Bundeskabinett beschließt Integrationsgesetz

Das Bundeskabinett hat am 25. Mai den Entwurf eines Integrationsgesetzes und die Verordnung zum Integrationsgesetz beschlossen.

Berlin, 02.06.2016 – Gegenüber den Referentenentwürfen des Bundesarbeitsministeriums (Integrationsgesetz) und des Bundesinnenministeriums (Verordnung zum Integrationsgesetz), haben sich einige Veränderungen ergeben.

Interessant sind besonders die folgenden Punkte:

Vorrangprüfung

Die Vorrangprüfung soll für einen Zeitraum von drei Jahren für Beschäftigungen in noch festzulegenden Agenturbezirken der Bundesagentur für Arbeit (BA) unter Berücksichtigung der Arbeitsmarktsituation in den Ländern ausgesetzt werden. In diesen Fällen wird auch die Beschäftigung in der Zeitarbeit möglich sein, wenn der Einsatzort in einem dieser Agenturbezirke liegt. Es wird also nicht mehr auf die unterdurchschnittliche Arbeitslosenquote, sondern allgemein auf die Arbeitsmarktsituation im jeweiligen Bundesland abgestellt. Allerdings soll die Arbeitsmarktsituation in den Ländern insbesondere anhand der Arbeitslosenquote beurteilt werden. Die Festlegung der Agenturbezirke soll unter Beteiligung der Länder erfolgen.

Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES ist die Beschränkung dieser Erleichterung auf bestimmte Arbeitsagenturbezirke unpräzise, bürokratisch und intransparent. Es ist nicht klar, nach welchen Kriterien die Agenturbezirke der Bundesagentur für Arbeit (BA) in der Anlage aufgenommen werden sollen. Die Regelung ist sehr kompliziert und wird in der Praxis zu einer Verlangsamung der Prozesse führen. Eine effektive und leicht zu administrierende Erleichterung setzt eine flächendeckende Abschaffung der Vorrangprüfung voraus.

"Arbeitsgelegenheiten" für Asylbewerber

Bei den öffentlich geförderten Arbeitsgelegenheiten soll die BA im Rahmen eines Bundesprogramms auf entsprechenden Antrag der Träger die Einsatzorte und die konkreten Beschäftigungsmöglichkeiten für Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen genehmigen. Die Erbringung und Durchführung der Maßnahmen soll in der Verantwortung der Träger liegen. Die Auswahl der geeigneten Teilnehmer soll vor Entscheidung über die Zuweisung mit den Trägern der Flüchtlingsintegrationsmaßnahme abgestimmt werden. Diese Maßnahmen sind nach dem Gesetzentwurf nicht zumutbar insbesondere dann, wenn die leistungsberechtigte Person eine Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, eine Berufsausbildung oder ein Studium aufnimmt oder aufgenommen hat. Die weitere Ausgestaltung dieser Maßnahmen soll in einem Arbeitsmarktprogramm des Bundes geregelt werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND fordert hier, dass auf lokaler bzw. regionaler Ebene sichergestellt wird, dass nur "zusätzliche Tätigkeiten" mit Arbeitsgelegenheiten belegt werden. Hier ist der regionale Arbeitsmarkt besonders zu berücksichtigen. Klar beschrieben werden muss auch, dass diese Arbeitsgelegenheiten nachrangig zu anderen Maßnahmen, insbesondere Sprachfördermaßnahmen, sind.

Spracherwerb

Um den frühzeitigen Spracherwerb zu fördern, soll der Anspruch auf Teilnahme am Integrationskurs statt auf zwei Jahre auf ein Jahr befristet werden. Eine Ausnahme ist vorgesehen, wenn die Anmeldung von den Anspruchsberechtigten aus von ihnen nicht zu vertretenden Gründen nicht innerhalb der Frist erfolgen konnte.

Die Förderung eines frühzeitigen Spracherwerbs ist aus Sicht des Mittelstandes ausdrücklich zu begrüßen. Allerdings kann eine Befristung des Anspruchs auf Teilnahme am Integrationskurs auf ein Jahr statt auf zwei Jahre ohne die Sicherstellung von ausreichenden Kapazitäten für die Integrationskurse ihr Ziel verfehlen. Zudem müssen die Teilnehmer den Kursen zugewiesen werden können und das Verfahren insgesamt effizient ausgestaltet werden, damit auch in der Praxis flächendeckend sichergestellt ist, dass die Anspruchsberechtigten den Integrationskurs durchlaufen können.

Asylverfahren

Das Asylgesetz wird mit dem Ziel geändert, die Prozesse im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) effizienter zu machen. Die Änderungen bezwecken u. a. die Flexibilisierung der Einrichtung von Außenstellen sowie die Schaffung der Möglichkeit, freie Kapazitäten bei anderen Außenstellen des BAMF für die Antragsstellung zu nutzen. Die bisherige Unterscheidung zwischen Asylsuchenden, die unerlaubt aus einem sicheren Drittstaat einreisen und anderen Asylsuchenden wird im Hinblick auf die Frage, ab wann eine Aufenthaltsgestattung als erteilt gilt, aufgegeben. Die Aufenthaltsgestattung entsteht künftig grundsätzlich einheitlich mit Aus-stellung des Ankunftsnachweises.

Die Änderungen des Asylgesetzes bewertet DER MITTELSTANDSVERBUND insgesamt positiv. Insbesondere die Klarstellung, dass die Aufenthaltsgestattung grundsätzlich mit der Ausstellung des Ankunftsnachweises entsteht, ist wichtig: Aufgrund der hohen Zahl der Asylsuchenden weicht die Zeit zwischen Asylgesuch und Antragstellung derzeit oft deutlich von der gesetzlichen Regelung ab, nach der die Antragstellung spätestens zwei Wochen nach Äußerung des Asylgesuchs erfolgen muss. Dies hat dazu geführt, dass insbesondere der Arbeitsmarktzugang teilweise erst zu einem deutlich nach dem Asylgesuch liegenden Zeitpunkt entstehen konnte. Durch diese Klarstellung hinsichtlich der Entstehung der Aufenthaltsgestattung wird dieser Situation ein Ende bereitet.

Orientierungsangebote für Asylbewerber ohne gute Bleibeperspektive

In der Erklärung der Bundesregierung vom 25. Mai zur Integration kündigt die Bundesregierung zudem an, auch für die Zielgruppe der Asylbewerber ohne gute Bleibeperspektive ein Orientierungsangebot zunächst als Pilotprojekt in der zweiten Jahreshälfte 2016 zu schaffen. Ausgeschlossen sollen auch hier Personen bleiben, die aus einem sicheren Herkunftsland stammen. Dieses Orientierungsangebot wird in der Erklärung nicht näher konkretisiert und ist im bisherigen Integrationsgesetz noch nicht vorgesehen.

Diese Angebote können nach Ansicht des MITTELSTANDSVERBUNDES sinnvoll sein, da eine erhebliche Zahl an Flüchtlingen nicht aus den vier Ländern stammt, die derzeit als "hohe Bleibeperspektive" eingestuft sind (Syrien, Irak, Iran, Eritrea), viele davon im Ergebnis aber dennoch den Schutzstatus zuerkannt bekommen. Da Versäumnisse bei der Integration nicht rückgängig gemacht werden können, ist es sinnvoll, mit entsprechenden Orientierungsangeboten frühzeitig den Grundstein für eventuell darauf aufbauende Integrationsangebote im Falle der Anerkennung zu legen. Dies gilt insbesondere für eine grundlegende Basissprachförderung oder auch Angebote zur Werteorientierung. Selbst bei Menschen, deren Antrag abgelehnt wird und die in das Herkunftsland zurückkehren werden, sind solche Investitionen nicht umsonst.

DER MITTELSTANDSVERBUND spricht sich weiterhin insbesondere für eine flächendeckende Abschaffung der Vorrangprüfung, für eine restriktive, für den allgemeinen Arbeitsmarkt unschädliche Behandlung der Arbeitsgelegenheiten für Asylbewerber sowie für einen deutlich vereinfachten Zugang zu Leistungen der Ausbildungsförderung ab Abschluss eines Ausbildungsvertrages aus.

Die erste Lesung des Integrationsgesetzentwurfes im Bundestag wird voraussichtlich am 2. Juni und die zweite und dritte Lesung am 7. Juli stattfinden.

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