BAG: AGB-Kontrolle einer doppelten Schriftformklausel

Das BAG hat eine Entscheidung des LAG Düsseldorf bestätigt, wonach eine doppelte Schriftformklausel einer AGB-Kontrolle nicht standhält. Qualifizierte Schriftformklauseln in Formulararbeitsverträgen sollen demnach wegen unangemessener Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam sein.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 20.05.2008 – 9 AZR 382/07 – eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (Urteil vom 13.04.2007 – 9 Sa 143/07) bestätigt, wonach eine doppelte Schriftformklausel einer AGB-Kontrolle nicht standhält. Die Verwendung einer solchen qualifizierten Schriftformklausel, nach der zum einen mündliche Änderungen und Ergänzungen des Arbeitsvertrages nur schriftlich erfolgen können und zum anderen von diesem Schriftformerfordernis nur in schriftlich fixierter Form abgewichen werden kann, erschwere dem Vertragspartner des Verwenders im Verhältnis zu einer einfachen Schriftformklausel die Berufung auf mündliche Vereinbarungen, so dass in diesen Fällen eine unangemessene Benachteiligung vorliege.

1. Sachverhalt

Der Kläger war von Mai 2002 bis zum 31. März 2006 für die Beklagte als Büroleiter in China mit dortigem Wohnsitz beschäftigt. Die Beklagte erstattete ihm und den anderen dort tätigen Mitarbeitern die Kosten für die Miete. Ab August 2005 verweigerte sie gegenüber dem mittlerweile gekündigten Kläger die Fortsetzung dieser Übung unter Berufung auf die im Arbeitsvertrag enthaltene Schriftformklausel. Nach dem Formulararbeitsvertrag bedürfen Änderungen und Ergänzungen des Vertrags sowie der Verzicht auf das Schriftformerfordernis der Schriftform. Der Neunte Senat hat ebenso wie das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben.

2. Entscheidung des LAG Düsseldorf

Das LAG Düsseldorf urteilte damalsaus, dass der Erstattungsanspruch des Klägers aus betrieblicher Übung folge. Die Entstehung einer betrieblichen Übung sei nicht durch die Verwendung der doppelten Schriftformklausel ausgeschlossen, denn diese sei zu weit gefasst und daher gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Sie erwecke beim Arbeitnehmer entgegen der Schutzvorschrift des § 305b BGB den Eindruck, auch eine mündliche individuelle Vertragsabrede sei wegen Nichteinhaltung der Schriftform gem. § 125 Satz 2 BGB unwirksam.

Das LAG bezog sich dabei auf die Rechtsprechung des BGH zu § 9 AGBG, der Vorgängervorschrift des § 307 BGB. Danach waren Schriftformklauseln zwar nicht schlechthin unzulässig. Für unwirksam hat der BGH jedoch Schriftformklauseln jedenfalls dann gehalten, wenn nach ihnen auch nach dem Vertragsschluss getroffene mündliche Abmachungen mit umfassend zur Vertretung des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen berechtigten Personen ohne schriftliche Bestätigung keine Gültigkeit haben. Es gebe kein schutzwürdiges Interesse des Verwenders Allgemeiner Geschäftsbedingungen dafür, dass sich dieser vor der Wirksamkeit von nach dem Vertragsabschluss abgegebenen mündlichen Zusagen seines umfassend vertretungsberechtigten Personals schützt.

Das trifft für die von den Parteien vereinbarte Schriftformklausel zu. Denn danach sind jegliche Änderungen oder Ergänzungen des Anstellungsvertrages nur wirksam, wenn sie schriftlich getroffen wurden. Für nachträgliche mündliche Vereinbarungen zwischen den Parteien ist nichts anderes geregelt. Die Klausel erstreckt sich daher auf Vereinbarungen, für die ein schutzwertes Interesse der Beklagten an der Einhaltung der Schriftform nicht besteht.

Im Arbeitsrecht geltende Besonderheiten, die eine andere Beurteilung zulassen würden, sind nach Ansicht des LAG nicht vorhanden.

3. Bewertung

Die Entscheidung schränkt vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten erheblich ein. Qualifizierte Schriftformklauseln stehen nicht im Widerspruch zum Vorrang individueller Regelungen vor vorformulierten Vertragsbedingungen. Vielmehr berücksichtigen sie angemessen die Beweissicherungs- und Standardisierungsinteressen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, auf den im Rahmen einer AGB-Kontrolle abzustellen ist, kann auch gar kein Eingriff in bereits bestehende Rechte des Arbeitnehmers erfolgen. Die Erwartung des Arbeitnehmers, dass künftig eine für ihn günstige Änderung der Arbeitsbedingungen durch mündliche Abreden eintreten könnte, ist nicht rechtlich geschützt. Bisher wurde seitens des BAG lediglich eine Pressemitteilung veröffentlicht. Sobald uns die vollständigen Entscheidungsgründe vorliegen werden wir Sie näher informieren.

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