Die Altersteilzeit - ein Auslaufmodell?

Mittel- und langfristig wird die deutsche Wirtschaft einem Fachkräftemangel ausgesetzt sein. Daraus resultiert ein politischer Handlungsbedarf. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das Rentensystem an die sich ändernden demografischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen angepasst werden muss.

Der Anteil der unter 20-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird - statistischen Berechnungen zufolge - von heute 21,3 Prozent auf 16,3 Prozent im Jahr 2050 sinken. Demgegenüber erhöht sich der Anteil der über 60-Jährigen von heute 23 Prozent auf 35,8 Prozent. Bis zum Jahr 2040 wird ein Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials - und damit der Beitragszahler zur gesetzlichen Rentenversicherung - von etwa 41,6 Millionen im Jahr 1995 auf 32,6 Millionen im Jahr 2040 prognostiziert. Mittel- und langfristig wird die deutsche Wirtschaft einem Fachkräftemangel ausgesetzt sein. Daraus resultiert ein politischer Handlungsbedarf. Der Gesetzgeber hat erkannt, dass das Rentensystem an die sich ändernden demografischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Bedingungen angepasst werden muss.

Die Altersteilzeit ist langfristig nicht mehr finanzierbar

Auch aus einem anderen Grund ist es das Anliegen des Gesetzgebers, Erwerbstätige länger im Arbeitsprozess zuhalten. Im Jahr 2001 bezogen circa 3,5 Millionen Personen zwischen dem 55. und ihrem 64. Lebensjahr Altersrente oder arbeiteten in Altersteilzeit. Die staatlichen Ausgaben lagen für diese Personengruppe im Jahr 2001 - nach Angaben der BA und des VDR - bei 37,4 Milliarden Euro.

Letztlich ist die Altersteilzeit auf Dauer damit auch nicht mehr finanzierbar. Ebenso verlangen die Ausfälle in der gesetzlichen Rentenversicherung ein gesetzgeberisches Handeln. So wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen geändert, die im Ergebnis die Altersteilzeit unattraktiver — weil für die Betriebe teuerer - ausgestalten.

Im Deutschen Groß- und Außenhandel bestehen flächendeckend Tarifverträge zur Altersteilzeit. Diese haben sich in den letzten Jahren bewährt. Von vielen Unternehmern wurde dieses Instrument aus personalpolitischen Gründen eingesetzt. Zur Sicherung oder Wiederherstellung der Leistungs- und Altersstruktur in den Betrieben war die Geltendmachung der staatlich geförderten Altersteilzeit geeignet und sinnvoll. Doch vor dem Hintergrund der einsetzenden Änderungen muss dies der Unternehmer in Zukunft überdenken. Doch voraus ergeben sich die Änderungen?

Die kostenneutrale Anpassung der Tarifverträge ist erforderlich

Durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz wird das frühestmögliche Renteneintrittsalter nach Altersteilzeit von 60 auf 63 Jahre angehoben. Im Zuge von Hartz III und IV treten Neuregelungen ein, mit denen die Altersteilzeit insgesamt teurer wird. Dies gilt vor allem in den Fällen, in denen aufgrund erfolgreicher Wiederbesetzung Zuschüsse der Bundesagentur für Arbeit fließen.

Die Einführung eines neuen Regelarbeitsentgeltsbegriffs und der Wegfall des Mindestnettoabgleichs führt zu einer Verringerung der Aufstockungs- und Erstattungsleistungen. So werden Einmalzahlungen nicht mehr bei der Berechnung des Erstattungsbetrages berücksichtigt. Auch die zukünftig obligatorische Insolvenzsicherung verteuert die Altersteilzeit und überzieht die Unternehmen durch fortlaufende individuelle Nachweispflichten mit zusätzlicher Bürokratie. An dieser Stelle sind die Betriebspartner gefordert, denn Abweichungen sind nach dem Gesetz auf Betriebsebene möglich. Sie müssen ein praktikables System hinsichtlich der Nachweispflichten auf kollektiver Ebene etablieren.

Herausforderung der Tarifpolitik

Um die Betriebe nicht mit zusätzlichen Kosten zu belasten, muss es zudem Aufgabe der Tarifpolitik sein, eine kostenneutrale Adaption der Tarifverträge an die gesetzlichen Rahmenbedingungen herbeizuführen. Nur so kann gesichert werden, dass die Betriebe auch von der Altersteilzeit tatsächlich Gebrauch machen. Diesem Handlungsauftrag müssen sich die Sozialpartner stellen, wenn sie an der Altersteilzeit festhalten wollen. Auf der Basis gekündigter Tarifverträge müssen Gespräche aufgenommen werden.

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