Gemeinschaftsausschuss: Unternehmensbefragung zeigt große Defizite der öffentlichen Verwaltung auf

Das Institut für Demoskopie Allensbach hat im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft hunderte Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit der öffentlichen Verwaltung befragt. Die allermeisten Unternehmen stellen dieser ein schlechtes Zeugnis aus: Insbesondere dauern Planungs- und Genehmigungsverfahren viel zu lange, die Digitalisierung von Verwaltungsdienstleistungen hängt weit zurück. Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES ist somit klar: Es braucht einen neuen politischen Anlauf für mehr Effizienz und Bürokratieabbau.

Berlin, 28.09.2022 – Der Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft – dem auch DER MITTELSTANDSVERBUND angehört – hat das Institut für Demoskopie Allensbach (IfD Allensbach) in diesem Jahr mit einer differenzierten Unternehmensbefragung zum Thema „Moderner Staat? Wie Unternehmen die Infrastruktur und die öffentliche Verwaltung in Deutschland beurteilen“ beauftragt. Die Ergebnisse dieser repräsentativen Studie wurden am 27. September 2022 in Berlin vorgestellt. Bundesweit hat IfD Allensbach für die Studie im Zeitraum von Juni bis August 2022 insgesamt 544 privatwirtschaftliche Unternehmen mit mindestens zehn Beschäftigten oder zwei Millionen Euro Jahresumsatz befragt. Damit sind gerade mittelständische Unternehmen gut in der Stichprobe vertreten.

Übermäßig lange Planungs- und Genehmigungsverfahren

Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung sprechen eine klare Sprache: Jedes sechste Unternehmen (16 Prozent) schätzt die öffentliche Verwaltung als kaum oder gar nicht leistungsfähig ein. Massive Kritik entzündet sich insbesondere an der Dauer von Planungs- und Genehmigungsverfahren: 91 Prozent der Unternehmen bewerten die Verfahrenslänge mit Defiziten; 69 Prozent sind sogar der Ansicht, dass es hier größere Defizite gibt. Für weitere 22 Prozent bestehen zumindest kleinere Defizite. Nur vier Prozent der befragten Unternehmen hielten sie für ausreichend kurz.

Bürokratieaufwand wächst kontinuierlich, Digitalisierung bleibt Herausforderung

Auch insgesamt beklagen die Befragten die überbordende Bürokratie. Wie die Daten von IfD Allensbach zeigen, beurteilt rund jedes fünfte Unternehmen (22 Prozent) den bürokratischen Aufwand in der Zusammenarbeit mit der öffentlichen Verwaltung als sehr groß, weitere 57 Prozent als groß. Der Aufwand im Austausch mit der öffentlichen Verwaltung hat dabei in der jüngeren Vergangenheit sogar zugenommen: Für 65 Prozent der befragten Unternehmen ist die Bürokratie in den vergangenen sieben Jahren größer geworden – obwohl die Bundesregierung im Jahr 2015 eine Bürokratiebremse im Zuge der „One in, one out-Regel“ beschlossen hatte. Lediglich bei etwa einem Viertel ist der Aufwand in diesem Zeitraum gleichgeblieben. Priorität hat für eine überwältigende Mehrheit der befragten Unternehmen eine rasche Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung – 65 Prozent halten diese für sehr wichtig, weitere 31 Prozent halten sie für wichtig. Dies setzt jedoch eine leistungsfähige digitale Infrastruktur voraus. Insofern rächt es sich unter anderem, dass mehr als jedes vierte Unternehmen (29 Prozent) gemäß der Befragung nur einen schlechten Anschluss an ein gigabitfähiges Glasfasernetz besitzt.

Viele Hausaufgaben für Politik und Verwaltung

Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung sind in den Augen des MITTELSTANDSVERBUNDES leider alles andere als überraschend. Umso wichtiger ist es, dass der sich bisher aus vielen einzelnen Erfahrungen der Unternehmen speisende Eindruck nun durch repräsentative Daten untermauert wird: Die Qualität der öffentlichen Verwaltung lässt stark zu wünschen übrig und bremst die Unternehmen an vielen Stellen aus. Gerade kleine und mittlere Unternehmen leiden unter überbordender Bürokratie und langen Verwaltungsverfahren. Dabei sind die Probleme vorwiegend hausgemacht. So gelingt es z.B. bislang nicht, die auf unterschiedlichen Verwaltungsebenen vorhandenen Daten zusammenzuführen, um somit den Übermittlungsaufwand für Unternehmen deutlich zu reduzieren. Es ist erfreulich, dass der für Digitalisierung zuständige Staatssekretär des Landes Berlin, Dr. Ralf Kleindiek, im Rahmen der Vorstellung der Ergebnisse den Anspruch formulierte, dass sich ein Vorgehen wie derzeit im Rahmen der Grundsteuererklärung auf keinen Fall wiederholen dürfe. Wie nicht zuletzt DER MITTELSTANDSVERBUND wiederholt kritisiert hat, werden die Steuerpflichtigen hier verpflichtet, erneut umfangreiche Informationen beizubringen, die der Verwaltung größtenteils schon vorliegen.

Auch wenn die Grundsteuererklärung mehr Symptom als Ursache ist: Bund und Länder müssen den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen endlich verringern – sowohl auf gesetzgeberischem Wege, im Rahmen eines oder mehrerer Bürokratieentlastungsgesetze, als auch durch geeignete und praktikable Verwaltungsanweisungen. Nur so kann es messbare Fortschritte geben, die letztlich auch die Zufriedenheit der Unternehmen mit der Arbeit der öffentlichen Verwaltung erhöhen würden.

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