Bundestag verabschiedet Bürokratieentlastungsgesetz

Um kleine und mittlere Unternehmen zu entlasten, hat der Bundestag am 2. Juli ein Maßnahmenpaket zum Bürokratieabbau beschlossen. Damit soll die Wirtschaft jährlich rund 750 Mio. Euro sparen. DER MITTELSTANDSVERBUND sieht Nachholbedarf.

Berlin, 02.07.15 — Der Bundestag hat am 2. Juli das Gesetz zur Entlastung insbesondere der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie (sog. Bürokratieentlastungsgesetz) verabschiedet.

Deutscher Bundestag, BerlinDas Gesetz sieht die Umsetzung einzelner Maßnahmen zur weiteren Entlastung der mittelständischen Wirtschaft von Bürokratie vor. Insgesamt soll das Gesetz zu einer Entlastung der Wirtschaft um ca. 744 Mio. Euro pro Jahr führen.

Wichtigste Änderungen sind:
  • Mehr kleinere Unternehmen als bisher sollen von Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten des Handelsgesetzbuches und der Abgabenordnung befreit werden. Dazu sollen die Grenzbeiträge für Umsatz und Gewinn um jeweils 20 Prozent auf 600.000 Euro und 60.000 Euro angehoben werden.
  • Durch eine Anhebung von Schwellenwerten in verschiedenen Wirtschaftsstatistikgesetzen und in der Intrahandelsstatistik von aktuell 500.000 auf 800.000 Euro sowie durch die Einführung von Schwellenwerten für Meldepflichten zur Umweltstatistik (800.000 Euro) sollen mehr Existenzgründer als bislang in den ersten drei Jahren von statistischen Meldepflichten befreit werden.
  • Im Energiebereich werden Berichtspflichten im Rahmen des Biogasmonitorings vereinfacht und reduziert.
  • Anhebung der Pauschalierungsgrenze für kurzfristig Beschäftigte: Die Pauschalierungsgrenze soll von 62 Euro auf 68 Euro pro Tag angehoben werden, um die Pauschalierung für "typische Aushilfen" anwendbar zu machen. Dabei wird ein Verdienst in Höhe des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 EUR sowie eine tägliche Arbeitszeit von acht Stunden unterstellt.
  • Reduzierung von Mitteilungspflichten für Kirchensteuerabzugsverpflichtete: Aktuell müssen Unternehmen, die zur Abführung der Kapitalertragsteuer verpflichtet sind, einmal jährlich die Kunden bzw. Anteilseigner darüber informieren, dass sie beim Bundeszentralamt für Steuern ihre Kirchensteuermerkmale abrufen werden und dass hierbei ein Widerspruchsrecht besteht. Aktuell wird dieses Widerspruchsrecht von ca. ein Prozent der Berechtigten wahrgenommen.
Künftig soll die Unterrichtung nicht mehr jährlich, sondern in jeder Geschäftsbeziehung einmalig vorgenommen werden. Das wird insbesondere den genossenschaftlich organisierten Unternehmen ein jährliches effektloses Ritual ersparen.

Die geplanten Änderungen sind für nach dem 31.12.2015 beginnende Geschäftsjahre anzuwenden.

Die Hauptkritik des MITTELSTANDSVERBUNDES ist nach wie vor, dass das verabschiedete Gesetz die drängendsten Schmerzpunkte der mittelständischen Unternehmen auslässt. Der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes hatte Ende letzten Jahres die zehn größten bürokratischen Belastungen bei seinen Mitgliedskooperationen erhoben und an die Bundesregierung übermittelt. Zudem übergab der Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDES, Wilfried Hollmann, im Rahmen des diesjährigen Mittelstandsgipfels PEAK die "Agenda Mittelstand" mit den Forderungen des Verbandes zum Abbau unnötiger Bürokratie an Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel.

"Dass diese in dem Gesetz nicht berücksichtigt werden, ist nicht nachvollziehbar", kritisiert Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES. "Die Große Koalition ist beim Bürokratieabbau zwar einen Schritt weiter gekommen, sie verpasst aber die Chance, die wirklichen Probleme der Wirtschaft zu lösen", so Veltmann.

Darüber hinaus ist am 1. Juli die sogenannte Bürokratiebremse "One in - one out" in Kraft. Diese besagt im Kern: Belastungen, die der Wirtschaft durch neue Regelungsvorhaben entstehen, will die Bundesregierung binnen eines Jahres an anderer Stelle in gleichem Maße abbauen. Die Regelung wird grundsätzlich für alle Regelungsvorhaben der Bundesregierung angewendet, die sich auf den laufenden Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft auswirken. Ausgenommen sind Vorhaben, die EU-Vorgaben, Rechtsprechungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) sowie des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und internationale Verträge umsetzen.

"Ob die Bürokratiebremse 'One in - one out' ein weiterer Schritt der Großen Koalition zum wirksamen Bürokratieabbau ist, wird sich zeigen", kommentiert Veltmann. Jedoch dürfe die Umsetzung von EU-Vorgaben und die Rechtsprechung des BVerfG sowie des EuGH nicht von der Regelung ausgenommen werden. "Denn für Unternehmer macht es keinen Unterschied, ob bürokratische Belastungen ihren Ursprung in EU- oder nationaler Regulierung haben oder auf einem revidierten Gesetz beruhen", so der MITTELSTANDSVERBUND-Hauptgeschäftsführer.


Weitere Informationen:

Bürokratieabbau: Es tut immer noch weh

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