Endlich: Reform des Kartellrechts beschlossen

Die vom MITTELSTANDSVERBUND vehement geforderte 10. GWB-Novelle berücksichtigt die Digitalisierung der Wirtschaft und schafft neben einem erleichterten Datenzugangsrecht schärfere Eingriffsmöglichkeiten des Kartellamtes gegen marktmächtige Digitalkonzerne

Berlin, 14.01.2021. Was lange währt... Die Neuordnung des deutschen Kartellrechts ließ in Deutschland über ein Jahr auf sich warten. Seit Anfang 2020 bereits lag der Entwurf eines GWB-Digitalisierungsgesetzes vor, das eine Anpassung des Kartellrechts forciert, um den Anforderungen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden. Nun endlich ist es soweit. Der Bundestag stimmte heute in dritter Lesung der seit Monaten diskutierten Reform des „Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen für ein fokussiertes, proaktives und digitales Wettbewerbsrecht 4.0 und anderer wettbewerbsrechtlicher Bestimmungen“ zu. Ziel ist es, die Spielregeln für marktbeherrschende Plattformen strenger zu fassen und zugleich die Chancen für Innovation sowie Markt- und Datenzugang gerade von mittelständischen Wettbewerbern zu erhöhen. Außerdem können die Kartellbehörden in Deutschland künftig schärfer gegen mögliche Wettbewerbsverstöße der großen Digitalkonzerne wie Amazon, Google und Facebook vorgehen, wenn diese ihre marktbeherrschende Position ausnutzen.

Die Novelle besteht vor allem aus dem neuen § 19a GWB. Dieser erlaubt es dem Kartellamt erstmals, eine "überragende marktübergreifende Bedeutung" von Digitalplattformen festzustellen und ihnen daraufhin bestimmte Praktiken zu untersagen. Beispielsweise soll sichergestellt werden, dass die Internetriesen ihre eigenen Produkte auf ihren Plattformen nicht bevorzugt vor Produkten von Konkurrenten anbieten. Kartellverfahren sollen beschleunigt werden, damit die Behörden zügiger für einen fairen Wettbewerb sorgen können.

Zudem sieht die Novelle auch eine Überarbeitung der Fusionskontrollen vor, so dass sich das Bundeskartellamt auf relevante Fusionen konzentrieren soll. Zusammenschlüsse mittelständischer Unternehmen sollen erst der Kontrolle unterliegen, wenn alle beteiligten Unternehmen in Deutschland mindestens einen Jahresumsatz von zehn Millionen Euro machen, statt bisher fünf Millionen.

Eigentlich hätte die Novelle des Wettbewerbsrechts noch 2020 verabschiedet werden sollen. Doch die Regierungsparteien konnten sich zunächst nicht einigen, ob auch der Rechtsweg verkürzt werden soll, um jahrelange Rechtsstreitigkeiten zwischen den Digitalkonzernen und dem Bundeskartellamt zu vermeiden. Letztlich setzte sich die Union mit ihrer Auffassung durch, dass Beschwerden nicht mehr zuerst beim Oberlandesgericht Düsseldorf landen, sondern direkt vor dem Bundesgerichtshof (BGH) als oberster Instanz verhandelt werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt den heutigen Beschluss des Bundestages ausdrücklich. Bislang sind insbesondere kleine und mittlere Unternehmen des kooperierenden Mittelstands im Online-Handel substanziell benachteiligt, da ihnen der Zugang zu den für neue digitale Geschäftsmodelle notwendigen Daten verwehrt bleibt. Große Online-Plattformen, deren Expansion und Anwachsen auf marktbeherrschende Größe in ganz erheblichem Maße auf die Sammlung und exklusive Nutzung von Nutzerdaten zurückzuführen ist, lassen den mittelständischen Händlern kaum eine Möglichkeit, wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle zu entwickeln und eigene Plattformen zu etablieren. Mit der Gesetzesnovelle wird nun ein wichtiger erster Schritt hin zu einem dringend notwendigen Level Playing Field gemacht. 

Seite drucken

Ansprechpartner

Dr. Marc ZgagaDER MITTELSTANDSVERBUND
Dr. Marc Zgaga Geschäftsführer Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht