Leak enthüllt Pläne der Kommission gegen Greenwashing: Vertrauen der Verbraucher stärken und Unternehmen mehr zur Verantwortung ziehen

In den kommenden Wochen will die EU-Kommission einen Vorschlag gegen falsche Umweltaussagen von Unternehmern, sogenannte „Green Claims“, vorlegen. Ein bislang unveröffentlichter Vorschlag der Europäischen Kommission enthüllt Pläne für ein Überprüfungs- und Sanktionssystem sowie die Überarbeitung und Etablierung der Product Environmental Footprint-Methode in vielen Sektoren.

Brüssel, 02.02.2023 – Mit der Green Claims Initiative im Rahmen des Green Deal sollen Behauptungen über die Nachhaltigkeit eines Produktes zukünftig zuverlässiger, klarer und spezifischer sein und einheitliche Anforderungen für Unternehmen bieten. 

Derzeit existieren in der EU mehr als 200 aktive Umwelt-Labels. Viele stützen sich auf unterschiedliche Messungen und Methoden. Das führt nach Ansicht der EU-Gesetzgeber zur Verunsicherung der Verbraucher und teilweise zu unfairem Wettbewerb.

Was sind Green Claims?

Green Claims sind Angaben auf Produkten, die umweltbezogene Indikatoren darstellen. Aussagen wie „CO2-Neutral“, „plastikfrei“ oder „klimaneutral“ informieren, wie sich ein Produkt auf das Klima oder die Umwelt auswirkt.

Was schlägt die Kommission vor?

Ein zentraler Punkt im Vorschlag der Kommission wird die Arbeit an der Weiterentwicklung der PEF-und OEF-Methode (Product Environmental Footprint- und Organisation Environmental Footprint-Methode) sein. Die PEF-Methode berechnet die Umwelt- und Gesundheitsauswirkungen eines Produkts während seiner gesamten Lebensdauer, wie beispielsweise der CO2-Ausstoß während des gesamten Produktionsprozesses.

Produktkategorieregeln, die auf Grundlage der PEF-Methode erarbeitet werden und zur besseren Bewertung der Umweltauswirkungen in Produktlebenszyklusphasen beitragen sollen, sind die PEFCR (Product Environmental Footprint Category Rules).

Die Kommission möchte mit diesen Regeln einheitlich, vergleichbar und standardisiert im ganzen Binnenmarkt den Umweltfußabdruck einer spezifischen Produktgruppe berechnen können. 16 Umweltauswirkungen, beispielsweise in den Bereichen Klimawandel, menschliche Gesundheit (wie Krebsrisiko) und Gewässer sollen betrachtet werden können. Green Claims, die unterhalb der Grenze der Maßstäbe dieser Regeln liegen, sollen zukünftig untersagt sein.

Aus dem OEF, der Bewertungen der Umweltleistungen für Unternehmen und Organisationen ermöglicht, sollen Organisation Environmental Footprint Sector Rules (OEFSRs) entwickelt werden. Sie arbeiten nicht mit Maßstäben, sondern mit Indikatoren und identifizieren u.a. die relevantesten Umwelteinflüsse für das Produktportfolio eines Unternehmens oder einer Organisation.

Die beiden neuen Methoden wurden in den letzten Jahren getestet, werden innerhalb der nächsten Monate weiter Gestalt annehmen und können durch delegierte Rechtsakte etabliert werden. Die EU-Kommission hat bereits besonders relevante Produktgruppen identifiziert: Bekleidung, Meeresfische, Kunstrasen, Schnittblumen, Topfpflanzen und flexible Verpackungen.

EU-Mitgliedsstaaten sollen zukünftig dafür zuständig sein, ein System zur Überprüfung von Green Claims einzurichten, unabhängige Prüfstellen zu ernennen und auch Möglichkeiten schaffen, Unternehmen zu sanktionieren, die falsche oder intransparente Green Claims tätigen. Sanktionen werden auf der Grundlage gemeinsamer Kriterien mit den Mitgliedsstaaten erarbeitet, indem die Art und Schwere des Verstoßes mit dem daraus resultierenden wirtschaftlichen Nutzen und den potenziellen Umweltschäden abgewogen wird.

Auch Anforderungen an Umweltlabels werden gestellt, wie beispielsweise, dass sie ein Beschwerde- und Streitbeilegungsmechanismus bereitstellen müssen. Die Kommission plant außerdem, Marktaufsichtsbehörden zu stärken und umweltfreundliche Angaben auf Produkten zu verbieten, wenn in einer Produktlebenszyklusphase eine positive Umweltperformanz verzeichnet werden kann, aber in einer anderen Produktlebenszyklusphase jedoch eine negative Auswirkung zu erwarten ist. Ein herausstechender Punkt des Vorschlags ist zudem, dass ein „Naming und Shaming“ von Unternehmen geplant ist, die gegen Regeln verstoßen. 

Es ist zu begrüßen, dass durch den Vorschlag der Kommission für Unternehmen einheitliche Bedingungen und Sanktionen für Green Claims geschaffen werden sollen. Diese könnten tatsächlich zu einem Level Playing Field führen.

Die Verpflichtungen, die auf der Basis von PEF und OEF beruhen, würden allerdings weitere Sorgfaltspflichten für kleine und mittelständische Unternehmen bei der Nachverfolgung der Wertschöpfungskette bedeuten. Finale Anforderungen und zulässige Arten der Kommunikation bleiben bis zur offiziellen Veröffentlichung abzuwarten.

Erhöhte Kosten und zusätzlicher Zeitaufwand für Verbundgruppen sind zu erwarten, da sie sich zusätzlich zu den anderen aktuellen Vorhaben der EU nun die Expertise und Ressourcen zur Implementierung der neuen Methoden und Regeln der Green-Claims Initiative aneignen werden müssen. Einige Verbraucherorganisationen finden zudem, dass die PEF-Methode Verbrauchern ein unvollständiges Bild von den Auswirkungen eines Produkts auf die Umwelt vermittelt. Ein abschließendes Bild ist daher auch unter Hinzunahme von Nicht-Regierungs-Organisationen nicht realistisch. Angesichts der Komplexität der Wertschöpfungsketten und der aktuellen Herausforderungen für Unternehmen sollten daher zunächst grundlegende Fragen geklärt werden, um die mittelständische Wirtschaft nicht auf einer unklaren und umstrittenen Tatsachengrundlage unverhältnismäßig zu belasten.

DER MITTELSTANDSVERBUND wird die weiteren Verhandlungen zu einer Green-Claims-Richtlinie und zur Umsetzung der Kommunikation von Green Claims verfolgen und die Interessen des Mittelstands vertreten und wird sich dafür einsetzen, dass Unternehmen unter fairen Wettbewerbsbedingungen das Vertrauen ihrer Kunden in ihre Produkte sichern können und keine übermäßigen Lasten auf Verbundgruppen zukommen.

Seite drucken

Ansprechpartner

Tim GeierDER MITTELSTANDSVERBUND
Tim Geier Geschäftsführer Büro Brüssel Mehr Infos
DER MITTELSTANDSVERBUND
E-Mail schreiben
Zurück zur Übersicht