Musterfeststellungsklagen: Bundesregierung legt Gesetzentwurf vor

Um drohende Verjährungen zum Jahresende 2018 zu verhindern, drückt die Bundesregierung nun aufs Tempo und legt den Entwurf für ein Musterfeststellungsklagengesetz vor. Davon sollen dann auch die vom VW-Abgasskandal betroffenen Diesel-Fahrer profitieren.

Berlin, 13.04.2018 – In einem durch standardisierte Massengeschäfte geprägten Wirtschaftsleben hinterlassen unrechtmäßige Verhaltensweisen von Anbietern häufig eine Vielzahl gleichartig geschädigter Verbraucher. Gerade wenn der erlittene Nachteil im Einzelfall gering ist, werden Schadenersatz- oder Erstattungsansprüche oft nicht individuell verfolgt, da der erforderliche Aufwand aus Sicht des Geschädigten unverhältnismäßig erscheint.

Musterfeststellungsklagen: Bundesregierung legt Gesetzentwurf vorVor diesem Hintergrund sowie den anhaltenden Schlagzeilen über entsprechende Fallgestaltungen ,insbesondere den VW-Abgasskandal, wurde bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, das Instrument einer Musterfeststellungsklage einzuführen. Um drohende Verjährungen zum Jahresende 2018 zu verhindern, drückt die Bundesregierung nun aufs Tempo und legt den Gesetzentwurf zur Einführung einer zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vor.

Der Entwurf sieht die Einführung des Rechtschutzinstruments der zivilprozessualen Musterfeststellungsklage vor. Danach sollen eingetragene Verbraucherschutzverbände die Möglichkeit erhalten, zugunsten von mindestens zehn betroffenen Verbrauchern das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen zentraler anspruchsbegründender bzw. anspruchsausschließender Voraussetzungen feststellen zu lassen. Die Musterfeststellungsklage soll ausschließlich zwischen dem klagenden Verbraucherschutzverband und der beklagten Partei geführt werden. Die betroffenen Verbraucher sollen jedoch die Möglichkeit erhalten, ihre Ansprüche gegen die beklagte Partei mit verjährungshemmender Wirkung und ohne Anwaltszwang zu einem sogenannten neueinzuführenden Klageregister anzumelden.

Außerdem soll das Musterfeststellungsurteil Bindungswirkung für nachfolgende Klagen der Verbraucher entfalten. Damit soll – so der Regierungsentwurf – die Wahrscheinlichkeit einer einvernehmlichen Regelung aufgrund einer erfolgreichen Musterentscheidung, insbesondere als Grundlage für Einigungen der Parteien im Rahmen der außergerichtlichen Streitschlichtung, steigen.

DER MITTELSTANDSVERBUND sowie weitere Verbände der AG Mittelstand bezweifeln grundsätzlich, ob die Einführung einer entsprechenden Musterfeststellungsklage überhaupt notwendig ist. Schon haben Verbraucher in Deutschland und Europa hinreichende Möglichkeiten der individuellen Rechtsverfolgung und gerichtlichen Geltendmachung ihrer Ansprüche. Da aber, insbesondere durch den VW-Abgasskandal, der politische Wille besteht und im Koalitionsvertrag verankert wurde, ein Instrument des kollektiven Rechtsschutzes in Form einer Musterfeststellungsklage in das deutsche Prozessrecht zu integrieren, muss sichergestellt werden, dass damit nicht der Boden für eine umfassende Klageindustrie nach dem US-Vorbild geschaffen und Erpressungspotenziale gegenüber Unternehmen aufgebaut werden können.

Die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand hat deshalb der Bundesministerin der Justiz und für Verbraucherschutz Vorschläge unterbreitet, wie ein solches neues Klageinstrument für Verbraucher und Wirtschaft sinnvoll und verträglich ausgestaltet werden könnte. Demnach sollen Musterverfahren nur unter strengen Voraussetzungen zulässig sein und Verbände grundsätzlich keine Klagebefugnis erhalten.

In dem nun vorgelegten Gesetzentwurf finden die Vorschläge der AG Mittelstand allerdings nur in geringem Maße Berücksichtigung. Insbesondere stellt der Gesetzesentwurf für die Klagebefugnis auf Verbraucherverbände ab. Dies wird vom MITTELSTANDSVERBUND kritisiert. Es muss gesetzlich ausgeschlossen sein, dass zukünftig auf Initiative von Anwaltskanzleien Verbände mit ausschließlich wirtschaftlicher Motivation gegründet werden, um dann Musterfeststellungsklagen zu erheben.

DER MITTELSTANDSVERBUND sowie die weiteren Wirtschaftsverbände der AG Mittelstand haben deshalb vorgeschlagen, die Klagebefugnis einer öffentlich-rechtlichen Institution, wie etwa dem Bundesamt der Justiz, zu übertragen. So könnte gewährleistet werden, dass über eine Prüfung tatsächlich ein öffentliches Interesse an einer Musterfeststellungsklage besteht.

DER MITTELSTANDSVERBUND wird sich weiterhin dafür einsetzen, dass auch mit Einführung einer Musterfeststellungsklage faire prozessuale Rahmenbedingungen bestehen bleiben.

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