Wahlprogramm-Check: Teil 8 – Recht und Wettbewerb

Wie haben sich die Parteien zu den Themen Rechtsstaatlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Gesetzgebungskultur und Verbraucherrechte aufgestellt? DER MITTELSTANDSVERBUND informiert.

Berlin, 08.09.2017 – In 14 Tagen ist Bundestagswahl. 61,5 Millionen Wahlberechtigte bestimmen dann nicht nur über die Frage, wer Bundeskanzler wird, sondern auch darüber, wie sich die neue Regierung und der Bundestag zusammensetzen und welche politischen Themen in der kommenden Legislaturperiode vorangetrieben werden sollen.

DER MITTELSTANDSVERBUND hat sich vor diesem Hintergrund die Wahlprogramme von CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und DIE LINKE genauer angesehen und informiert seine Mitglieder in der Artikelreihe „Wahlprogramm-Check“ über relevante Inhalte für Verbundgruppen und ihre Anschlusshäuser.

Im letzten Teil der Reihe geht es um das Thema Recht und Wettbewerb. Wie positionieren sich die Parteien zu den Themen Rechtsstaatlichkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Gesetzgebungskultur, Bürokratieabbau und Verbraucherrechten? Wo ergeben sich Vorteile, wo Nachteile für den kooperierenden Mittelstand? DER MITTELSTANDSVERBUND gibt Antworten.

Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Freihandel

Fast alle Parteien (außer DIE LINKE) bekennen sich in ihren Wahlprogrammen zu Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit als Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft. Die Ausprägungen im Einzelnen sehen demgegenüber unterschiedlich aus.

Die CDU/CSU setzt sich für ein nachhaltiges Wachstum der Wirtschaft und internationale Wettbewerbsfähigkeit ein und ist demzufolge auch für internationale Handelsabkommen und gegen jede Art von Abschottung und Protektionismus. Auch die FDP bekennt sich zur multilateralen Zusammenarbeit und möchte die hohen, rechtlichen Standards der Bundesrepublik in Zeiten der Globalisierung mit Freihandelsabkommen sichern. Dazu haben die Liberalen die Welthandelsorganisation (WTO) als den „zentralen Ort zur Schaffung eines gerechten, globalen Welthandelssystems“ auserkoren.

Zwar wollen auch BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN multilaterale Verhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) stärken und internationale Handelsabkommen beschließen – die Partei wirbt jedoch für einen vollständigen Neuanfang der als zu intransparent und verworren angesehenen Verhandlungen in Sachen TTIP & Co.

Die Liberalen wollen es kleinen und mittelständischen Unternehmen zudem ermöglichen, neue Märkte schnell du unbürokratisch zu erschließen. Erreicht werden soll dies durch einen Abbau der Außenwirtschaftsbürokratie insbesondere im Bereich der Exportkontrollen.

Bereits in der Vergangenheit hat DER MITTELSTANDSVERBUND darauf hingewiesen, dass protektionistische Maßnahmen einzelner Mitgliedsstaaten selbst den Handel in der EU erschweren. Der Spitzenverband setzt sich daher dafür ein, Beschränkungen im internationalen Handel aufzuheben und mittelstandsfreundliche Rahmenbedingungen zu schaffen.

Mittelstand und Genossenschaften fördern

Die SPD möchte mit dem Programm „Innovationsmotor Mittelstand“ kleine und mittlere Unternehmen im Wandel unterstützen. Dabei sollen Maßnahmen im Vordergrund stehen, die Mittelstand und Handwerk gezielt entlasten. Besonders Genossenschaften sollen als krisenfeste Unternehmensform durch Förderprogramme und Orientierungshilfen gestärkt werden. DIE LINKE möchte Genossenschaften unter anderem durch Steuererleichterungen fördern.

Selbständigkeit stärken

Einig sind sich die Parteien beim Thema Gründergeist und Selbständigkeit. Die CDU/CSU möchte die Leistung von Selbstständigen, freien Berufen, Handwerk und Mittelstand künftig noch stärker öffentlich anerkennen und fördern und dazu einen sogenannten „Masterplan Selbstständigkeit“ mit umfassender Beratung und Förderung sowie Vermeidung unnötiger Bürokratie aufsetzen.

Auch die FDP will den Gründergeist in Deutschland fördern und schlägt dazu verschiedene Maßnahmen vor, z. B. die Aufnahme von „Wirtschaft“ als Fach in der Schule, die Erleichterung von Gründungs-Finanzierungen, den Abbau von Bürokratie und die Reduzierung von Behördengängen für Gründer (an einem Tag und online möglich).

Wettbewerbsrecht 2.0

Im Bereich des Wettbewerbsrechts ranken sich die Pläne der Parteien unter anderem um die sogenannte „Share Economy“, also z. B. die E-Commerce Plattformen. Hier möchte die CDU/CSU dazu beitragen, dass große, neue Plattformen z. B. in den Bereichen vernetzte Mobilität und Gesundheit in Deutschland entstehen und weltweit erfolgreich sein können. Dafür soll gegebenenfalls auch das Kartellrecht angepasst werden. Ähnliches fordert die FDP. Sie will das Wettbewerbsrecht fit machen für die Digitalisierung.

Die SPD möchte zum einen bei der kartellrechtlichen Bewertung von Plattformen neben dem reinen Umsatz auch den Wert der Nutzerzahlen und Daten berücksichtigen, um Monopole zu verhindern und Pluralität der Anbieter sicherzustellen. Zum anderen möchte sie das Bundeskartellamt weiter ausbauen und mit Kompetenzen für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz ausstatten.

DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert weitere Befugnisse des BKartA

Gegen einen Erweiterung der Kompetenzen des Bundeskartellamts hatte sich DER MITTELSTANDSVERBUND bereits mehrfach ausgesprochen. Der Spitzenverband verweist auf die bisher geltende Praxis, nach der Verbraucherschutz privat oder auch durch die zahlreichen Verbraucherschutzverbände durchgesetzt werden kann.

Damit besteht überhaupt keine Notwendigkeit, Verbraucherrechte parallel zur privaten Rechtsdurchsetzung auch noch behördlich durchzusetzen. Der Kostenaufwand, der für den Bundeshaushalt mit einer Erweiterung der behördlichen Befugnisse und der dort neu zu schaffenden Personalstellen verbunden wäre, ist daher bei kritischer Bewertung nicht zu rechtfertigen.

Unabhängig von den grundsätzlichen Bedenken wäre es außerordentlich problematisch, einen Paradigmenwechsel im Bereich der Durchsetzung von Verbraucherschutzrechten einzuleiten, ohne dass bestehende Defizite im Bereich der privaten Rechtsdurchsetzung konkret belegt oder auch nur seriös benannt werden können.

Verbraucherrechte als zentrales Wahlkampfthema

Mit einer ganzen Reihe an Forderungen zum Thema Verbraucherrechte möchten sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, aber insbesondere die SPD im Wahlkampf positionieren. Qualifizierte Verbände sollen demnach das Recht zu Musterfeststellungsklagen erhalten, um mit nur einer Klage vor Gericht die Rechte von vielen Verbrauchern durchzusetzen. Zudem soll die Verbandsklage weiter ausgebaut, die Verbraucherzentralen und ihren Bundesverband gefördert und deren Status als Marktwächter ausgebaut werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND hat die erheblichen negativen Auswirkungen von Sammel- oder Musterfeststellungsklagen in der Vergangenheit stets kritisiert und stieß mit dieser Position bislang auch in der Politik auf Gehör. Damit dies auch so bleibt, wird sich der Spitzenverband auch in der weiteren Diskussion für eine mittelstandsfreundliche Regelung stark machen.

Besonders die SPD tut sich darüber hinaus mit weiteren Forderungen zum Schutz der Verbraucher hervor. So sollen Gewährleistungs- und Garantieansprüche im Alltag besser durchsetzbar sein, Produkte besser gekennzeichnet werden hinsichtlich Lebensdauer etc. und auch die Reparatur und Updatemöglichkeiten sollen erhöht werden. Bereits im zweiten Teil des „Wahlprogramm-Checks“ hat DER MITTELSTANDSVERBUND darauf hingewiesen, dass in diesem Zusammenhang die Hersteller in die Pflicht genommen werden müssen, um eine zu starke Belastung mittelständischer Händler zu vermeiden.

Weiterhin lehnt die SPD unfaire individuelle Preisbildung als Folge der Profilbildung aus Nutzerdaten ab. Dies umfasst nach Auffassung der Sozialdemokraten beispielsweise die Festsetzungen von Preisen anhand des Alters, Wohnorts oder der Zahlungsfähigkeit des Verbrauchers. Diese sollen im Rahmen einer Missbrauchsregelung verboten werden.

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