Sonn- und Feiertagsarbeit: Erlass einer Gemeinwohlverordnung abgelehnt

Vor drei Jahren hatte das Bundesverwaltungsgericht über die hessische „Bedarfsgewerbeverordnung“ entschieden und damit Sonntagsarbeit unter anderem in Callcentern untersagt. Seither wird zwischen Bund und Ländern eine politische Lösung dieses Problems diskutiert.

Berlin, 28.11.2017 – Als Reaktion auf das Urteil des BVerwG zur teilweisen Nichtigkeit der hessischen Bedarfsgewerbeverordnung hatte die Konferenz der Arbeits- und Sozialminister (ASMK) das Bundesarbeitsministerium (BMAS) gebeten, den Erlass einer Gemeinwohlverordnung zu telefonischen Beratungs- und Dienstleistungen an Sonn- und Feiertagen zu prüfen, um telefonische und elektronische Dienstleistungen im bisher geregelten Umfang weiterhin zu ermöglichen. Dazu hatte das Bundesarbeitsministerium eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingesetzt. Eine solche Verordnung auf Grundlage von § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. c ArbZG (Arbeitszeitgesetz) ist möglich aus Gründen des Gemeinwohls, insbesondere auch zur Sicherung der Beschäftigung.

Sonn- und Feiertagsarbeit: Erlass einer Gemeinwohlverordnung abgelehnt Das BMAS hat nunmehr mitgeteilt, dass die Arbeitsgruppe am 7. November 2017 einstimmig beschlossen habe, keine Gemeinwohlverordnung zu erlassen. Als Begründung verweist es auf eine in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), anhand der ermittelt wurde, ob und wie valide Zahlen zur Beschäftigungssituation in der Callcenter-Branche erhoben werden können. Die Studie des RWI komme zu dem Ergebnis, dass Aussagen zu möglichen Arbeitsplatzverlusten aufgrund einer mangelhaften Datenlage gegenwärtig nicht fundiert getroffen werden könnten. Eine umfangreiche Betriebsbefragung sei die einzig erfolgversprechende Option, solche Informationen zu gewinnen. Erst mit den Ergebnissen einer solchen Befragung sei es möglich, die Zahl der Beschäftigten sowie ihr Arbeitsvolumen in Callcentern zu bestimmen. Zudem müsse die Prognose möglicher Arbeitsplatzverluste anhand unterschiedlicher Methoden vorgenommen werden – mit der Gefahr, dass daraus eine große Spannbreite an Ergebnissen folgt und letztlich keine konsistenten Aussagen abgeleitet werden könnten. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat deshalb einstimmig beschlossen, dass es keine Grundlage für den Erlass einer Gemeinwohlverordnung zu telefonischen Beratungs- und Dienstleistungen an Sonn- und Feiertagen gebe.

Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES ist diese Entscheidung sachlich nicht nachvollziehbar. Die in § 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. c ArbZG aufgeführte Sicherung der Beschäftigung, die den drohenden Verlust von Arbeitsplätzen zu einem anerkannten Gemeinwohlgrund erklärt, stellt gerade auf eine Prognose ab und setzt keine „gesicherten Erkenntnisse“ voraus.

Für die betroffenen Unternehmen bedeutet dies, dass der gegenwärtige Status quo weitergilt. Mit Ausnahme von Hessen genießen die Bedarfsgewerbeverordnungen der Länder Bestandsschutz und sind weiter in Kraft. Folglich ist Sonn- und Feiertagsarbeit in Callcentern auf Grundlage der jeweiligen Bedarfsgewerbeverordnungen erlaubt. Es kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Bundesländer vor dem Hintergrund dieses negativen Beschlusses ihre Bedarfsgewerbeverordnungen entsprechend der Vorgaben des BVerwG künftig anpassen. Ebenso entfällt der Bestandsschutz, sobald eine geschützte Bedarfsgewerbeverordnung – wie im Fall Hessens – geändert und im Rahmen einer Normenkontrollklage angegriffen und für nichtig erklärt wird.

Vor diesem Hintergrund ist es erforderlich, in § 10 Abs. 1 ArbZG einen Ausnahmetatbestand für Callcenter aufzunehmen. Die Anforderungen der Kunden an Handels- und Dienstleistungsunternehmen umfassen gerade in Zeiten der Digitalisierung einen Service auch an Sonn- und Feiertagen. Dieser muss auch rechtssicher hier in Deutschland darstellbar sein und nicht nur durch Auslagerung ins Ausland.

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