Koalitionsvertrag: Entfesselungspotential für den Mittelstand

Am 24. November legten die Koalitionäre nach respektabel vertraulichen Verhandlungen und im vorgesehenen Zeitplan ihren – noch durch Parteitage bzw. Mitgliederentscheid zu ratifizierenden – Koalitionsvertrag als Grundlage für die Regierungsarbeit in der neuen Legislaturperiode vor. Im Vorfeld unserer mehrteiligen Beitragsreihe zum gemeinsamen Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung gibt MITTELSTANDSVERBUND-Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann eine erste Einschätzung.

Berlin, 25.11.2021 – Das insgesamt 177-seitige ambitionierte Vertragswerk hat in augenscheinlicher Anspielung auf die seinerzeitige Aufbruchstimmung unter dem legendären Willi-Brandt-Motto „Mehr Demokratie wagen“ die Überschrift „Mehr Fortschritt wagen“ den Anklang einer „Zeitenwende“. Aus der Erhard´schen „Sozialen Marktwirtschaft“ will die Ampel-Koalition die „sozial-ökologische Marktwirtschaft“ formen.

Deutscher Bundestag, BerlinOb die vom designierten Bundeskanzler Olaf Scholz damit versprochene „Politik der großen Wirkung“ auch eintritt, bleibt zu hoffen und abzuwarten, insbesondere wer am Ende die Wirkung im positiven Sinne spüren wird.

Erfreulich ist, dass die Interessenvertretung des MITTELSTANDSVERBUNDES während der vergangenen Jahre und insbesondere in der Zeit des Wahlkampfes deutliche Früchte getragen hat.

Der eingeforderten Modernisierung des Staatswesens wird allem voran zurecht größte Priorität eingeräumt. Die Verwaltung soll agiler und digitaler werden und sich primar als Dienstleister verstehen. 

Fairer Wettbewerb: Konkrete Ansatzpunkte für den Mittelstand

Konkrete Ansatzpunkte für den Mittelstand bietet der Koalitionsvertrag durchaus. So wird in vielen Passagen ausdrücklich auf die Lage der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) eingegangen. Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb, die den Erfordernissen des Mittelstandes Rechnung tragen, ist die Formel – auch wenn sie natürlich der weiteren Interpretation und Bearbeitung bedarf. Gleiches gilt auch für den in Aussicht gestellten fairen Wettbewerb zwischen Geschäftsmodellen digitaler Großunternehmen und den lokal verwurzelten Unternehmen. Zu begrüßen ist weiterhin, dass dem Abmahnmissbrauch nach dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb entgegengeschritten werden soll. 

Planungsverfahren bei Bau- und Investitionsvorhaben zeitlich auf die Hälfte zu verkürzen, klingt ermutigend. Ebenso die aktuelle Diskussion um das nationale und europäische Lieferkettengesetz, den Mittelstand nicht zu überfordern. Und dass Unternehmen von Bürokratie entlastet und Verwaltungshandeln digitalisiert und verschlankt werden sollen, kann nur unterstrichen werden. 

Auch wenn die Schuldenbremse weiter Bestandteil des Regierungshandelns bleiben soll, können die Spielräume für zusätzliche Investitionen in Infrastruktur und Spitzentechnologien vor 2023 für zusätzliche Kredite genutzt werden. Verheißungsvoll hierbei ist, dass sich kleine und mittlere Unternehmen leichter an öffentlichen Ausschreibungsverfahren beteiligen können sollen. Näher anzusehen wird das Versprechen sein, dass sich kleine und mittlere Unternehmen sowie Selbständige einfacher an Förderprogrammen beteiligen und Investitionszuschüsse beantragen können. Nicht vermerkt ist bislang, ob Kooperationen hier eingebunden werden können. Der MITTELSTANDSVERBUND wird sich dafür gezielt einsetzen.

Datenzugang für KMU und Abschaffung der EEG-Umlage

Hervorzuheben ist, dass dem Datenzugang für kleine und mittlere Unternehmen Raum im Koalitionsvertrag eingeräumt und ausdrücklich Datentreuhänderschaften erwogen werden.

Den Energiebereich betreffend ist besonders erfreulich, dass endlich die EEG-Umlage abgeschafft werden soll, eine beharrliche Forderung des MITTELSTANDSVERBUNDES seit Jahren. Generell sollen Steuern, Abgaben und Umlagen auf Strom neu justiert werden, was für den Mittelstand zu begrüßen ist, wenn es dann auch in die richtige Richtung geht. 

Der Zwang zur Installation von Photovoltaik-Anlagen auf gewerbliche Neubauten ist allerdings kein Ausweis für den angekündigten „marktbasierten Ausbau der erneuerbaren Energien“. Hier hätten wir ein wirksames Anreizsystem gesehen.

Als Kröten zu schlucken bleiben das Fehlen einer Aussicht auf Senkung von Unternehmenssteuern und der politisch festgelegte Mindestlohn. 

Im Tenor ist der Koalitionsvertrag überraschend mittelstandfreundlich. Nun kommt es aber selbstverständlich darauf an, dass aus dem Wohlklang der abstrakten Ebene bei der Umsetzung in reale Politik dissonante Töne möglichst vermieden werden. Dafür wird der MITTELSTANDSVERBUND entschlossen im Sinne seiner Mitglieder eintreten. Auch wird er sie weiterhin engmaschig darin unterstützen, die politischen Vorgaben sachgerecht umzusetzen und zukunftstaugliche Strategien unter den neuen Rahmenbedingungen zu entwickeln.

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