Walk & Talk mit Laura Bornmann und Dr. Ludwig Veltmann: Lasst uns in den Dialog gehen!

Die Führungskultur befindet sich in einer Transformation. Darüber haben wir mit HR-Influencerin Laura Bornmann (31) und Dr. Ludwig Veltmann (63), Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND, gesprochen. Laura Bornmann ist ehemalige Leiterin der Personalentwicklung bei der REWE Dortmund und seit Oktober 2022 Managing Director bei Startup Teens und GenZ Talents. Sie setzt sich dafür ein, dass junge Menschen im Hinblick auf unternehmerisches Know-How befähigt werden. Mit ihrem Team vermittelt sie junge Talente an Unternehmen und berät diese, wie sie zum attraktiven Arbeitgeber für die Generation Z werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND:  Wolltet Ihr schon immer Chefin bzw. Chef sein?

Laura Bornmann:
Als ich Abitur gemacht habe, entschied ich mich für ein duales Studium und fand super, dass ich Theorie und Praxis in einem hatte. Ich träumte davon, irgendwann einmal Führungskraft zu sein und ein Team zu haben. Aber ich habe es mir damals nicht zugetraut. Ich wollte es immer sein, aber habe mir viele Gedanken gemacht und ehrlicherweise auch gezweifelt.

Dr. Ludwig Veltmann:
Also ich muss ehrlich zugeben: Ich wollte schon immer Chef werden. Aber nicht, um Chef zu sein, sondern um gestalten zu können. Das ist ein ganz entscheidendes Kriterium. Ich wollte mich nicht einengen lassen mit Dingen, die nicht meiner Grundeinstellung entsprachen. Dem wollte ich zuvorzukommen und selber Chef werden. Und das hat dann auch geklappt.

DER MITTELSTANDSVERBUND:  Apropos Chefin oder Chef: Braucht es denn heute überhaupt noch Jobtitel?

Laura Bornmann:
Das wird ja oft als klassisches Status-Thema abgetan. Hierarchien sind aber nicht grundsätzlich schlecht, denn Führungskräfte und auch Jobtitel geben Klarheit. Sie zeigen nach außen und auch innerhalb großer Unternehmen, was für eine Verantwortung jemand trägt. Das betrifft aber eher die Außenwirkung. Bezüglich des Status nimmt die Bedeutung diverser Studien zufolge eher ab.

Ludwig Veltmann:
Es geht ja dabei zunächst um Verantwortung und um Entscheidungsstrukturen. Denn letztlich arbeiten in einem Unternehmen in der Regel viele Menschen zusammen – und die müssen in der Lage sein, sich selbst zu organisieren. Dafür braucht es eine gewisse Entscheidungsstruktur, heißt: Wer trifft wann welche finalen Entscheidungen. Ohne Hierarchie funktioniert es nicht. Ich glaube, das wird sich auch in Zukunft nicht grundsätzlich verändern.

DER MITTELSTANDSVERBUND:  Inwieweit muss denn Arbeit überhaupt sinnstiftend sein? Ist Dienst nach Vorschrift weniger wert? Oder erwarten Führungskräfte eine Arbeit immer über das Maß hinaus?

Ludwig Veltmann:
Wenn die Mitarbeitenden eine ausgeprägte Eigenmotivation haben und sich mit einer Aufgabe identifizieren, finde ich das großartig. Ich bremse lieber, als dass ich beschleunige. Aber „Dienst nach Vorschrift“ hört sich irgendwie grausam und wenig inspirierend an. Das heißt nicht, dass jemand ständig Überstunden machen muss oder am Wochenende arbeitet. Hier geht es vielmehr ums Gestalten. „Dienst nach Vorschrift“ sollte für niemanden in der Arbeitswelt ein Maßstab sein – weder für den oder die ChefIn noch für die Mitarbeitenden.

Laura Bornmann:
Die junge Generation hat ja in vielerlei Hinsicht andere Werte und Ansprüche an Arbeit, und nicht alle davon sind aus Arbeitgebersicht schlecht. Zum Beispiel der größere Fokus auf Gesundheit, hiervon profitieren auch Unternehmen. Hier braucht es ein neues Narrativ, und da müssen wir ansetzen. Früher haben wir Zeit mit Leistung gleichgesetzt, weil wir vorwiegend körperliche und standardisierte Arbeit verrichtet haben. Die Art der Arbeit hat sich heute aber verändert. Ich kann am Tag nur vier Stunden arbeiten und trotzdem richtig engagiert und motiviert in meinem Job sein. Letztendlich kommt es auf das Ergebnis an. Die Debatte des Zeiteinsatzes müssen wir in Zeiten der Wissensarbeit differenzierter sehen.

DER MITTELSTANDSVERBUND:  Zu nett, zu nahbar – insbesondere Frauen müssen sich das häufig im Beruf anhören. Ruiniert Menschlichkeit die Karriere?

Laura Bornmann:
Du bist zu nett – so wirst Du übrigens nie was: Das haben mir früher viele Menschen gesagt. Ich glaube aber, unsere Arbeitswelt braucht mehr Menschlichkeit. Jeder hat doch Schwächen und Sorgen. Als ich noch jünger war, dachte ich, dass nur perfekte Menschen in Führungspositionen kommen, denn niemand hat über Fehler oder Schwächen gesprochen.

Gerade jetzt ist das Thema wichtiger denn je, weil Menschen heute anders motiviert werden. Menschen wünschen sich empathische Führungskräfte, denn mit ihnen können sie sich besser identifizieren und für sie gehen sie die Extrameile. Lasst uns darüber sprechen, auch in der Arbeitswelt offen damit umzugehen, weil es letztendlich auch die Ergebnisse besser macht. Zu nett zu sein, wird aber definitiv eher Frauen unterstellt und gleichgesetzt mit „nicht durchsetzungsstark“. Ich bin der Überzeugung: Es geht beides. Wir können freundlich und persönlich sein und wir können trotzdem harte Entscheidungen treffen.

Ludwig Veltmann:
Ich möchte das ein bisschen differenzieren. Das ist auf der einen Seite richtig. Schwächen darf man sich durchaus eingestehen – wir alle sind Menschen und machen Fehler. Andererseits braucht es auch eine Wirkung auf Dritte – also Orientierung und Stehvermögen. Man ist eine Art unternehmerischer Guide, man leitet Leute an und alle gucken auf einen und wollen wissen, wo es langgeht. Und wenn man sagt, „Ich habe auch keine Ahnung, bin auch orientierungslos“, kann das durchaus zu Verunsicherung unter den Kolleg- Innen führen.

Laura Bornmann:
Aber das ist der Unterschied. Das ist nicht gleichzusetzen. Ich gebe Ihnen recht: Als Führungskraft müssen wir Klarheit geben – können aber trotzdem sagen, dass wir auch mal unsicher sind.

Ludwig Veltmann:
Es kommt darauf an, wem gegenüber man Probleme offenlegt. Es gibt sicherlich immer Menschen, die nur darauf warten, und das gnadenlos ausnutzen.

Laura Bornmann:
Ich glaube aber, dass genau das heute eine große Stärke ist: offen und ehrlich zu seinen Schwächen zu stehen. 


DER MITTELSTANDSVERBUND:  Was erwartest Du von den Generationen über Dir, also z.B. von Ludwig Veltmann?

Laura Bornmann:
Lasst uns in den Dialog gehen. Lasst uns mit ernsthaftem Interesse fragen: Was sind Eure Themen? Was sind Eure Werte? Was sind Eure Ansprüche? Das empathisch zu verstehen und genauso auch andersrum, ist essenziell. Gemeinsam können wir so viel erreichen. Ich fühle mich hier auch als Brückenbauerin zwischen den Generationen.

DER MITTELSTANDSVERBUND:  Und andersherum?

Ludwig Veltmann:
Ich glaube, dass jungen Menschen eher etwas verziehen wird als Leuten, die schon sehr lange im Beruf sind. Fragen, die man als junger Mensch stellen kann, kann man als älterer vielleicht nicht mehr so offen stellen – weil vorausgesetzt wird, das müsse man mit langjähriger Erfahrung doch wissen. Nun komme ich aus dem Rheinland und rede gerne offen – aber man muss eben auch wissen, wo die Grenzen sind. Ich denke, wir haben da immer noch gewisse Schranken – und das ist natürlich auch gesellschaftlich bedingt.


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