BAG zu Bonuszahlungen: Transparenzgebot und Stichtagsregelung

Das BAG hatüberdie Wirksamkeit widersprüchlicher Bonuszahlungsklauseln sowie übereine entsprechende Stichtagsklausel mit langer Bindungsdauer entschieden.

Das BAG hat im Urteil vom 24.10.2007(10 AZR 825/06, download für Mitglieder) entschieden, dass eine Klausel, die einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung ausschließt, einer AGB-Kontrolle nicht standhält, wenn in einer anderen Klausel des Arbeitsvertrags eine Teilnahme des Arbeitnehmers am Bonussystem des Arbeitgebers zugesagt wird. Weiterhin lässt es eine Stichtagsklausel, die bezüglich der Bindungsdauer nicht auf die Höhe der Bonuszahlung abstellt, an der AGB-Kontrolle scheitern.

Leitsätze des Gerichts:

1. Ein Verstoß gegen das in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verankerte Transparenzgebot, Vertragsklauseln klar und verständlich zu formulieren, liegt vor, wenn der Arbeitgeber in einem von ihm vorformulierten Arbeitsvertrag sich zu einer Bonuszahlung verpflichtet und im Widerspruch dazu in einer anderen Vertragsklausel einen Rechtsanspruch des Arbeitnehmers auf eine Bonuszahlung ausschließt. In einem solchen Fall ist die Bonusregelung nicht insgesamt unwirksam, sondern nur insoweit, als der Arbeitnehmer durch den Ausschluss eines Rechtsanspruchs auf die Bonuszahlung benachteiligt wird.

2. Eine Stichtagsregelung, die unabhängig von der Höhe der Bonuszahlung den Arbeitnehmer bis zum 30. September des Folgejahres bindet, ist zu weit gefasst, benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen i.S.v. § 307 BGB und ist deshalb unwirksam.

I. Sachverhalt
Der Kläger war bei der Beklagten seit 2002 als Unternehmensberater beschäftigt. Nr. 3 des Arbeitsvertrags lautet auszugsweise:

Nr. 3 Vergütung
(1) Für Ihr Arbeitsverhältnis gelten die Tarifverträge für das private Bankgewerbe. Ihre Bruttogehaltsvereinbarung ist außertariflich und beträgt jährlich:49.200 €
(3) Darüber hinaus erhalten Sie einen gewinn- und leistungsabhängigen Bonus, der im ersten Jahr Ihrer Betriebszugehörigkeit EUR 7.700,-- nicht unterschreiten wird und im Frühjahr
des Folgejahres zur Auszahlung kommt. Danach nehmen Sie an dem in unserem Hause üblichen Bonussystem teil.
(4) Die Zahlung des Bonus erfolgt in jedem Falle freiwillig und begründet keinen Rechtsanspruch für die Zukunft.
(5) Der Anspruch auf Zahlung eines Bonus entfällt, wenn Sie am 1. April des Auszahlungsjahres nicht mehr in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis mit unserem Hause stehen
Der Jahresbonus setzt sich zu 40 Prozent aus dem Bereichs- bzw. Gesellschaftsergebnis und zu 60 Prozent aus der individuellen Leistung des Arbeitnehmers zusammen. Der Kläger kündigte das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2004. Mit seiner Klage begehrt er für die Monate Januar bis September 2004 eine Bonuszahlung. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers war erfolglos.

II. Entscheidungsgründe
Das BAG hat der Revision stattgegeben. Die Klauseln seien teilweise widersprüchlich und verstößen gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Weiter sei die Stichtagsklausel in Nr. 3 Abs. 5 als Bindungsklausel zu weit gefasst und daher gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam.

1. Verstoß gegen das Transparenzgebot wegen widersprüchlicher Klauseln
Das BAG stellt fest, dass die Regelung in Nr. 3 Abs. 4 des Arbeitsvertrags gem. §§ 307 Abs. 1 Satz 2, 306 Abs. 1 BGB unwirksam ist. Widersprüchliche Klauseln seien nicht klar und verständlich im Sinne des Transparenzgebots des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Eine unangemessene Benachteiligung könne sich daraus ergeben, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Klauseln seine Rechte nicht wahrnehme. Die Regelung des Abs. 4 stehe zu den in Abs. 3 und Abs. 5 getroffenen Regelungen im Widerspruch.

Aufgrund der unklar abgefassten Vertragsklauseln bestehe die Gefahr, dass Arbeitnehmer der Beklagten in der Annahme, sie hätten keinen Rechtsanspruch auf eine Bonuszahlung, ihren Anspruch auf den Bonus nicht geltend machen und insoweit ihre Rechte nicht wahrnehmen würden.

Dies bewirke nach § 306 Abs. 1 BGB jedoch nicht die Unwirksamkeit der gesamten Bonusregelung. Denn nach dieser Vorschrift bliebe der Vertrag im übrigen wirksam, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen ganz oder teilweise nicht Vertragsbestandteil geworden seien. Nur die in Nr. 3 Abs. 4 des Arbeitsvertrags getroffene Regelung benachteilige den Arbeitnehmer unangemessen und sei deshalb unwirksam. Soweit die Bonusregelung einen Anspruch auf einen Bonus begründe, fehle es an einer unangemessenen Benachteiligung. Insoweit bleibe die Bonusregelung daher wirksam.

2. Unangemessene Benachteiligung durch die Stichtagsregelung
Dias BAG hält die Stichtagsregelung in Nr. 3 Abs. 5 des Arbeitsvertrages für unwirksam, weil nach dieser Klausel die Bonuszahlung für das zurückliegende Jahr bei einem am 1. April des Auszahlungsjahrs gekündigten Arbeitsverhältnis entfällt und stellt fest, dass sie ersatzlos entfällt.

Die Regelung stelle bezüglich der Dauer der Bindung des Arbeitnehmers nicht auf die Höhe der Bonuszahlung ab. Sie differenziere auch nicht zwischen Zahlungen, die überhaupt keine Bindung des Arbeitnehmers rechtfertigen und Zahlungen, die eine Bindung des Arbeitnehmers bis zum 31. März des Folgejahres oder darüber hinaus rechtfertigen könnten. Dies sei nicht interessengerecht.

Nur wenn feststehe, dass und in welcher Höhe dem Arbeitnehmer eine Sonderzahlung zustehe, sei eine Inhaltskontrolle der Stichtagsregelung und damit eine Beurteilung möglich, ob die Bindung des Arbeitnehmers angesichts der Höhe der Zahlung bei Abwägung der berechtigten Interessen beider Parteien eine unangemessene Benachteiligung des Arbeitnehmers darstelle. Eine geltungserhaltende Reduktion komme nicht in Betracht. Eine ergänzende Vertragsauslegung sei mangels Anhaltspunkten für den hypothetischen Willen der Vertragsparteien nicht möglich.

III. Bewertung / Folgen der Entscheidung
Nachdem das BAG entschieden hat, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt für laufende Leistungszulagen gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB verstößt (Urteil vom 25. April 200; 5 AZR 627/06), hat es im vorliegenden Urteil klargestellt, dass ein Freiwilligkeitsvorbehalt für Sonderzahlungen auch nach Einführung der AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht grundsätzlich zulässig ist. Es überträgt in der vorliegenden Entscheidung die für Rückzahlungsklauseln entwickelten Grundsätze im Ergebnis auf Stichtagsregelungen - auch hier sei die Höhe der Bonuszahlung für die Bindungsdauer von Bedeutung. Ob die entwickelten Kriterien und Maßstäbe tatsächlich vollständig heranzuziehen sind, lässt es jedoch offen.

Es deutet allerdings die Unwirksamkeit eines Widerrufsvorbehalts an für Sonderzahlungen, die höher sind als das dem Arbeitnehmer zustehende Jahresgehalt oder 25 % des Jahresgehalts ausmachen. Diese Grundsätze wendet das BAG bislang bei laufendem Entgelt an. Ebenso bezeichnet es einen Widerrufsvorbehalt in Bezug auf Sonderzahlungen für "kaum interessengerecht", wenn dem Arbeitnehmer im Fall einer nicht in seinen Verantwortungsbereich fallenden, z.B. einer betriebsbedingten Kündigung des Arbeitgebers ein wesentlicher Teil der Vergütung vorenthalten wird. Das Urteil hinterlässt Rechtsunsicherheit für die Vereinbarung von Freiwilligkeitsvorbehalten und Stichtagsregelungen bei Sonder- bzw. Bonuszahlungen. Ähnliche Fragestellungen wie im vorliegenden Urteil können sich insbesondere auch bei der Vereinbarung von Boni im Rahmen von Zielvereinbarungen ergeben.

Widersprüchliche Formulierungen wie "neben dem vereinbarte Gehalt erhalten Sie zusätzlich eine Sonderzahlung. Auf die Sonderzahlung besteht kein Anspruch". Vielmehr sollte vorsichtiger formuliert werden. Zum Beispiel: "Neben Ihrem Gehalt wird eine Sonderzahlung in Aussicht gestellt/ kann eine Sonderzahlung gewährt werden. Etwaige Sonderzahlungen werden freiwillig geleistet, es besteht kein Anspruch auf die Zahlung. Die Zahlung erfolgt unter der Voraussetzung dass,...".

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