Umsatzsteuer: EU und MITTELSTANDSVERBUND suchen Strategie

Wie soll das künftige Umsatzsteuersystem aussehen? Das diskutierten Experten bei einem Dialog über die Behandlung von KMUs im Mehrwertsteuersystem vom 20. bis 22. März im polnischen Breslau.

Wroclaw, 23.03.2017 – Vom 20. bis 22. März trafen sich im polnischen Wroclaw (Breslau) ca. 95 Umsatzsteuer-Experten zu einem Workshop, an dem auch Paul Maeser, Finanzreferent des MITTELSTANDSVERBUNDES als Mitglied der EU-Umsatzsteuer-Expertengruppe („VAT Expert Group“) teilnahm. Begutachtet wurde das aktuelle Schema zur Behandlung von kleinen und mittleren Unternehmen in der Umsatzsteuer.

Die Agenda war vielfältig. Von einer sog. flat-rate Besteuerung für kleine Gewerbetreibende über Anforderungen und Pflichten bei der Registrierung von Unternehmen in einzelnen Mitgliedsstaaten bis hin zu Steuerbefreiungen für KMUs wurde eine weitreichende Themenpalette abgearbeitet. In unterschiedlichen Gruppen erörterten die Teilnehmer Vor- und Nachteile bestehender Ansätze und formulierten Lösungsvorschläge.

Ziel der Generaldirektion war es, umfassende Erkenntnisse zu sammeln, die nun im ersten Schritt ausgewertet werden. Anschließend soll bis Jahresende ein Reformvorschlag für das sog. SME-Schema in der Mehrwertsteuersystemrichtlinie vorgelegt werden.

Digitalisierung fordert Umsatzsteuerreform

Bestehende und entworfene Konzepte wurden hauptsächlich unter folgenden fünf Kriterien beurteilt:

  • Sicherstellung des Steueraufkommens
  • Begrenzung des administrativen Aufwands für Unternehmen und Steuerverwaltung
  • Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen
  • Beseitigung von Hemmnissen im europäischen Binnenmarkt
  • Vereinbarkeit mit den EU-Verträgen und weiteren, höherrangingen Rechtsgrundlagen

Für den kooperierenden Mittelstand ist dabei von besonderem Interesse, dass das Umsatzsteuerrecht auf neue Formen des Wirtschaftens adäquat eingehen wird. Zielkonflikte bestehen dabei zum Beispiel bei Akteuren, die lediglich auf Internet-Plattformen auftreten, in der Art und Weise ihres Geschäftes aber regulären Geschäftsbetrieben ähneln. Ein solches Phänomen ist gegenwärtig beispielsweise in der Gastwirtschaft zu beobachten.

Da sich aber solche neuartigen Geschäftsmodelle auch in anderen Branchen ankündigen, muss das Umsatzsteuerrecht hierauf zeitnah eingehen. Es ist dabei sicher zu stellen, dass die lokale Wirtschaft nicht schlechter gestellt wird als andere Geschäftsmodelle. Denn aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES muss auch in Zukunft die Steuerlast fair auf alle Wirtschaftssubjekte verteilt werden.

Jedoch wurde auf der Konferenz deutlich, dass eine derartige Änderung mit Abgrenzungsschwierigkeiten verbunden ist. Denn das Ziel ist es ja nicht, einen „Gelegenheitsanbieter“ mit einer ressourcenfressenden Steuerbürokratie zu belegen. Im Gegenteil: eine Einbeziehung von Anbietern in das Umsatzsteuersystem, die de facto Verbraucher sind, kann ungewollte Konsequenzen nach sich ziehen. Denn wird ein Anbieter zur Umsatzsteuer veranlagt, kann dieser auch gezahlte Vorsteuern abziehen. Übersteigt die Vorsteuer die zu zahlende Umsatzsteuer, entsteht für den Fiskus ein Verlust. Auf diese Weise könnten Personen durch wenige Transaktionen gezahlte „Vorsteuern“ vom Finanzamt zurückfordern, die eigentlich für Privaterwerbe angefallen ist. Das System wäre ad absurdum geführt.

Kosten für den Mittelstand

Ebenso von elementarer Bedeutung sind Registrierungspflichten für Unternehmen in anderen EU-Staaten. Die aktuelle Rechtslage sieht in vielen Mitgliedsstaaten eine Befreiung für kleine Unternehmen von der umsatzsteuerlichen Registrierung vor. Allerdings greift diese Regelung nur, wenn Unternehmen in diesem Staat auch ansässig sind. Damit bleibt ein Registrierungsaufwand bestehen, wenn Unternehmen z.B. in das europaweite B2C-Geschäft einsteigen möchten.

Doch gerade dieser Bereich gewinnt mit dem rasanten Wachstum des eCommerce an Bedeutung. Daher wiegen die teils erheblichen Kosten, die mit einer Registrierung verbunden sind, umso stärker, je kleiner das Unternehmen ist. Damit wirkt das gegenwärtige System wettbewerbsverzerrend zu Lasten der kleinen und mittleren Betriebe. DER MITTELSTANDSVERBUND setzt sich daher bei der EU-Kommission für eine Lösung ein, die die Kosten für den Mittelstand im Zaun hält und dennoch eine hinreichende Transparenz für die Steuerverwaltungen schafft

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