverlusten verderblicher oder saisonaler Ware, dass bei Spenden unverkäuflicher Ware für wohltätige Zwecke ein Abgabepreis von Null angesetzt werden kann. Somit wird das Spenden unverkäuflicher bzw. wertgeminderter Ware zumindest vorübergehend finanziell deutlich attraktiver.

Die weitgehende Beseitigung von Unklarheiten hinsichtlich der Umsatzbesteuerung von Sachspenden im Rahmen des ersten BMF-Schreibens sowie insbesondere die Einführung einer Sonderregelung für Einzelhändler mit dem zweiten BMF-Schreiben sind aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES ausdrücklich zu begrüßen. Die Tatsache, dass Sachspenden bisher grundsätzlich auch bei Abgabe an wohltätige Organisationen der Umsatzsteuer unterliegen, führt zu Recht immer wieder zu Unzufriedenheit – vor allem weil die Vernichtung unverkaufter Ware für viele Unternehmen in der Vergangenheit günstiger war. Die neuen Grundsätze können diese Probleme zwar unter Verweis auf die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht gänzlich lösen, aber zumindest zu mehr Klarheit in der Anwendung beitragen. Dass von der Coronakrise betroffene Einzelhändler Sachspenden an steuerbegünstigte Organisationen nun bis Ende 2021 nicht mehr versteuern müssen, stellt darüber hinaus eine deutliche Erleichterung dar und ergänzt vor allem die – freilich sehr kleinteiligen – Förderbedingungen der Überbrückungshilfe III sinnvoll.

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