Nahkauf sagt Energiekostensteigerung den Kampf an

Viele Nahkauf-Händler fürchten angesichts der explodierenden Strompreise um ihren Geschäftserfolg. Mit dem Projekt "Mittelstand für Energieeffizienz" fanden Entscheider der "nahkauf" Region West einen hoffnungsvollen Ansatz zur Kostendämpfung.

Hünsborn, 13.06.2013 — Etwa eine Autostunde von Köln entfernt, liegt der kleine Ort Hünsborn. Direkt an der Hauptstraße, die in den Ortskern führt, befindet sich das nahkauf-Geschäft der Familie Meier. Wenn man auf dem großen Parkplatz aus dem Auto aussteigt, weht einem die frische Landluft um die Nase. Der Eingangsbereich des ca. 700 qm großen Marktes ist umrahmt von zahlreichen nahkauf-Fahnen. Nachdem man durch die automatischen Schiebetüren tritt, blickt einen Harry Wijnfoord von einem Plakat aus an. Die Inhaberfamilie Meier hatte gemeinsam mit dem Moderator Ende Mai eine Spendenaktion unter dem Motto "Der Preis ist heiß" durchgeführt. "Insgesamt konnten 2.500 Euro für eine wohltätige Einrichtung hier vor Ort eingenommen werden", freut sich der Geschäftsführer des nahkauf-Marktes, Waldemar Meier.

Seine Ehefrau und Inhaberin des zweiten nahkauf-Marktes der Familie Meier, Irina, sitzt an der Kasse und begrüßt eine Stammkundin. "Leider ist heute kurzfristig eine Mitarbeiterin krank geworden", erklärt Waldemar Meier. "Da muss man schnell improvisieren". Er habe am Morgen gleichzeitig Zeitungen und Obst ausgepackt sowie die Getränkelieferung angenommen bis seine Frau zur Unterstützung kommen konnte. "Da war bislang keine Zeit für ein Frühstück", meint er und nimmt einen Schluck aus der Kaffeetasse.


"Energie ist nach Miete und Personal der größte Kostenfaktor"

Um mit den beiden Märkten dem Wettbewerb stets den entscheidenden Schritt voraus zu sein, sind die Eheleute Meier ständig auf der Suche nach Optimierungspotential. "Deswegen hatte das Thema Energie einsparen für mich schon früh eine hohe Priorität", betont der nahkauf-Inhaber. Energie sei schließlich nach den Ausgaben für Miete und Personal der größte Kostenfaktor. Auch die zuständige Verkaufsleiterin Sina Harders hatte sich schon seit einiger Zeit mit dem Thema beschäftigt. Nach zeitraubenden Recherchen und zahlreichen Gesprächen stellte sie allerdings fest, dass die Informationsangebote für eine Energieberatung so vielfältig und unübersichtlich sind, dass sie das Thema nicht richtig habe "greifen" können. Besonders schwierig sei es, bei den Energieberatern die notwendige Vorauswahl für die Kaufleute zu treffen. Dies sei mangels tauglicher Qualifikationsnachweise "praktisch unmöglich" gewesen.


Die passende Lösung: „Mittelstand für Energieeffizienz“

(v.l.n.r.): Stephan Kremer, nahkauf Vertriebskoordinator national; Waldemar Meier, Geschäftsführer nahkauf Meier e.K.; Nicole Adar, Verkaufsberaterin nahkauf; Sina Harders, Verkaufsleiterin nahkauf

"Da kamen Frau Balzer und das Projekt 'Mittelstand für Energieeffizienz' genau zur richtigen Zeit", sagt Stephan Kremer, Vertriebskoordinator national für die REWE-Tochter "nahkauf". Auf der "PEAK" 2012, dem Jahreskongress des Verbandes, sei er durch einen Ausstellungsstand auf das MITTELSTANDSVERBUND-Projekt zur Förderung der Energieeffizienz im kooperierenden Mittelstand aufmerksam geworden.

Im Rahmen des Projekts "Mittelstand für Energieeffizienz" werden Energieberatungen durch KfW-gelistete und speziell geschulte Berater vor Ort durchgeführt. Dabei werden Schwachstellen und Einsparmöglichkeiten erkannt. Eine erste Potenzialerhebung ist für alle Handels- und Handwerksunternehmen, die Mitglied einer Kooperation im MITTELSTANDSVERBUND sind, kostenlos. Hierbei besucht der Energieberater den Standort im Vorfeld und informiert über für das Unternehmen wirtschaftlich sinnvolle Möglichkeiten des Programms.

Das bundesweite Projekt hat das ehrgeizige Ziel, bei den 230.000 im MITTELSTANDSVERBUND angeschlossenen Unternehmen eine Energiekostenreduzierung von 30 Prozent und eine Senkung der CO2-Emissionen um mindestens 5,7 Mio. kg zu erreichen. Die Informationskampagne und die speziellen Schulungen der Berater werden vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert. Die Fördermittel für die Energieberatungen im Mittelstand, die über die KfW abgerufen werden können, stellt das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bereit.

Nach dem Gespräch auf der PEAK sei nahkauf-Vertriebskoordinator Kremer "auf Anhieb" überzeugt gewesen. Da die Region West als Testregion für das Projekt "nahe gelegen" habe, übergab er die operative Durchführung an die zuständige Verkaufsleiterin, Sina Harders. Aus den insgesamt 44 Märkten in der Region hatte man sich gemeinsam das ehrgeizige Ziel gesetzt, in 22 Märkten eine Initialerhebung durchzuführen. "Das Interesse der Kaufleute war ausgeprägt", erklärt Harders. So sei auch bei 80 Prozent der angesprochenen Märkte eine geförderte Initialberatung durchgeführt worden. Bei den verbleibenden 20 Prozent sei "einfach nicht so viel an Einsparpotential rauszuholen gewesen", erklärt die Verkaufsleiterin. Oder die Investitionen in Umbaumaßnahmen hätten sich wegen einer fehlenden Nachfolgeregelung eines Marktes nicht mehr gelohnt.

Das war bei nahkauf-Kaufmann Waldemar Meier anders. Zwar sei er sich über die Schwachstellen seines Marktes in Hünsborn schon vor der Beratung bewusst gewesen, trotzdem habe die Energieberatung "doch die eine oder andere Überraschung gebracht".


Energieberater hat die "Ärmel hochgekrempelt"

Waldemar Meier, Geschäftsführer nahkauf Meier e.K. (l.); Nicole Adar, Verkaufsberaterin nahkauf

"Unser Job als Zentrale war allerdings nicht durch die Vermittlung erledigt", betont Harders. Vielmehr seien die nahkauf-Händler der Region durch das gesamte Projekt von der zuständigen Verkaufsberaterin, Nicole Adar, und ihren Kollegen begleitet worden. "Eine gewisse Skepsis" blieb bei den Beteiligten allerdings. Man sei gespannt auf die Ergebnisse der Potentialerhebungen sowie auf die Qualität der Beratung gewesen. "Ich muss jemandem 100 Prozent vertrauen können. Außerdem müssen externe Berater auch hier rein passen", sonst würde man keine guten Ergebnisse erzielen können, erklärt Sina Harders. Die Bedenken konnte der Energieberater allerdings schnell ausräumen. "Er hat gleich die Ärmel hochgekrempelt", zeigt sich die Verkaufsberaterin Adar begeistert. Das hat auch bei nahkauf-Inhaber Meier einen guten Eindruck hinterlassen.

Da der nahkauf-Markt der Familie Meier in Hünsborn erst wenige Jahre alt ist, enthielt das Ergebnis der Initialberatung im Wesentlichen Empfehlungen zu Beleuchtung und Kühltechnik. Durch das Austauschen einiger Leuchtröhren in den Warenreihen konnte Waldemar Meier in einem Monat bereits über 1.000 kWh Strom einsparen. Um eine optimale Präsentation der Ware in den Reihen zu gewährleisten, sei er bei der Beleuchtung allerdings noch in der Probephase, erklärt der nahkauf-Kaufmann. Zum einen sei ihm sein eigener Eindruck wichtig, auf der anderen Seite frage er regelmäßig seine Kunden, wie ihnen die neue Beleuchtung gefalle. "Man muss ja auch nicht sofort alles umsetzen", sagt Meier. "Vielmehr haben die Märkte durch den Bericht des Energieberaters jetzt einen sehr guten Leitfaden für die nächsten Jahre", pflichtet Verkaufsleiterin Harders ihm bei.


Türen an der Kühltheke bringen 3.000 Euro

Die Empfehlung aus der Initialberatung, seine lange Kühltheke durch Türen zu verschließen, hat Waldemar Meier hingegen sofort umgesetzt. Nach der Einschätzung des Energieberaters wird er allein durch diese Maßnahme 3.000 Euro Energiekosten pro Jahr einsparen. "Eine Investition, die sich in jedem Fall gelohnt hat", betont der Marktgeschäftsführer. Um die Produkte in der Kühltheke besonders gut und gleichzeitig energiesparend in Szene zu setzen, wurde zudem eine LED-Beleuchtung in die Theke integriert. "Die Meinung meiner Kunden zu der neuen Kühlthekengestaltung ist durchweg positiv", sagt Meier.

Wie viel mehr Geld Waldemar Meier durch alle empfohlenen Energieeffizienzmaßnahmen in seiner Supermarktkasse haben wird, werde er erst im Laufe des Jahres feststellen können. Das geschätzte Einsparpotential beträgt knapp 10.000 Euro. "Da dieser Markt zu den neuesten in unserer Region zählt, deutet das Ergebnis auf ein weitaus größeres Potential in älteren Märkten hin", sagt Stephan Kremer. Wegen der guten Erfahrungen mit dem Projekt "Mittelstand für Energieeffizienz" in der "nahkauf" Region West, hätten auch andere Regionen bereits ihr Interesse angemeldet, erklärt der nahkauf-Vertriebskoordinator, "erste Ortstermine in anderen Regionen haben bereits stattgefunden".


MITTELSTANDSVERBUND-Projekt bietet Orientierung

(v.l.n.r.): Waldemar Meier, Nicole Adar, Stephan Kremer, Kristiana Balzer, DER MITTELSTANDS-VERBUND; Sina Harders

Insgesamt sei die Teilnahme am Projekt des MITTELSTANDSVERBUNDES für Waldemar Meier "eine Punktlandung" gewesen, sagt er. Auch Sina Harders zieht eine positive Bilanz: "'Mittelstand für Energieeffizienz" ist das erste Projekt, das uns bei der Orientierung im Dschungel der Energieberatungen und –förderungen wirklich geholfen hat". Für den nahkauf-Vertriebskoordinator national Stephan Kremer bleibt die Verbesserung der Energieeffizienz in allen seinen Märkten ein strategischer Schwerpunkt für die Zukunft. "Damit die Energiekosten kontrollierbar bleiben und unsere Märkte auch die nächsten zehn Jahre erfolgreich bleiben", erklärt er. Dies könne aber nicht gelingen, wenn die Einsparungen aus Energieeffizienzinvestitionen von den steigenden Energiekosten gleich wieder aufgezehrt würden, betont Stephan Kremer. "Die Politik muss dringend handeln, damit die Motivation des Mittelstandes in Energieeinsparmaßnahmen zu investieren, nicht gleich wieder im Keim erstickt wird", stellt der Kremer fest.

"Mittelständische Unternehmer sind eine zupackende Spezies", sagt der Präsident des MITTELSTANDSVERBUNDES, Wilfried Hollmann. "Waldemar Meier und seine Frau sind herausragende Beispiele für solche Unternehmer, die sich mit der Unterstützung ihrer Kooperation und des MITTELSTANDSVERBUNDES dem Thema Energieeffizienz mit großem Engagement – finanziell und persönlich – annehmen." Dieses Engagement müsse von der Politik weiter gefördert werden, fordert der Präsident des Spitzenverbandes des kooperierenden Mittelstandes.

Im Moment sorge die Politik aber dafür, dass Bemühungen mittelständischer Unternehmen Energie einzusparen, "oft in Frustration enden, wenn die Effizienzmaßnahmen durch den übermäßig steigenden Strompreis aufgefressen werden und damit hinterher nicht mehr, sondern sogar noch weniger Geld in der Kasse ist." Deswegen werde sich DER MITTELSTANDSVERBUND in Berlin und Brüssel weiter beharrlich für eine mittelstandsfreundliche Energiepolitik einsetzen, betont Hollmann. Er rufe jedoch alle mittelständischen Unternehmen auf, sich im Kampf gegen die Energiekosten nicht entmutigen zu lassen: "Jede nicht verbrauchte Kilowattstunde verringert schließlich unser Geschäftsrisiko".

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