Bundeskartellamt: Klare Ansage gegen Mindestwerbepreise

In einer seiner jüngsten Entscheidungen hat sich das Bundeskartellamt erneut gegen die Zulässigkeit von Mindestwerbepreisen ausgesprochen. Mit Blick auf die neuen europäischen Wettbewerbs-Regeln dürfte es daher weiterhin bei einer restriktiven Auslegung der bestehenden Vorschriften bleiben.

Brüssel, 14.06.2022 – Mit dem In-Kraft-Treten der neuen Gruppenfreistellungs-Verordnung Vertikal sowie deren Leitlinien am 31. Mai 2022 ordnete die Europäische Kommission die Regeln über die Zusammenarbeit zwischen Akteuren unterschiedlicher Stufen in der Wertschöpfungskette neu. Neben neuen Regeln hinsichtlich selektiver Vertriebssysteme reagierte die Europäische Kommission auf Veränderungen gerade im Online-Handel. Ein Streitpunkt in den vorhergehenden politischen Diskussionen war dabei der Umgang mit sogenannten Mindestwerbepreisen. Vor allem die Industrie hatte in der Vergangenheit immer wieder mehr Möglichkeiten gefordert, auf den Vertrieb ihrer Produkte durch den Handel Einfluss nehmen zu können. Dies auch in Form der Untersagung, einen gewissen durch die Industrie vorgegebenen Abgabepreis zu unterschreiten. Gerechtfertigt wurde dies insbesondere mit dem Argument des Marken-Image, welches durch eine „Verramschung“ gefährdet werden könnte.

Im Laufe des Gesetzgebungsprozesses schien dieses Anliegen zunächst auf Gehör gestoßen zu sein. So las die Markenindustrie die relevante Passage in einem Vorentwurf der Leitlinien dergestalt, dass die Auferlegung von Mindestwerbepreisen sowie entsprechende Maßnahmen zur Einhaltung derselben grundsätzlich zulässig sein sollten. Die entsprechende Passage wurde jedoch im weiteren Prozess präzisiert und auf bestimmte Einzelfälle beschränkt: Die Auferlegung von Mindestwerbepreisen ist nach der jetzigen endgültigen Fassung nur zulässig, soweit das Markenimage durch sogenannten Lockvogelangebote also einen Verkauf von Waren unter Einstandspreis gefährdert ist. Ansonsten – so die Leitlinien zur GVO-Vertikal ganz klar – bleibt die Auferlegung von Mindestwerbepreisen als Preisbindung eine verbotene Kernbeschränkung.

Für Verbundgruppen können Mindestwerbepreise im Sinne des Vertriebs von Eigenmarken interessant sein. Insofern bestand durch die Neuauflage der GVO-Vertikal die Hoffnung, dass zumindest in diesem Bereich zukünftig mehr Freiheiten bestehen könnten.

Dieser Einschätzung hat das Bundeskartellamt hingegen jüngst eine klare Absage erteilt; in einem aktuell veröffentlichten Fallbericht heißt es ganz deutlich, dass die Festsetzung von Mindestpreisen grundsätzlich gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Mindestwerbepreise bezweckten eine indirekte Beschränkung der Möglichkeit des Abnehmers, seine Verkaufspreise festzusetzen. Mit der Möglichkeit zur werblichen Kommunikation der eigenen Verkaufspreise beseitigten Mindestwerbepreise einen wesentlichen Faktor des Preiswettbewerbs zwischen den Händlern. Aus diesem Grund sei auch die Festsetzung von Mindestwerbepreisen unzulässig. Die Neufassung der GVO-Vertikal sowie deren Leitlinien würden an dieser grundsätzlichen Auffassung nichts ändern.

Wie bereits in der Vergangenheit bleiben daher nur die Festsetzung von Höchstverkaufspreisen sowie die Aussprache unverbindlicher Preisempfehlungen nach europäischen Wettbewerbsrecht zulässig.

Im Ergebnis bestätigt das Bundeskartellamt die bislang geltende Rechtslage. Verbundgruppen sollten daher darauf achten, dass Anschlusshäuser und sonstige Abnehmer frei in ihrer eigenen Preisgestaltung bleiben, um ansonsten drohende Bußgelder zu vermeiden.

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