Flüchtlingsdebatte: Bildung groß geschrieben

Der Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDES, Wilfried Hollmann, mahnt zu verantwortlicher Haltung nach den Terroranschlägen.

Berlin, 16.11.2015 — Auch wenn der Schock über die abscheulichen Geschehnisse in der französischen Hauptstadt am Rande eines Freundschaftsspiels benachbarter Fußball-Nationalmannschaften noch tief sitzt, zu voreiligen und falschen Schlüssen in der Flüchtlingsdebatte darf das nicht verleiten.

MITTELSTANDSVERBUND-Präsident Wilfried HollmannDer Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDES, Wilfried Hollmann, ließ daran keinen Zweifel: "Nichts und niemand darf uns von dem Kurs der aktiven Hinwendung zu Verfolgten und Notleidenden abbringen, schon gar nicht deren Peiniger!" sagte Hollmann am 16. November in Berlin.

Terror wie in der französischen Hauptstadt sei in den Herkunftsstädten der meisten Neuankömmlinge Alltag. Ihnen deshalb nun mit Ressentiments entgegen zu treten, sei nicht nur ungerechtfertigt sondern widersinnig. Gefragter denn je seien allerdings schnellere Registrierungen, kürzere Bearbeitungszeiten von Asylanträgen und eine zügigere Vermittlung von Praktika und sonstigen Betätigungsmöglichkeiten. Die auf Dauer aber wichtigste Integrationsmaßnahme sei die Bereitstellung vielfältiger Angebote zur Schul- und Berufsausbildung.

Sehr wohl müssten aktuell einige Fragen geklärt werden, wie sie etwa der Geschäftsführer der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg, Bernd Becking, bei der Vorabendveranstaltung der Zusammenkunft des DIHK-Handelsausschusses am 12. November aufzeigte. Aktuell kenne man beispielsweise weder die genaue Zahl der Flüchtlinge in Deutschland, noch immer deren Aufenthaltsort. Im Januar werde das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) personell aufgestockt, danach erwarte man eine gewisse Entspannung der Lage.

Bernd Becking, Geschäftsführer operativ der Regionaldirektion
Berlin-Brandenburg der Agentur für Arbeit:
„Wir müssen das Thema Zuwanderung vor allem gesellschaftspolitisch angehen.
Bildung ist dabei ein zentraler Schlüssel. Unsere Bildungssysteme müssen so weiterentwickelt werden, dass niemand auf der Strecke bleibt und der soziale Frieden gesichert ist.“

Die pragmatische Lösung, 100.000 Deutschkurse aus den Mitteln der Bundesagentur in 2015 zu finanzieren, sei sinnvoll, aber nur kurzfristig möglich. Die Fortführung der Finanzierung von Deutschkursen ab 2016 müsse ordnungspolitisch aus Steuermitteln erfolgen, eine Entscheidung stehe aber noch aus. Während Flüchtlinge aus Iran, Irak, Syrien und Eritrea, den Ländern mit der höchsten Anerkennungswahrscheinlichkeit im Asylverfahren, bei entsprechender Qualifikation bereits vor Abschluss des Verfahrens zur Vermittlung an die Arbeitsagenturen weitergeleitet werden, ergeben sich erhebliche behördliche Belastungen durch Ankommende aus anderen Ländern ohne entsprechende Bleibeperspektive, die bei Ablehnung des Asylverfahrens die Instanzen für den Widerspruch bemühen.

Was den Arbeitsmarkt betreffe, seien die Flüchtlinge grundsätzlich sehr motiviert, viele aber körperlich und psychisch durch die Erlebnisse stark beeinträchtigt, teils gerade auch aus Sorge um die zurück gebliebene Familie. Auch Becking machte sich für eine Forcierung der Bildung stark. Nur rund 20 Prozent der Flüchtlinge habe eine befriedigende Schul- und Berufsausbildung.

Dennoch werde es eine große Herausforderung sein, die geringer Qualifizierten etwa an eine dualeBerufsausbildung heranzuführen. Diese Art der beruflichen Qualifizierung sei in den Herkunftsländern völlig unbekannt und werde deshalb beispielsweise gegenüber einem Studium als geringer wertig betrachtet. Hier müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden. Auch gelte es, gerade die Frauen in Schulen und Ausbildung zu bekommen, da ihnen die maßgebliche Rolle zur Integrationsbegleitung der Kinder zuteilwerde.

Weitere Informationen:

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