Betriebsratswahl - Wählbarkeit gekündigter Arbeitnehmer

Im Beschluss vom 10.11.2004 hat das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung zur Wählbarkeit außerordentlich gekündigter Arbeitnehmer gem. § 8 Abs. 1 BetrVG nunmehr auch auf ordentlich gekündigte Arbeitnehmer übertragen.

Im Beschluss vom 10.11.2004 — 7 ABR 12/04 - hat das Bundesarbeitsgericht seine Entscheidung zur Wählbarkeit außerordentlich gekündigter Arbeitnehmer gem. § 8 Abs. 1 BetrVG nunmehr auch auf ordentlich gekündigte Arbeitnehmer übertragen. Das BAG hat dargelegt, dass gekündigte Arbeitnehmer, die Kündigungsschutzklage erhoben haben, unabhängig von der tatsächlichen Weiterbeschäftigung wählbar gem. § 8 Abs. 1 BetrVG bleiben, bis das Kündigungsschutzverfahren rechtskräftig abgeschlossen ist.

Die Arbeitgeberin hatte drei Arbeitnehmern ihres Betriebes ordentlich betriebsbedingt gekündigt. Der Zeitpunkt der Kündigungserklärung fiel in die Durchführung einer Betriebsratswahl, die durch eine Betriebsversammlung eingeleitet wurde. Dabei wurde die Kündigung noch vor der Durchführung der Betriebsversammlung ausgesprochen. Die Arbeitnehmer wurden nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht weiterbeschäftigt. Die drei gekündigten Arbeitnehmer kandidierten als Wahlbewerber auf einer Vorschlagsliste, eine Person wurde in den Betriebsrat gewählt, zwei als stellvertretende Betriebsratsmitglieder. Das einstweilige Verfahren, mit dem die Arbeitgeberin die Wählbarkeit der drei gekündigten Arbeitnehmer angegriffen hatte, hatte keinen Erfolg.

Das BAG hat festgestellt, dass entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin bei allen drei Arbeitnehmern die Voraussetzungen der Wählbarkeit gem. § 8 Abs. 1 BetrVG gegeben sei. Im Gegensatz zum aktiven Wahlrecht sei für das passive Wahlrecht die tatsächliche Weiterbeschäftigung keine Voraussetzung. Im Sonderfall des gekündigten Arbeitnehmers, der gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben hat, führe der Verlust des aktiven Wahlrechts ausnahmsweise nicht zum Verlust der Wählbarkeit. Dies sei sowohl bei der außerordentlichen als auch bei der ordentlichen Kündigung der Fall. Im Gegensatz zum aktiven Wahlrecht müsse im Zeitpunkt der Wahlen noch nicht feststehen, ob der Arbeitnehmer tatsächlich wählbar ist. Die Wählbarkeit könne in der Schwebe bleiben, denn der Ungewissheit über den Ausgang des Kündigungsschutzverfahrens würde dadurch Rechnung getragen, dass das Betriebsratsmitglied bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens an der Ausübung seines Amtes gehindert ist. Wird die Kündigungsschutzklage abgewiesen, erlischt die Mitgliedschaft im Betriebsrat endgültig. Somit können durch die Unsicherheit über das Bestehen der Wählbarkeit keine Folgen für die Betriebsratsarbeit entstehen. Damit ist nach Auffassung des BAG die Betriebsratswahl vor Behinderung oder Beeinflussung im Sinne des § 20 Abs. 1 und 2 BetrVG gewährleistet. Die Betriebsratswahl könne nicht durch Kündigungen beeinflusst werden.

Die Wählbarkeit dürfe nicht von der tatsächlichen Weiterbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers abhängig gemacht werden, da auch hier die Gefahr von Einflussmöglichkeiten sowohl des Arbeitgebers als auch eines bereits bestehenden Betriebsrates (Weiterbeschäftigungsanspruch nach Widerspruch des Betriebsrats gem. § 102 Abs. 5 BetrVG) bestehen würde.

Seite drucken

Zurück zur Übersicht
Weitere Artikel