Handel, Handwerk und Dienstleistung: Spezifische Aspekte der drei wichtigsten Sektoren unserer Verbundgruppen

Sektor Handel

eCommerce sollte hier nach aktuellen Einschätzungen zunächst einmal nicht als Geschäftserweiterung konzipiert werden, sondern als Kompensation der durch andere eCommerce-Betreiber drohenden Verluste von Marktanteilen.

Punkten kann der stationäre Handel vor allem dadurch, dass er am POS die Annehmlichkeiten des digitalen Shoppings und die Vorteile der Offline-Welt enger miteinander verzahnt. Geht es beispielsweise um Frische, Qualität und beratungsintensive Anschaffungen, schätzen Kunden die Möglichkeit der haptischen und emotionalen Informationsflüsse im Laden und ziehen den Besuch im Laden einem Onlineshop vor – gegebenenfalls in Ergänzung zu den im Web verfügbaren Informationen über das Objekt des Begehrens. Kluge Händler bieten deshalb einen guten Überblick über die Eigenschaften konkurrierender Produkte im Netz, um eine Vorauswahl zu erleichtern.

Erfahrungen belegen, dass diejenigen Händler erfolgreicher sind, die ihren Kunden die Möglichkeit geben, sich im Internet zu informieren. Angaben zu Öffnungszeiten, Anfahrt, Parkplatzsituation und Kontaktmöglichkeiten sollten deshalb leicht auffindbar und das Leistungsportfolio anschaulich und einladend präsentiert sein.

Seriöse Untersuchungen schätzen den Anteil des stationär zu realisierenden Geschäftsvolumens auch mittel- und langfristig auf ca. 70 Prozent des Gesamtumsatzes. Großes Gewicht muss bei einer jeden Digitalisierungsstrategie also nach wie vor auf die Förderung des lokalen Geschäftes gelegt werden.

In diesem Kontext muss hinterfragt werden, ob sich das Einkommen eines Händlers künftig rein aus der Handelsspanne erzielen lässt, oder ob er in Zeiten des eCommerce und zunehmender Konkurrenz auch durch die Hersteller den Wert seines Showrooms und seiner Regale für die Produktpräsentation und für Events erkennt. Dieser Wert könnte zusätzlich nach neuen Spielregeln vergütet werden.

Sektor Handwerk

Wo das lokale Ladengeschäft eine bedeutende Rolle spielt (wie bei Bäckern, Fleischern, Inneneinrichtern) bestehen viele Parallelitäten zu Handelsgeschäften. Bei den meiste Handwerksgruppen jedoch spielt das lokale Ladengeschäft eine eher untergeordnete Rolle. Von der Digitalisierung sind sie – je nach Gewerk, etwaiger Spezialisierung, Reichweite und Betriebsgröße – dennoch betroffen.

Zum Beispiel bei der Arbeitsorganisation, bei der Informations- und Wissensvermittlung bzw. Wissensaneignung oder wenn eine Verlagerung der Leistungsvermittlung auf eine virtuelle Plattform ansteht. Im Rahmen des Wettbewerbs mit neuen Marktteilnehmern aus Industrie und Handel bietet sich eine noch stärkere Fokussierung auf Qualitäts- anstatt Preisführerschaft an. Diese muss nicht nur faktisch gehalten werden, sondern auch unter Nutzung aller, insbesondere der digitalen Kanäle kommunikativ deutlich herausgestellt werden.

Neue Technologien gewinnen aber auch in diesem Sektor an Bedeutung. Der Einsatz von 3D-Druckern bspw., als die wahrscheinlich phänomenalste Innovation mit dem größten „Revolutionspotenzial“, wird in der deutschen Industrie laut einer Umfrage von BITKOM Research bereits von 5 Prozent der Befragten eingesetzt – Tendenz steil ansteigend.

Gerade für die Handwerksgruppen ist es also durchaus ratsam, sich mit den Möglichkeiten neuer Technologien zu beschäftigen und zu prüfen, welche Ergänzungen oder Erweiterungen des Dienstleistungsportfolios sich dadurch anbieten.

Last but not least bieten sich für Handwerkskooperationen im Beschaffungsbereich (insbes. im Bauhandwerk) die leistungsfähigen B-2-B-Lösungen der Verbundgruppenzentralen an. So etwa für die „Just-in-time“-Versorgung mit Materialien und Ausstattungen an der Baustelle, wo zugleich digitale Vermessungs- und Kalkulationstools von Vorteil sind.

Auch zentrale Spezialdatenbanken etwa zum Qualitäts- und Wissensmanagement im Lebensmittelhandwerk, die die Leistungsfähigkeit der Anschlussunternehmen auf digitalem Wege verbessern, müssen zum Standard gehören. Auszuloten sind hierbei freilich verbundgruppenübergreifende Synergiepotentiale bei gemeinschaftlicher Nutzung dieser Dienstleistungen.

Sektor Dienstleistung

Angesichts der vielen neuen Möglichkeiten, klassische Dienstleistungen virtuell bzw. online anzubieten und angesichts der vielen neuen Dienstleistungsformate, die sich im Zuge der Digitalen Transformation ergeben – wie bspw. SaaS-Modelle (Software as a Service) als Teilbereiche des Cloud Computings – ist die Dienstleistungsbranche von der Digitalisierung besonders betroffen.

Potenzielle Kunden werden aufgrund ihres Nutzungsverhaltens Dienstleistungen immer häufiger direkt über das Internet beziehen und sich dort auch vorher informieren. Innovative Dienstleistungsportale wie UBER oder airbnb haben bewiesen, mit welch einer massiven Veränderung etablierte Dienstleistungsbranchen konfrontiert werden. Dabei ist die Transparenz, die das Internet in unterschiedlichsten Formen liefert, von entscheidender Bedeutung.

Daten in großen Mengen zu gewinnen, zu speichern und zu analysieren, sie aufzubereiten oder auch in besonderer Weise zu schützen ist die große Chance zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle unter dem Stichwort Cloud Computing.

Es muss die Aufgabe eines Dienstleistungsunternehmens sein, sich wesentlich stärker als bisher in den Social Media zu positionieren und dort problemlos auffindbar zu sein. Nur wer individuell und gezielt Kunden anspricht oder leicht über Stichwort- oder Kontextsuche gefunden wird, kann zukünftig geschäftlichen Erfolg erzielen.

Ferner gilt es, die individuelle Kundenbetreuung noch stärker in den Vordergrund zu stellen und zu versuchen, die Kunden digital an sich zu binden. Verbundgruppen können als Plattformbetreiber einen ganz wesentlichen Beitrag für die einzelnen Anschlusshäuser leisten. Hierfür sind Mitarbeiter mit IT- und Social-Media-Kenntnissen ebenso erforderlich wie neue Arbeits- und Organisationsformen.

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