Justizministerium legt endlich Entwurf zur Änderung der Insolvenzanfechtung vor

Was lange währt: Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat am 16. März einen Gesetzentwurf zur Änderung der Vorsatzanfechtung vorgelegt. Dieser berücksichtigt die wesentlichen Kritikpunkte des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Berlin, 18.03.2015 — Kaum ein Gesetzentwurf wurde vom Mittelstand so herbeigesehnt, wie der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit per Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz. Mit diesem Referentenentwurf will das zuständige Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) die Regeln zur Vorsatzanfechtung reformieren.

DER MITTELSTANDSVERBUND fordert dies bereits seit über zwei Jahren. Denn das geltende Insolvenzanfechtungsrecht – namentlich die Praxis der Vorsatzanfechtung nach § 133 Absatz 1 Insolvenzordnung – führt gerade für kleine und mittlere Unternehmen zu unkalkulierbaren Risiken im Geschäftsverkehr. Zum Hintergrund: Wird ein Unternehmen zahlungsunfähig, so kann der Insolvenzverwalter unter bestimmten Voraussetzungen die Anfechtung erklären und bereits geflossene Zahlungen zurückfordern – und das bis zu zehn Jahre zurück. Dafür kann es ausreichen, dass ein Gläubiger diesem später insolventen Schuldner in der Vergangenheit eine übliche Zahlungserleichterung, wie beispielsweise eine Ratenzahlungs- oder Stundungsvereinbarung, gewährt hat.

Dass diese Situation besonders für mittelständische Unternehmen existenzbedrohende Schwierigkeiten bedeuten kann, hatte Anfang des vergangenen Jahres auch die Bundesregierung erkannt. Die Änderung des Insolvenzanfechtungsrechts kam auch auf Drängen des MITTELSTANDSVERBUNDES in den Koalitionsvertrag. Und obwohl sogar Bundesjustizminister Heiko Maas anlässlich des Parlamentarischen Abends der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand dem gastgebenden MITTELSTANDSVERBUND-Präsidenten, Wilfried Hollmann, am 04.06.2014 noch einmal zusicherte, schnell eine Lösung umzusetzen, passierte lange Zeit gar nichts.

Bis zum 16. März 2015. "DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt ganz ausdrücklich die - endlich - im Referentenentwurf aufgenommenen Änderungsvorschläge. Denn sie berücksichtigen doch in ganz wesentlichen Teilen unsere bereits seit Langem geäußerte Kritik", kommentiert der Rechtsexperte des Verbandes, Dr. Marc Zgaga, den Gesetzentwurf des BMJV. Der Spitzenverband begrüßt besonders, dass verkehrsübliche Zahlungserleichterungen für sich genommen künftig kein Indiz für eine Kenntnis des Gläubigers darstellen und damit keine Möglichkeit für eine Vorsatzanfechtung mehr bieten sollen.

Der vorgelegte Referentenentwurf verfolgt das Ziel, den Wirtschaftsverkehr von Rechtsunsicherheiten zu entlasten, die von der derzeitigen Praxis des Insolvenzanfechtungsrechtes ausgehen. Die wesentlichen Vorschläge des Referentenentwurfes im Überblick:

  • Für die Vorsatzanfechtung von sogenannten Deckungshandlungen (Handlungen, die einem Insolvenzgläubiger Sicherung oder Befriedigung gewähren oder ermöglichen) soll ein deutlich verkürzter Anfechtungszeitraum von lediglich vier (anstatt bislang zehn) Jahren gelten.
  • Anders als bislang sollen kongruente Deckungen grundsätzlich erst dann anfechtbar sein, wenn der Schuldner sie in Kenntnis der bereits eingetretenen Zahlungsunfähigkeit gewährte und der Gläubiger dies erkannt hat.
  • Gesetzliche Klarstellungen sollen dafür sorgen, dass die Handhabung praktisch relevanter Fallgruppen kalkulierbarer wird. So soll etwa die Bitte des Schuldners um eine verkehrsübliche Zahlungserleichterung für sich genommen nicht mehr zum Anknüpfungspunkt für die Begründung des Anfechtungsanspruches gemacht werden können.
  • Auch soll sich der Rechtsverkehr darauf verlassen können, dass keine Vorsatzanfechtung droht, wenn ernsthafte Sanierungsbemühungen des Schuldners unterstützt werden sollen oder wenn dem Schuldner mit wertäquivalenten Bargeschäften die Fortführung seines Unternehmens oder die Sicherung seines Lebensbedarfes ermöglicht werden soll.

Weitere Vorschläge des Referentenentwurfes betreffen die Konkretisierung des Bargeschäftsprivilegs bei Zahlung von Arbeitsentgelt, des Privilegs der Zwangsvollstreckungsbefriedigung sowie der Neuregelung der Verzinsung des Anfechtungsanspruchs.

Die beteiligten Verbände können nun bis zum 12. Juni zu dem Entwurf Stellung nehmen. DER MITTELSTANDSVERBUND wird dem BMJV seine ausführliche Stellungnahme übermitteln. "Wir werden aber gleichzeitig darauf drängen, das weitere Verfahren zügig abzuschließen", erklärt Zgaga. "Die Stellungnahmefrist ist ungewöhnlich lange und DER MITTELSTANDSVERBUND wird darauf hinwirken, dass das weitere Gesetzgebungsverfahren nicht weiter nur in Zeitlupentempo vorankommt." 

Weitere Informationen:

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