Schwerbehindertenvertretung: BMAS plant Verschärfung

Die Schwellenwerte für die Freistellung der Vertrauensperson sowie die Heranziehung der Stellvertreter sollen gesenkt werden.

Berlin, 24.3.2016 — Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) plant gesetzliche Änderungen bei der Schwerbehindertenvertretung. Dazu sollen unter anderem Schwellenwerte gesenkt werden.

Im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist vorgesehen, das ehrenamtliche Engagement der Schwerbehindertenvertretungen "anzuerkennen und zu stärken", ohne dieses Vorhaben näher zu erläutern. Die behindertenpolitischen Sprecher von CDU/CSU- und SPD-Fraktion, hatten dazu den Entwurf eines Antrags zur Stärkung der Schwerbehindertenvertretung erarbeitet. Diese Initiative war nach Widerstand innerhalb der CDU/CSU-Fraktion zunächst gestoppt worden.

Nun hat das Bundesarbeitministerium das Thema aufgegriffen und will im Rahmen des geplanten Bundesteilhabegesetzes auch eine Reform der Schwerbehindertenvertretung verabschieden. DER MITTELSTANDSVERBUND informiert über die Pläne des Ministeriums:

Absenkung der Schwellenwerte für die Freistellung der Vertrauensperson

Der Schwellenwert soll von derzeit 200 schwerbehinderten Menschen im Betrieb auf 100 gesenkt werden. Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES ist eine Neuregelung, die weitere Freistellungen vorsieht, nicht nur unsystematisch, sondern schafft Doppelstrukturen und neue Bürokratie. Denn die Freistellungen des Betriebsrats erfolgen auch zugunsten der Schwerbehinderten.

Veränderung der Staffelung der Schwellenwerte für die Heranziehung der Stellvertreter

In größeren Betrieben sollen mehr Stellvertreter herangezogen werden können, als die derzeit maximal möglichen zwei. Auch dieses Vorhaben stößt beim Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes auf Kritik, denn eine Erhöhung der Anzahl der Stellvertreter würde die Schwerbehindertenvertretung zu einem zweiten Mitbestimmungsorgan neben dem Betriebsrat aufwerten. Die geltende gesetzliche Regelung ist ausreichend.

Einführung eines Anspruches auf Unterstützung durch Bürokräfte

Hierfür plant das BMAS ebenfalls eine gesetzliche Regelung. Die Schwerbehindertenvertretung kann jedoch bereits heute die Räume und sonstigen Hilfsmittel nutzen, die der Arbeitgeber dem Betriebsrat für dessen Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung zur Verfügung stellt, soweit ihr hierfür nicht eigene Räume und sachliche Mittel zur Verfügung gestellt werden. Eine sachgerechte Ausstattung ist damit gewährleistet. Eine darüber hinausgehende Ausstattung wäre nicht verhältnismäßig.

Ausweitung des Fortbildungsanspruchs für stellvertretende Vertrauenspersonen

Die geltende Einschränkung, dass ein Stellvertreter nur bei ständiger Heranziehung und häufiger Vertretung der Vertrauensperson auf längere Zeit oder absehbarem Nachrücken in das Amt einen Anspruch auf Fortbildung hat (§ 96 Abs. 4 Satz 4 SGB IX) soll wegfallen. DER MITTELSTANDSVERBUND beurteilt die heutige Einschränkung als sachgerecht. Es ist nicht ersichtlich, warum ein Stellvertreter auf Kosten des Arbeitgebers Fortbildungen durchführen soll, wenn er sein Amt praktisch nicht ausübt.

Insgesamt ist festzuhalten, dass mehr Freistellungen und mehr Sachmittel in erster Linie mehr Kosten und mehr Bürokratie bedeuten. Damit ist den Schwerbehinderten, ihren Vertretungen und den Unternehmen nicht geholfen. Es besteht vielmehr die Gefahr, dass sich ein zweites "Mitbestimmungsorgan" neben dem Betriebsrat etabliert. Dadurch können Konflikte in die Belegschaft getragen werden.

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