Recht auf Reparatur: Einigung zwischen Rat und Europäischem Parlament

Die europäischen Gesetzgeber haben sich auf neue Regeln zur Verbesserung der Lebensdauer von Produkten geeinigt. Dabei werden vor allem Hersteller durch das neue Recht auf Reparatur stärker in die Pflicht genommen. Auch der mittelständische Handel wird sich auf die neuen Regeln einstellen müssen.

Brüssel, 06.02.2024 – Nach nicht mal einem Jahr sind die Verhandlungen über das neu einzuführende Recht auf Reparatur abgeschlossen. In der Nacht zum vergangenen Freitag war es so weit: Die Chef-Verhandler von Rat und Europäischem Parlament verkündeten die Einigung hinsichtlich des entsprechenden Richtlinienentwurfes.

Mit dem Recht auf Reparatur sollen Verbraucher neben dem bestehenden Gewährleistungsrecht einen zusätzlichen Anspruch gegenüber dem Hersteller der Waren erhalten: So sind Hersteller zukünftig verpflichtet, Reparaturen für ihre Produkte anzubieten. Zudem müssen sie Ersatzteile und relevante Informationen über die Reparatur der Waren bereitstellen.

Anders als bei einem „normalen“ Gewährleistungsanspruch können dem Verbraucher die für die Reparatur entstehenden Kosten in Rechnung gestellt werden. Hersteller haben zudem das Recht, die Reparaturleistung durch externe Dienstleister (oder auch Händler) durchführen zu lassen. Über ein von der Europäischen Kommission geführtes Online-Portal sollen sich Kunden zudem über die durchschnittlichen Kosten einer Reparatur informieren können.

Vor der Reparatur müssen Hersteller den Verbrauchern die relevanten Informationen bereitstellen. Insbesondere die Kosten sowie die Dauer der Reparatur müssen vorab kommuniziert werden. Der Kostenvoranschlag in einer einheitlichen Form wird also verpflichtend für die Hersteller. Aufgrund der breiten Kritik wurde jedoch auch vereinbart, dass eventuell entstehenden Kosten für diese Informationen dem Verbraucher in Rechnung gestellt werden.

Hinsichtlich der betroffenen Produktgruppen beschränken sich die neuen Regeln zunächst auf diejenigen Produkte, für die bereits Ökodesign-Vorschriften bestehen. Dies ist beispielsweise bei Weißer Ware sowie energieverbrauchsrelevanten Produkten der Fall. Da die Ökodesign-Vorschriften jedoch sukzessive auf alle Produktgruppen ausgeweitet werden sollen, werden nach und nach weitere Produkte in den Anwendungsbereich des Rechts auf Reparatur fallen. 

Was ist drin für Händler?

Für Händler bzw. Handelskooperationen kommt es zunächst zu keinen Änderungen im Tagesgeschäft; die aktuell bestehenden Regeln über das Gewährleistungsrecht bleiben bestehen. Im Rahmen der Gewährleistungsfristen kann ein Kunde also seine Rechte gegenüber dem Händler geltend machen. Das Recht auf Reparatur wird regelmäßig in den Fällen greifen, in denen die Gewährleistungsfrist abgelaufen ist oder der Händler nicht zum Austausch oder zur Reparatur verpflichtet ist. In diesen Fällen kann der Kunde dann sein Produkt direkt beim Hersteller oder einem designierten Dienstleister reparieren lassen.

Wichtig für Händler dabei: Die Gewährleistungsfrist soll sich nach einer erfolgten Reparatur um 6 Monate ab dem Zeitpunkt der Reparatur verlängern. „An dieser Stelle besteht ein Logik-Bruch in den neuen Vorschriften.“, meint Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Mit den bestehenden Gewährleistungsfristen hat der Gesetzgeber bereits eine Wertungsentscheidung vorgenommen, bis zu welchem Zeitpunkt Händler für defekte Produkte (die sie nicht selbst hergestellt haben, sondern nur verkaufen) in die Verantwortung genommen werden sollen. Die Verlängerung der Fristen nach erfolgter Reparatur wird unweigerlich zu Streitigkeiten führen – dieses Mal unter Einbeziehung der Industrie.“ ergänzt Geier weiter.

Auf der anderen Seite sind die neuen Regeln geeignet, neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Handel und Industrie zu generieren. Denn oftmals haben insbesondere Handelskooperationen ein breites Netz an Verkaufsstellen, die über einen eigenen Reparatur-Service verfügen. Diese Reparaturnetze könnten Hersteller künftig für die Reparatur der Produkte einsetzen. So könnten weitere Synergien zwischen den einzelnen Stufen der Wertschöpfung entstehen.

Die Richtlinie sieht zudem vor, dass Mitgliedstaaten Anreize für die Förderung von Reparaturleistungen anbieten können. Aktuell zeigen die Erfahrungen, dass die Reparatur eines Produktes aufgrund der Kosten für Anfahrt und Arbeitsstunden teilweise den finanziell akzeptablen Rahmen für Verbraucher überschreiten. Insofern sollten die Anreizsysteme von den Mitgliedstaaten in jedem Fall möglichst zeitnah aufgebaut werden.

Wie geht es weiter? Initiativkreis Reparaturen im Handel

Sowohl der Rat der EU als auch das Europaparlament müssen den Rechtsakt nunmehr formal annehmen.

DER MITTELSTANDSVERBUND nimmt den gefundenen Kompromiss zum Anlass, interessierte Verbundgruppen zu einer weiteren Sitzung des Initiativkreises Reparaturen im Handel einzuladen. Der Initiativkreis wird am 13. März 2024 um 9.30 Uhr stattfinden und ist für zwei Stunden geplant. Neben der detaillierten Vorstellung der neuen Vorschriften sind Darstellungen von Best Practices im Bereich der Reparaturleistungen sowie Einschätzungen mit Blick auf die Auswirkungen für das Geschäft der mittelständischen Händler mehr als willkommen!

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