Neue steuerliche Meldepflichten für Plattformbetreiber – auch der kooperierende Mittelstand ist betroffen

Der Bundestag hat die Umsetzung der europäischen „DAC 7-Richtlinie“ in nationales Recht beschlossen. Damit kommen auf die Betreiber von zahlreichen digitalen Plattformen neue steuerliche Meldepflichten zu: Sie müssen künftig jährlich Identität und Tätigkeiten der registrierten Nutzer an das Bundeszentralamt für Steuern melden. Verbundgruppen, die Plattformen betreiben, müssen mit zusätzlichem bürokratischem Aufwand rechnen.

Berlin, 21.11.2022 – Am 10. November 2022 hat der Bundestag – als Teil eines umfangreicheren Gesetzgebungsverfahrens – ein neues „Plattformen-Steuertransparenzgesetz“ (PStTG) beschlossen, das zusätzliche steuerliche Meldepflichten für die Betreiber von digitalen Plattformen vorsieht. Dies geht auf eine europäische Richtlinie (DAC 7) zurück, die den Informationsaustausch der Finanzbehörden in den EU-Mitgliedstaaten verbessern soll. Die Umsetzung in deutsches Recht ist allerdings hinsichtlich des Geltungsbereichs der steuerlichen Meldepflichten missglückt: Somit sind nicht nur große internationale Plattformen wie z.B. Amazon betroffen, sondern auch viele von Verbundgruppenzentralen betriebene Plattformen – auch wenn sich diese hinsichtlich der dort registrierten Anbieter und Nutzer deutlich unterscheiden.

Breite Plattform-Definition

Im Fokus des Gesetzes steht erklärtermaßen das Ziel, insbesondere solche Einkünfte der Besteuerung zu unterwerfen, die mittels ausländischer digitaler Plattformen erzielt werden – denn bei diesen vermutet der Gesetzgeber mangelnde steuerliche Transparenz. Gleichwohl fallen die Definitionen des Gesetzes, was als Plattform gilt und für welche Plattformen entsprechende Meldepflichten gelten, sehr breit aus. So wird eine Plattform in § 3 PStTG als jedes auf digitalen Technologien beruhende System definiert, das es Nutzern ermöglicht, über das Internet mittels einer Software miteinander in Kontakt treten und Rechtsgeschäfte abzuschließen – sofern sie auf die Erbringung relevanter Tätigkeiten gemäß § 5 durch Anbieter für andere Nutzer oder auf die Erhebung und Zahlung einer mit einer relevanten Tätigkeit zusammenhängenden Vergütung gerichtet sind. Lediglich in bestimmten Fällen handelt es sich nicht um eine Plattform im Sinne des Gesetzes: nämlich dann, wenn die Software der Plattform ausschließlich die Verarbeitung von Zahlungen im Zusammenhang mit einer relevanten Tätigkeit, das Auflisten einer relevanten Tätigkeit bzw. Werbung für eine relevante Tätigkeit durch Nutzer oder die Umleitung/Weiterleitung von Nutzern auf eine Plattform ermöglicht. In allen Fällen, in denen die Plattform unmittelbar dem Online-Handel dient, dürfte ein Plattformbetreiber – sofern er einen Sitz oder eine Betriebsstätte im Inland hat – hingegen meldepflichtig sein. Somit unterbleibt im Gesetz eine Unterscheidung zwischen kleineren, vorwiegend in Deutschland tätigen Plattformen – wie sie z.B. von Verbundgruppenzentralen betrieben werden – und solchen internationalen Plattformen, bei denen tatsächlich mangelnde Steuertransparenz unterstellt werden könnte.

Kaum Ausnahmen bei den Meldepflichten

Auch die Definitionen für Nutzer und Anbieter auf Plattformen (§ 4) sind weitgehend: Ein Nutzer ist dabei jede natürliche Person oder jeder Rechtsträger, die oder der eine Plattform in Anspruch nimmt. Nutzer ist allerdings nicht der Plattformbetreiber. Ein Anbieter ist jeder Nutzer, der zu irgendeinem Zeitpunkt im Meldezeitraum auf einer Plattform registriert ist und eine relevante Tätigkeit anbieten kann. Die relevanten Tätigkeiten gemäß § 5 konkretisieren die vorherigen Ausführungen zu Plattformen. Als relevante Tätigkeiten gelten die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen, die Erbringung persönlicher Dienstleistungen, der Verkauf von Waren sowie die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln. Eine Einschränkung wird hingegen an dieser Stelle definiert: Eine relevante Tätigkeit ist demnach nicht die Tätigkeit eines Anbieters, der als nichtselbständig Beschäftigter des Plattformbetreibers oder eines mit dem Plattformbetreiber verbundenen Rechtsträgers handelt. Der Begriff des verbundenen Rechtsträgers ist an dieser Stelle nicht ganz eindeutig. Es ist allerdings im Grundsatz nicht davon auszugehen, dass ein Mitgliedschaftsverhältnis wie es zwischen Anschlusshäusern (als möglichen Nutzern bzw. Anbietern auf Plattformen der Verbundgruppenzentralen) und Verbundgruppe besteht, in diesem Sinne verstanden werden sollte.

Registrierungs- und Meldepflicht ab 2023

Plattformbetreiber müssen sich nach Eintreten der Meldepflicht – also voraussichtlich ab dem 1. Januar 2023 – beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) registrieren (§ 11). Sofern der Nachweis erbracht wird, dass die Plattform nicht von meldepflichtigen Anbietern in Anspruch genommen wird, besteht die Möglichkeit, sich freistellen zu lassen. Die eigentliche Meldepflicht gilt regelmäßig: Plattformbetreiber im Sinne des Gesetzes müssen die meldepflichtigen Informationen jährlich bis zum 31. Januar eines Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem ein Anbieter als meldepflichtiger Anbieter identifiziert worden ist, an das BZSt übermitteln. Das BZSt soll die aus dem In- und Ausland gemeldeten Angaben zu inländischen Anbietern anschließend die Finanzbehörden weiterleiten.

Die Meldepflicht der Plattformbetreiber umfasst eine Reihe meldepflichtiger Informationen (§ 13): Zunächst müssen Angaben zu Namen, Anschrift und Steueridentifikationsnummer des Plattformbetreibers gemacht werden. Die erforderlichen Informationen zu den meldepflichtigen Anbietern umfassen darüber hinaus insbesondere Angaben zu Finanzkonten des Anbieters, sofern sie dem Plattformbetreiber bekannt sind; Mitgliedstaaten, in denen der Anbieter tätig ist; jegliche Gebühren, Provisionen und Steuern, die der Plattformbetreiber in jedem Quartal des Meldezeitraums einbehalten hat; die insgesamt in jedem Quartal gezahlte oder gutgeschriebene Vergütung; die Zahl der relevanten Tätigkeiten, für die in jedem Quartal eine Vergütung gezahlt oder gutgeschrieben wurde. Damit sind die steuerlichen Meldepflichten sehr umfassend und können je nach Anzahl der meldepflichtigen Anbieter einen hohen Aufwand nach sich ziehen.

Umsetzung der Meldepflicht schießt über das Ziel hinaus

Der MITTELSTANDSVERBUND hatte sich bereits mit einer Eingabe zum Referentenentwurf des Gesetzes an das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gewandt und dabei den großen Aufwand gerade für kleinere Plattformbetreiber kritisiert. Die grundlegende Zielsetzung hinter der DAC 7-Richtlinie und dem PStTG, für mehr Steuertransparenz insbesondere bei großen, internationalen Plattformen zu sorgen, ist zwar sinnvoll. Allerdings schießt die Umsetzung mit ihrer sehr breiten Plattform-Definition weit über dieses Ziel hinaus. So kommen auch auf Betreiber kleinerer Plattformen sehr umfangreiche Meldepflichten zu, obwohl sich diese Plattformen hinsichtlich Anzahl und Art ihrer Nutzer wesentlich von den großen Plattformen unterscheiden. So sind etwa die Plattformen der Verbundgruppenzentralen in der Regel nicht für alle Nutzer geöffnet, sondern akzeptieren lediglich Anschlusshäuser als registrierte Anbieter. In diesen Fällen sind aber deren Identität, Tätigkeiten und Vergütungen ohnehin schon hinreichend bekannt und steuerlich erfasst. Daher sorgen die zusätzlichen Meldepflichten hier für substanziellen und in der Sache völlig überflüssigen Bürokratieaufwand. Sie bieten der Finanzverwaltung keinerlei neue Erkenntnisse.

Auch wenn die deutliche Kritik des DER MITTELSTANDSVERBUNDES während des parlamentarischen Verfahrens im Bundestag letztendlich keine Berücksichtigung fand, müssen die Chancen ausgelotet werden, im Bundesrat den aus Sicht des Mittelstands ungerechtfertigten Meldepflichten Einhalt zu gebieten. Gerade in Krisenzeiten wie diesen muss alles darangesetzt werden, Bürokratiekasten von mittelständische Unternehmen fernzuhalten.

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