Abmahnfalle (Hersteller-) Garantie

In jüngster Zeit waren im stationären Handel verstärkt Herstellergarantien Gegenstand von Abmahnungen. Aus diesem Anlass beschäftigt viele Einzelhändler derzeit die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Verbraucher über den Inhalt einer Garantieerklärung aufgeklärt werden muss. DER MITTELSTANDSVERBUND klärt auf.

Brüssel, 18.09.2017 – Folgende Fallkonstellationen sind stets gleich: Entweder verkauft der Händler im stationären Geschäft Produkte, auf deren Verpackung bereits eine Herstellergarantie abgedruckt ist, oder aber der Händler wirbt selber – etwa mit einem Aufsteller vor den Produkten – mit einer Herstellergarantie. In beiden Fällen geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Unternehmer dem Verbraucher bei Kaufverträgen im stationären Einzelhandel die Garantieerklärung nach § 477 BGB zu einer Herstellergarantie zur Verfügung stellen muss.

Die Frage ist umso dringender, stellt sich doch das Problem, dass der Inhalt der Herstellergarantie meist der Produktverpackung beiliegt – der Händler mithin in den meisten Fällen gar keine Aussagen über den Inhalt der Garantie treffen kann.

Garantie war nochmal…?

Ist ein Produkt defekt, bestimmen sich die Verbraucherrechte zunächst nach den gesetzlichen Gewährleistungsrechten. Diese stehen dem Verbraucher direkt gegen den Händler zu.

Daneben können Händler, Hersteller oder Lieferanten jedoch weitere Leistungen in Form von Garantien versprechen. Die Garantie wird Bestandteil des Kaufvertrages und tritt neben die gesetzlichen Gewährleistungsrechte.

Gegenüber letzteren bestehen bei Garantien jedoch zwei wesentliche Unterschiede:

• Zum einen gelten die Rechte aus der Garantie nur gegenüber demjenigen, der die Garantie einräumt. Gibt der Hersteller daher eine Haltbarkeitsgarantie für ein Produkt von vier Jahren, kann der Verbraucher die ihm gewährten Rechte auch nur gegenüber diesem Hersteller – als Herausgeber der Garantie – geltend machen.

• Art und Umfang der Garantie werden durch den Garantiegeber bestimmt und orientieren sich nicht an den gesetzlichen Gewährleistungsrechten.

Für den Inhalt der Garantieerklärung gilt folgendes:

• Sie muss einfach und verständlich abgefasst sein,

• sie muss den Hinweis auf die gesetzlichen Rechte des Verbrauchers sowie darauf, dass sie durch die Garantie nicht eingeschränkt wird, enthalten,

• sie muss den Inhalt der Garantie und alle wesentlichen Angaben, die für die Geltendmachung der Garantie erforderlich sind, enthalten. Insbesondere aber die Dauer und den räumlichen Geltungsbereich des Garantieschutzes sowie Namen und Anschrift des Garantiegebers.

• Die Garantie kann mündlich erfolgen – der Verbraucher kann jedoch verlangen, dass ihm die Garantieerklärung in Textform mitgeteilt wird.

Zeitpunkt der Garantieerklärung: Großes Fragezeichen

Der Inhalt einer Garantieerklärung ist damit weitestgehend festgelegt. Doch immer noch stellt sich die Frage, in welchem Zeitpunkt der Kunde über seine Rechte aufgeklärt werden muss. Auch ein Blick in das Zivilrecht gibt dabei nur bedingt Aufschluss.

Die Regelungen des BGB, insbesondere § 477 BGB, regeln nicht den Zeitpunkt der Information über den Inhalt einer Garantieerklärung.

Bei dem Einführungsgesetze zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB), namentlich Artikel 246 Absatz 1 Nr. 5 EGBGB, sieht dies bereits anders aus: Nach dieser Vorschrift muss der Händler den Verbraucher im stationären Einzelhandel über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien informieren. Dies hat bereits vor Abschluss eines Kaufvertrages zu erfolgen. Eine Ausnahme besteht bei Geschäften des täglichen Lebens, die bei Vertragsschluss sofort erfüllt werden.

Das Verhältnis beider Vorschriften – § 477 BGB und Artikel 246 EGBGB – zueinander ist jedoch momentan nicht abschließend geklärt. Zwar hat sich der BGH in einigen Verfahren mit der Auslegung von § 477 BGB befasst. Zum einem kam der Bundesgerichtshof jedoch in den Fällen zu unterschiedlichen Urteilen und zum anderen lassen sich die „Online-Fälle“ nicht ohne weiteres auf den stationären Handel übertragen.

Unterinstanzliche Gerichte, jüngst das Landgericht Limburg (Beschluss vom 12.07.2017, Az. 5 O 14/17), scheinen hingegen im Sinne einer vorvertraglichen Informationspflicht zu argumentieren – ohne die Urteile beziehungsweise Beschlüsse jedoch ausreichend zu begründen. Die Rechtslage bleibt daher weiterhin diffus.

Nach dem Dafürhalten des MITTELSTANDSVERBUNDs sprechen gute Argumente gegen eine Informationspflicht hinsichtlich der Inhalte von Garantien vor Vertragsschluss. Auch andere Stimmen in der Rechtslehre und –Praxis wie beispielsweise der Wettbewerbszentrale scheinen diese unsere Auffassung zu teilen.

Und was sollen Händler nun tun?

Werden Händler wegen fehlender Informationen über den Inhalt einer Garantie abgemahnt, sollte zunächst Ruhe bewahrt werden:

• In keinem Fall sollte die in der Abmahnung enthaltene                         Unterlassungserklärung vorschnell unterschrieben werden. Denn diese b egründet – unabhängig von der bestehenden Rechtslage – eine eigene Verpflichtung des Händlers gegenüber dem Abmahnenden. Sollte sich das Abmahnverlangen nachträglich als unbegründet herausstellen, gelten die in der Unterlassungserklärung abgegebenen Verpflichtungen regelmäßig weiter fort.

• Abmahnungen sollten daher für eine rechtliche Prüfung einem Rechtsanwalt vorgelegt werden.

• Weiterhin können selbst bei Annahme einer Informationspflicht viele Fälle unter die Ausnahme „Geschäfte des täglichen Lebens“ subsumiert werden. Auch hierbei wird es auf den Einzelfall ankommen, eine Rechtsberatung ist aus diesem Grund auch hier ratsam.

Zur Vermeidung von Abmahnungen kann der Händler seine Lieferanten vorab auffordern, die Garantieerklärungen separat mit den Produkten zu liefern, sodass ein umfassender Aushang und damit eine ausreichende Information des Verbrauchers erfolgen können. Auf der rechtssicheren Seite wäre der Händler bei einem solchen Vorgehen in jedem Fall. Wichtig ist dann jedoch, dass die Garantieerklärung vollständig ist (siehe obige Ausführungen).

DER MITTELSTANDSVERBUND wird die weiteren gerichtlichen Entscheidungen genauestens verfolgen und über Änderungen an dieser Stelle informieren.

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