Abbaupotenziale beim Bürokratieabbau: Ambitionierte Ziele — Effiziente Strategien?

Der Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft und das IW Köln stellen zwei Studien über bislang nicht erfasste Bürokratielasten vor

Berlin, 02.Oktober 2008 — Die Bundesregierung und die EU Kommission haben sich ambitionierte Ziele beim Abbau von Bürokratiekosten gesetzt. Bis 2011 bzw. 2012 sollen jeweils 25% der Lasten abgebaut werden. Etwa ein Jahr vor der Europa- und der Bundestagswahl stellt sich die Frage, ob und wie die Ziele erreicht werden können. Offen ist zudem, wie die Lasten der Wirtschaft reduziert werden können, die im derzeitigen Bürokratieabbauprozess nicht berücksichtigt werden.

Vor diesem Hintergrund hat sich der Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft, in dem der ZGV Mitglied ist,des Themas Bürokratieabbau angenommen und Studien über ausgewählte, noch nicht erfasste Bürokratielasten beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Auftrag gegeben:

Hand- und Spanndienste — Untersuchung der betrieblichen Kosten der Abführung von Umsatzsteuer, Lohnsteuer und Sozialabgaben

Bürokratieverursachende Normen — Analyse der Bürokratiekosten ausgewählter Normen

„Ein beherzter Bürokratieabbau bedeutet ein echtes Wachstumsprogramm. Gerade angesichts der Finanzkrise und schrumpfender Wachstumsaussichten brauchen wir dringend neue Impulse.“ Das forderte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf zur Eröffnung der Veranstaltung »Standortvorteil Bürokratieabbau — in Deutschland und der EU« des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft am Donnerstag in Berlin.

Die Berechnung und Abführung der Umsatzsteuer, der Lohnsteuer sowie der Sozialabgaben kostet die deutsche Wirtschaft jährlich 14,7 Mrd. Euro. Dies ist ein Ergebnis einer Studie, die das IW-Köln im Auftrag des Gemeinschaftsausschusses der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft erstellt hat. Allein auf Lohnsteuer und Sozialabgaben entfallen hierbei jährlich 6,1 Mrd. Euro. Je Mitarbeiter entsteht ein Aufwand von 227 Euro. Für die Ermittlung, Abführung und Anmeldung der Umsatzsteuer fallen noch einmal insgesamt 8,6 Mrd. Euro an. „Der Staat lädt der Wirtschaft immense bürokratische Lasten auf“, so Prof. Manfred Weber, Geschäftsführender Vorstand des Bankenverbandes.

Unter Anderem auf Initiative desZGV, wurden die betrieblichen Kosten der Abführung von Steuern und Sozialabgaben in den so genannten Hand- und Spanndiensten untersucht. Wie sich herausstellte ergeben sich im Zusammenhang mit den Hand- und Spanndiensten Haftungsrisiken von etwa fünf Mrd. Euro. „Dieses hohe Haftungspotential ist ein Indiz für die hohe Komplexität des deutschen Steuer- und Abgabensystems“, erklärte Schnappauf. „Die hohen Kosten zeigen, dass es dringend notwendig ist, das gesamte Rechts- und Regelwerks in Deutschland und der EU umfassend zu deregulieren.“

In einer weiteren Studie wurden unter anderem die Bürokratielasten durch das Künstlersozialversicherungsgesetz und das Umlageverfahren „U1“ untersucht. Den Berechnungen des IW zufolge entstehen der deutschen Wirtschaft alleine durch die Künstlersozialabgabe jährliche Bürokratiekosten in Höhe von 221,7 Mio. €. IW-Direktor Prof. Michael Hüther stellt hierzu fest: „Dieser Betrag übersteigt die insgesamt gezahlte Künstlersozialabgabe aller Unternehmen an die Künstlersozialkasse. Diese betrugen in 2007 in etwa 182 Mio. €.“

Die Künstlersozialversicherung ist angesichts dieser hohen Kosten und mit Blick auf die Ungleichbehandlung gegenüber sonstigen Selbständigen durch eine Versicherungspflicht zu gleichen Bedingungen zu ersetzen, mindestens jedoch zu reformieren.
Die Studienergebnisse unterstreichen die Bedeutung des Bürokratieabbaus. Der Abbau von Bürokratie kann Ressourcen frei machen, die für mehr Innovation, Wachstum und Beschäftigung genutzt werden könnten.
Dazu müssen spürbare Abbaumaßnahmen — im Dialog mit der Wirtschaft — jetzt umgesetzt werden und auch die Bürokratiekosten berücksichtigt werden, die in jetzigen Abbauprogrammen von Bund und EU nicht berücksichtigt wurden.

Die Ergebnisse der Studien als Kurzfassung finden Sie hier gt;gt;gt;

Der Gemeinschaftsausschuss der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft ist ein Koordinierungsgremium deutscher Wirtschaftsverbände mit Sitz im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin.

Der Ausschuss wurde als GbR am 23. Februar 1950 gegründet. Er ist nicht weisungsgebunden und koordiniert branchenübergreifend die bildungs-, sozial- und wirtschaftspolitischen Interessen seiner Mitglieder.
Mitglieder: BDI, BDA, BDB, BDZV, BGA, CDH, BFB, DIHK, GDV, HDE, ZGV, DBV, ZDH, BVR, DEHOGA, VDR, DSGV

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