Gemeinschaftsausschuss: Nach "Jahr der sozialen Verteilung" muss "Jahr für die Wirtschaft" folgen

Die jährliche Aussprache der wichtigsten Spitzenverbände der Wirtschaft mit der Bundesregierung legte dringende politische Handlungsfelder offen.

Berlin, 20.01.2015 — Zu einer kritischen Bewertung der Politik der Bundesregierung fanden sich die obersten Repräsentanten der wichtigsten politischen Spitzenverbände im Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft, darunter auch DER MITTELSTANDSVERBUND, zu einer Aussprache mit der Bundesregierung im Bundeswirtschaftsministerium in Berlin ein. 

Der Hausherr, Bundeswirtschafts- und Energieminister Sigmar Gabriel, erSigmar Gabriel, Vizekanzler und Bundesminister für Wirtschaft und Energiemunterte die Wirtschaftsvertreter und die Staatssekretäre Meister und Albrecht aus dem Bundesfinanzministerium und dem Bundesarbeitsministerium, nicht nur den in Kürze erscheinenden Bericht der Bundesregierung zur wirtschaftlichen Lage zu kommentieren, sondern gerade die aktuellen wirtschaftspolitischen Probleme zu erörtern.

Erfreulich sei aus seiner Sicht, dass gegenüber den pessimistischen Erwartungen Mitte 2014 am Ende doch, insbesondere dank des gesunkenen Ölpreises, ein Wachstum von rund 1,5 Prozent möglich war. Bei der Energiepolitik sei zwar mit der EEG-Reform ein erster Schritt in Richtung bezahlbarer Energiewende gelungen, jedoch blieben gewaltige Herausforderungen, die es 2015 zu lösen gelte, wie etwa die zu geringe Investitionsquote bei energieintensiven Unternehmen oder der fehlende Kohlekonsens.

Von der Öffentlichkeit zu wenig beachtet, seien die Anstrengungen der Bundesregierung im Bereich des Bürokratieabbaus. Mit der Regelung, dass neue Bürokratie nur durch Abbau bereits bestehender entstehen dürfe, sei ein erheblicher Schritt zur Entlastung der Wirtschaft vollzogen. Von der EU fordere er, dass die dort bereitgestellten Mittel (30-Milliarden-Euro-"Junckerplan") gezielt für die Verbesserung der Wettbewerbslage Europas eingesetzt werden müssten.

Finanzstaatssekretär Dr. Michael Meister rühmte mit dem Terminus "wachstumsfreundliche Haushaltskonsolidierung" die erfolgreiche Finanzpolitik der Bundesregierung. Damit sei es gelungen, erstmals nach 49 Jahren wieder einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung aufzustellen. Allerdings sei die von 79 Prozent auf 74 Prozent gesenkte Schuldenstandsquote des Bundes von der angestrebten 60 Prozent-Marke noch zu weit entfernt. Gewaltige Anstrengungen leiste der Finanzminister in Richtung Investitionsförderung. So seien für die Jahre 2015, 2016 und 2017 zehn Milliarden Investitionszuschüsse eingestellt worden und weitere neun Milliarden für die Verstärkung von Bildung und Forschung. Da jedoch 90 Prozent der Investitionen in Deutschland aus privater Hand getätigt werden, sei man sich darüber im Klaren, dass dazu die Rahmenbedingungen entscheidend seien.

Staatssekretär Thorsten Albrecht aus dem Bundesarbeitsministerium legte zunächst die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt dar. Dort sei die Zahl der sozialpflichtigen Arbeitsverhältnisse gegenüber dem Vorjahr um 500.000 gestiegen, überwiegend speise sie sich aber aus der Zuwanderung. Die Arbeitslosenstatistik selbst weise wenig Bewegung auf, insbesondere bei Geringqualifzierten, Langzeitarbeitslosen und Menschen mit geringen Deutschkenntnissen.

Den von der Wirtschaft geäußerten Bedenken hinsichtlich des angestrebten restriktiveren Umgang mit Werkverträgen entgegnete er, dass nicht vorgesehen sei, diese einzuschränken, sondern nur klarer von anderen Beschäftigungsverhältnissen abzugrenzen.

Seitens der Wirtschaftsvertreter wurde die wachsende Bürokratielast, besonders bei der Einführung des Mindestlohns mit allen Aufzeichnungs- und Kontrollpflichten heftig kritisiert. Des Weiteren wurde zur Herstellung von Planungssicherheit rasches politisches Handeln infolge des Erbschaftssteuerurteils des Bundesverfassungsgerichtes eingefordert.

Nach einem politischen Jahr der sozialen Verteilung müsse nun ein politisches Jahr für die Wirtschaft folgen.

Abschießend wurde der Umgang mit der wachsenden Zahl von Flüchtlingen aus Kriegsgebieten diskutiert. Aus dem Kreis der Wirtschaftsvertreter wurde ein "humanitäres Bleiberecht" gefordert, bei dem sofort beim Eintreffen in Deutschland Sprachkurse angeboten werden, eine dreijährige Berufsausbildungszeit und danach eine mindestens zweijährige weitere Verweildauer in Deutschland.

Bundeswirtschaftsminister Gabriel bot zu diesen und weiteren Themen die Fortsetzung des engen Dialogs an.

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