Lohngerechtigkeit à la Schwesig - nein danke

Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, hat das Bundesfamilienministerium nun den Referentenentwurf zu einem Lohngerechtigkeitsgesetz (Entgelttransparenzgesetz) veröffentlicht. DER MITTELSTANDSVERBUNDES kritisiert das Vorhaben.

Berlin, 17.12.2015 - Bundesfamilienministerin Schwesig hat am 9.12.2015 die Eckpunkte zu einem Lohngerechtigkeitsgesetz (Entgelttransparenzgesetz) veröffentlicht, kurz darauf folgte der Referentenentwurf. Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES geht sie damit nicht nur weit über die Vorgaben des Koalitionsvertrages hinaus sondern liefert ein neues Beispiel für die Bürokratieverliebt der Koalition. Jedoch gibt es bereits erste Stimmen aus der Union, die die vorgeschlagenen Regelungen zurecht stutzen möchten.

Das geplante Gesetz soll Folgendes enthalten:

  1. Regelung des Entgeltgleichheitsgebots, Zusammenfassung geltender Rechtsgrundsätze und Definition zentraler Begriffe (gleichwertige Arbeit, Entgelt) nach EU-rechtlichen Grundsätzen sowie der Aufgaben von Arbeitgebern, Tarifvertragsparteien und betrieblichen Interessenvertretungen
  2. Festlegung eines individuellen Auskunftsanspruchs für Beschäftigte in Privatwirtschaft und öffentlichem Dienst (Ausnahme: Beamte der Länder und Kommunen
  3. Einführung einer Pflicht für Teile der Bundesverwaltung und Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten zur Durchführung betrieblicher Verfahren zur Überprüfung und Herstellung von Entgeltgleichheit. Diese Verfahren sollen von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes zertifiziert werden.
    Geplant ist auch die Einführung einer Berichtspflicht für diese Unternehmen über Frauenförderung und Entgeltgleichheit
  4. Auch in kleineren Unternehmen kann der Betriebsrat die Durchführung eines betrieblichen Prüfverfahrens verlangen, sofern bei individuellen Auskunftsverlangen sich Anhaltspunkte für eine geschlechtsspezifische Benachteiligung ergeben.
  5. Stärkung und Sensibilisierung des Betriebsrats in Bezug auf die Gleichstellung und das Entgeltgleichheitsgebot durch eine Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes
  6. Bei Stellenausschreibungen ist künftig das vorgesehene Mindestentgelt anzugeben, ebenso seine eventuelle Bereitschaft, über diesen Betrag hinaus Entgelt zu zahlen. Diese Regelung ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen.
  7. Vereinbarungen, die es Beschäftigten verbieten, Auskunft über das eigene Arbeitsentgelt zu geben, sind nichtig. Diese Regelung ist im Koalitionsvertrag ebenfalls nicht vorgesehen.

DER MITTELSTANDSVERBUND kritisiert den Referentenentwurf als fern jeder Praxis. Er schafft jede Menge neue Bürokratie und geht meilenweit über den Koalitionsvertrag hinaus. Der Koalitionsvertrag sieht weder die jetzt geplante Pflicht zur Durchführung betrieblicher Entgeltanalyseverfahren noch Verschiebungen der Beweislast zum Nachteil der Arbeitgeber oder eine Ausweitung der betrieblichen Mitbestimmungsrechte vor. Das Gleiche gilt für die Verpflichtung, in Stellenangeboten ein Mindestentgelt anzugeben, und das Verbot, in Gehaltsfragen Vertraulichkeit zu wahren.

Es ist nicht nachvollziehbar, warum das Gesetz sogar für tarifgebundene Unternehmen gelten soll. Tarifverträge gewährleisten eine diskriminierungsfreie Entlohnung. Sie beschreiben die Eingruppierung und Vergütung von Tätigkeiten personenunabhängig, geschlechtsneutral und anhand objektiver arbeitswissenschaftlicher Kriterien, z. B. anhand der für die Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse. Sie sind bester Garant für die Einhaltung der Grundsätze von gleichem Entgelt für gleiche Arbeit.

Die Gesetzespläne gehen an den Ursachen der gesamtwirtschaftlich bestehenden Entgeltunterschiede von Männern und Frauen vorbei. Diese beruhen nachweislich vor allem auf dem unterschiedlichen Erwerbsverhalten von Männern und Frauen und nicht auf fehlender Entgelttransparenz. Die bereinigte Lohnlücke, die das unterschiedliche Erwerbsverhalten von Frauen und Männern berücksichtigt, beträgt daher auch nur 2 %.

Das Gesetz ist der erste Testfall für die neue „one in, one out“-Regel. Wenn die Bundesregierung ihr Versprechen ernstnimmt, dass keine neue Bürokratie eingeführt werden darf, ohne in gleichem Umfang Bürokratie abzubauen, dürfen diese Gesetzespläne nicht weiter verfolgt werden, denn dieser Gesetzentwurf besteht fast nur aus neuer Bürokratie. Dies gilt insbesondere für die verpflichtenden Entgeltüberprüfungsverfahren, die Berichtspflichten und den Auskunftsanspruch. Die Personalabteilungen würden ohne Mehrwert mit der Ermittlung und Aufbereitung von Daten befasst.

Die Eckpunkte sehen entgegen dem Koalitionsvertrag Änderungen im Kernbereich der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats vor. Nach dem Wortlaut der Eckpunkte sollen die Mitbestimmungsrechte bei der betrieblichen Lohngestaltung ergänzt werden. Solche substantiellen Veränderungen im Bereich der Mitbestimmung sind völlig inakzeptabel.

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