Neues Restrukturierungsverfahren – MITTELSTANDSVERBUND positioniert sich zusammen mit anderen Verbänden

Die Bundesregierung plant die Einführung eines neuen vorinsolvenzlichen Verfahrens zur Restrukturierung finanziell angeschlagener Unternehmen. DER MITTELSTANDSVERBUND setzt sich zusammen mit anderen Verbänden (DIHK, BDI, BGA, ZDH, bdew) dabei für einen ausgewogenen Ansatz ein, der auch die Interessen der Gläubiger – in Kooperationen meist die Zentralen – berücksichtigt.

Brüssel, 02.10.2020 - Im Juli letzten Jahres war es soweit: Die Europäischen Gesetzgeber einigten sich auf ein neues Restrukturierungsverfahren, welches gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen soll: Frühe Gestaltungsmöglichkeiten von Schuldnern, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind, ohne dabei den Makel eines Insolvenzverfahrens zukünftig mit sich tragen zu müssen.

Die Bundesregierung plant die Einführung eines neuen vorinsolvenzlichen Verfahrens zur Restrukturierung finanziell angeschlagener Unternehmen. Die entsprechende Richtlinie über präventive Restrukturierungsrahmen, über Entschuldung und über Tätigkeitsverbote sowie über Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz von Restrukturierungs-, Insolvenz- und Entschuldungsverfahren muss nunmehr in nationales Recht umgesetzt werden. Das Bundesjustizministerium stellte hierzu Ende September einen entsprechenden Referentenentwurf zur Diskussion.

Wesentliche Neuregelungen

Als neues Verfahren für Unternehmen in Schieflage findet zunächst eine klare Abgrenzung zu anderen vorinsolvenzlichen Verfahren statt. So sollen Schuldner von diesem neuen Instrument nur Gebrauch machen können, wenn ihnen Zahlungsunfähigkeit droht. Hat der Schuldner seine Zahlungen eingestellt (Zahlungsunfähigkeit) oder kann er aus seinem Vermögen oder bestehenden Verbindlichkeiten seine Schulden nicht mehr bedienen (Überschuldung), so ist ihm der Weg für das Restrukturierungsverfahren versperrt.

Für das frühe Einschreiten in Zahlungsschwierigkeiten wird das Unternehmen jedoch auch belohnt: Anders, als in anderen vorinsolvenzlichen Verfahren soll die Geschäftsführung grundsätzlich die Kontrolle über den Betrieb des Unternehmens behalten können. Nur in Ausnahmefällen ist die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten vorgesehen, der den weiteren Verlauf des Verfahrens überwachen soll.

Mit dem sogenannten Sanierungsplan soll der Schuldner seinen Gläubigern ein Angebot unterbreiten, wie und in welchem Umfang auf ausstehende Verbindlichkeiten verzichtet werden könnte. Im Gegensatz zu den bestehenden Verfahren können die einzelnen Gläubiger per Mehrheitsbeschluss den Plan annehmen. Gläubiger, die sich nicht an dem Verfahren beteiligt haben oder gar dagegen gestimmt haben, werden von dem Plan nicht erfasst.

Abgesehen von Lohn- und Gehaltsforderungen sowie Pensionsverbindlichkeiten ist das Unternehmen dabei frei, welche Forderungen es wie gestaltet. Dabei können auch lediglich einzelnen Gruppen von Gläubigern von dem Restrukturierungsplan betroffen sein, wohingegen andere Verbindlichkeiten völlig normal weiterbedient werden. Letzteren gegenüber entfaltet der Restrukturierungsplan auch keine Wirkung.

Gerichte werden nur in Ausnahmefällen beteiligt, etwa, wenn gegenseitige Verträge einseitig beendet werden sollen. Auf Antrag kann auch die Zwangsvollstreckung für drei Monate ausgesetzt und die Verwertung von Gegenständen, die in einem Insolvenzverfahren zur Aus- oder Absonderung berechtigen, untersagt werden.

Zur Sicherung der Gläubigerinteressen gilt die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags spätestens drei Wochen nach deren Eintritt; für die Überschuldung wird dieser Zeitraum auf sechs Wochen verlängert.

MITTELSTANDSVERBUND mahnt zur Wahrung der Gläubigerinteressen

DER MITTELSTANDSVERBUND hat sich zusammen mit anderen Wirtschaftsverbänden für eine Umsetzung mit Augenmaß ausgesprochen. Vor allem die Interessen der Gläubiger sollten weiterhin gewahrt bleiben. Dabei sollen im Wesentlichen die gleichen Mechanismen greifen wie auch im normalen Insolvenzverfahren: Neu begründete Forderungen (nach Eintritt in das Sanierungsverfahren) sollten im Falle einer eintretenden Insolvenz wie Masseverbindlichkeiten behandelt und somit privilegiert bedient werden. Zwar soll das neu zu strukturierende Unternehmen weiterhin handlungsfähig bleiben, dies jedoch nicht auf Kosten der Gläubiger dieses für sie neuen Vertragspartners.

In Fällen, in denen ein Gläubiger vorleistungspflichtig ist, sollte dieser im Sanierungsverfahren auf Vorkasse umstellen können. Bislang sieht der Referentenentwurf keinerlei Sicherungsmechanismen für einen solchen Fall vor. Mit Blick auf das Zentralregulierungsgeschäft könnten sich dadurch jedoch erhebliche Risiken für Verbundgruppen-Zentralen entwickeln; bei drohender Zahlungsunfähigkeit eines Anschlusshauses bliebe die Zentrale nach den aktuellen Regelungen des Referentenentwurfes in jedem Fall zur Begleichung der Lieferanten-Verbindlichkeiten verpflichtet – ohne entsprechende Eskalationsmöglichkeiten gegenüber dem Anschlusshaus geltend machen zu können. Kürzungen der Limits, Einschränkung der Bestellmöglichkeiten des Anschlusshauses bis hin zur Vorkasse – all diese wichtigen Rechte müssen den Zentralen erhalten bleiben, um die wirtschaftliche Stabilität der Kooperation als solche nicht zu gefährden.

Wollen Verbundgruppen-Zentralen ihren Mitgliedern durch die Vereinbarungen flexiblerer Zahlungsziele gerade in Corona-Zeiten helfen, bedarf es auch hier eines besonderen Schutzes dieser Maßnahmen. DER MITTELSTANDSVERBUND plädiert daher für einen absoluten Schutz vor möglichen Anfechtungen dieser Vereinbarungen im Falle einer Insolvenz.

Fazit

Auch wenn das große „L“ mit Blick auf die deutsche und europäische Wirtschaft bislang auszubleiben scheint, bedarf es dennoch eines belastbaren Verfahrens, dass das richtige Maß zwischen den Interessen der Gläubiger und Schuldner findet. „Verbundgruppen greifen gerade vor dem aktuellen Hintergrund ihren Mitgliedern unter die Arme und kommen damit ihrem förderwirtschaftlichen Auftrag nach.“ Meint auch Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Zum Schutz einer Gruppe insgesamt und zum Erhalt bewährter Mechanismen im Verbund bedarf es einiger Anpassungen des vorgestellten Entwurfs.“ so Geier weiter.  Insgesamt lässt sich jedoch feststellen, dass ein proaktiver Ansatz, der Unternehmen zu einem frühzeitigen Einschreiten verpflichtet, aber dann auch in Teilen privilegiert, geeignet sein könnte, gerade durch die pandemiebedingte Talfahrt der Unternehmen zu helfen und zukunftsfähig zu halten.  

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