UPDATE Hinweisgeberschutzgesetz

Nach dem Scheitern im Bundesrat bringt die Bundesregierung eine leicht geänderte Fassung zum Hinweisgeberschutzgesetz erneut ins Gesetzgebungsverfahren ein.

Berlin, 27.03.2023 – Beschäftigte in Unternehmen nehmen Missstände oftmals als Erste wahr. Ihre Hinweise können dafür sorgen, dass Rechtsverstöße aufgedeckt, untersucht, verfolgt und unterbunden werden. Sie verdienen daher nach dem Willen des Gesetzgebers Schutz vor Benachteiligungen, die ihnen wegen ihrer Meldung drohen oder sie davon abschrecken können. Die Koalitionsparteien hatten sich daher im Koalitionsvertrag darauf verständigt, rasch die sog. EU‐Whistleblower‐Richtlinie rechtssicher und praktikabel umzusetzen. Rasch deshalb, weil die EU-Richtlinie eigentlich schon bis zum 17. Dezember 2021 in nationales Recht hätte umgesetzt werden müssen und diesbezüglich ein EU-Vertragsverletzungsverfahren anhängig ist. DER MITTELSTANDSVERBUND berichtete hier

Die erste vom Bundestag beschlossene Gesetzesfassung wurde am 10. Februar 2023 im Bundesrat „gekippt“, weil die Länder mit Regierungsbeteiligung von CDU und CSU ihre Zustimmung verweigerten. Begründet wurde die Ablehnung von den Unionsvertretern insbesondere mit einer zu starken Belastung kleiner und mittlerer Unternehmen. Nachdem das ursprünglich von der Bundesregierung eingebrachte Hinweisgeberschutzgesetz im Bundesrat gescheitert ist, unternehmen die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP nun einen zweiten Anlauf. Dazu haben sie das Vorhaben in zwei Gesetzentwürfe aufgespalten, von denen nach ihrer Auffassung nur einer im Bundesrat zustimmungspflichtig ist. Ziel ist unverändert, dass Hinweisgeber auf Rechts- und Regelverstöße in Unternehmen und Behörden, sogenannte Whistleblower, einfacher und ohne Angst vor Repressalien auf Missstände aufmerksam machen können.

Der jetzt neu eingebrachte Entwurf eines Hinweisgeberschutzgesetzes ist weitgehend identisch mit dem am 16. Dezember 2022 vom Bundestag verabschiedeten Gesetzentwurf. Allerdings nimmt es ausdrücklich Beamte der Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht eines Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie Richterinnen und Richter im Landesdienst aus seinem Anwendungsbereich aus. Dadurch ist nach Einschätzung der einbringenden Fraktionen keine Zustimmung des Bundesrates mehr erforderlich. In einem zweiten Gesetzentwurf „zur Ergänzung der Regelungen zum Hinweisgeberschutz“ wird diese Einschränkung wieder aufgehoben.

Kern des Gesetzentwurfes ist unverändert die Einrichtung von Meldestellen in Unternehmen, Behörden und Organisationen, an die sich Whistleblower wenden können. Diese sollen auch anonyme Meldungen bearbeiten und dazu eine anonyme Kommunikation zwischen Hinweisgebenden und Meldestellen ermöglichen. Geschützt sein soll auch, wer verfassungsfeindliche Äußerungen von Beamtinnen und Beamten meldet. Das soll auch für Äußerungen unterhalb der Strafbarkeitsschwelle gelten. Hinweisgeber, die Repressalien erleiden, sollen eine Entschädigung in Geld auch dann verlangen können, wenn es sich nicht um einen Vermögensschaden handelt.

Von besonderer Bedeutung für die Zeitplanung ist es, dass in dem jetzigen Entwurf die Frist für das Datum des „Inkrafttretens“ von drei Monaten auf einen Monat nach der Verkündung verkürzt wurde. Der Rechtsausschuss des Bundestages wird sich am 27. März 2023 in öffentlicher Anhörung mit dem Gesetzesentwurf befassen. Es ist geplant, das Hinweisgeberschutzgesetz bereits am 30. März 2023 im Bundestag zu verabschieden. Gelingt dies, könnte das Hinweisgeberschutzgesetz Anfang Mai 2023 in Kraft treten.

Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes kommt eine gesetzliche Verpflichtung zur Einführung eines Hinweisgeberverfahrens (sogenannte „interne Meldestelle“):

  • für Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitende sofort nach Inkrafttreten des Gesetzes,
  • für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitende (und bis 249 Mitarbeitende) ab dem 17. Dezember 2023.

Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES wird auch mit dem neu vorgelegten Entwurf die zugrundeliegende EU-Richtlinie zum Hinweisgeberschutz „überschießend“ umgesetzt. Das betrifft u.a. die partielle Ausweitung des Anwendungsbereichs auf arbeitsrechtliche Vorschriften sowie die als "Sollte-Vorschrift" formulierte Regelung zur Bearbeitung anonymer Meldungen. Hingegen wird die Aufforderung der Richtlinie, dass sich die Mitgliedstaaten dafür einsetzen, dass interne Meldestellen vorrangig genutzt werden, nicht klar umgesetzt. Wie in der Praxis mit anonymen Meldungen umgegangen werden soll, z.B. in Bezug auf Rückmeldepflichten, bleibt unklar.

DER MITTELSTANDSVERBUND und seine Schwestergesellschaft ServiCon hatten im September/Oktober 2022 Webinare zur praxisnahen Umsetzung des Hinweisgeberschutzgesetzes angeboten

Interessierte Verbundgruppen wenden sich für konkrete Produkt-Angebote bitte an: Dr. Marc Zgaga (m.zgaga@servicon.de).

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