Europäisches Parlament verabschiedet neue Verbraucherkredit-Richtlinie

Dem Ziel eines transparenteren Kreditmarktes in Europa stehen neue, umfangreiche Informationspflichten für Kreditinstitute und Handel gegenüber

Am 16.01.2008 hat das Europäische Parlament die neue Verbraucherkredit-Richtlinie verabschiedet. Diese gilt für Kredite ab € 200,- bis € 75.000,- und schreibt u.a. ein 14-tägiges Rücktrittsrecht für Verbraucher sowie eine Entschädigung für Kreditgeber bei vorzeitiger Rückzahlung fest. Informationen für Verbraucher, etwa der effektive Jahreszins, müssen auf einem europaweit einheitlichen Standardformblatt mitgeteilt werden, so dass die Kreditnehmer besser vergleichen und in ganz Europa den günstigsten Kredit ausfindig machen können.

Die derzeitigen Regelungen für Verbraucherkredite sind in der Richtlinie 87/102 festgelegt. Dort sind allerdings nur bestimmte Mindestanforderungen aufgestellt, darunter einige wenige Informationspflichten, ein grundlegendes Recht auf vorzeitige Rückzahlung ohne jegliche Vorgaben sowie eine einheitliche Methode zur Berechnung des effektiven Jahreszinses. Da es den einzelnen Mitgliedstaaten freigestellt war, über diese Mindestanforderungen hinaus zu gehen, unterscheiden sich heute die Rechtsvorschriften der Länder im Kreditwesen stark voneinander.

Mit der nun verabschiedeten Verbraucherkredit-Richtlinie wird das Ziel verfolgt, den Markt für das grenzüberschreitende Kreditgeschäft mit neuen Regelungen zu öffnen. Dieses Ziel soll mit folgenden Maßnahmen erreicht werden:

- Werbung: Nach Art. 4 Verbraucherkredit-Richtlinie müssen in der gesamten EU obligatorisch dieselben Standardinformationen zur Verfügung gestellt werden, wenn in der Werbung für Kredite Zahlenangaben gemacht werden. Diese Verpflichtung trifft nicht nur den klassischen Kreditgeber, also die Banken und sonstigen Kreditinstitute, sondern auch den sog. Kreditvermittler, also denjenigen, dessen hauptamtliche Tätigkeit nicht in der Vergabe von Krediten besteht. Hierunter fällt auch der Handel mit der Gewährung von Ratenzahlungs- und Finanzierungsgeschäften.

- Vorvertragliche Informationspflichten: Entsprechend Art. 5 der Verbraucherkredit-Richtlinie sind die Kreditgeber überdies verpflichtet, den Verbrauchern sämtliche erforderlichen Informationen zur Verfügung zu stellen undzu erläutern, damit diese rechtzeitig vor Vertragsabschluss Angebote vergleichen können. Zwar solldiese Pflichtnach Art. 7 den Warenlieferanten/Dienstleistungserbringer als bloßen Kreditvermittler in untergeordneter Funktion nicht treffen; fraglichbleibt allerdings, inwieweit der eigentliche Kreditgeber den Händler zur Information/Erläuterung heranzieht und dadurch eine Haftung begründet wird.

- Vertragliche Informationspflicht: Bei Abschluss des Kreditvertrages benötigen die Verbraucher umfassende Informationen, d.h. eine Unterlage mit einer Beschreibung ihrer Rechte und Pflichten. Hierzu enthält die Verbraucherkredit-Richtlinie eine entsprechende Liste mit Informationsanforderungen.

Nach dem Abschluss des Kreditvertrages können Verbraucher ohne Angabe von Gründen und ohne zusätzliche Kosten vom Kreditvertrag zurücktreten. Dieser in Deutschland bereits bestehende Rechtsanspruch gilt zukünftig für alle Verbraucherkredite in sämtlichen Mitgliedstaaten. Hat der Verbraucher ein Recht auf Rücktritt von einem Vertrag über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen ausgeübt, ist er nach Art. 15 Verbraucherkredit-Richtlinie an einen damit verbundenen Kreditvertrag ebenso nicht mehr gebunden. Der Verbraucher ist überdies berechtigt, seine Verbindlichkeiten aus einem Kreditvertrag jederzeit ganz oder teilweise zu erfüllen (vorzeitige Rückzahlung, vgl. Art. 16 Verbraucherkredit-Richtlinie). Der Kreditgeber kann in diesem Fall eine angemessene und objektiv gerechtfertigte Entschädigung verlangen, die 1% des vorzeitig zurückgezahlten Kreditbetrages nicht überschreiten darf, wenn der Zeitraum zwischen der vorzeitigen Rückzahlung und dem Zeitpunkt des vereinbarten Ablaufs der Kreditverträge ein Jahr überschreitet. Beträgt der Zeitraum weniger als ein Jahr, darf die Entschädigung 0,5% des vorzeitig zurückgezahlten Kreditbetrages nicht überschreiten.

Nach Verabschiedung des Richtlinientextes durch das Europäische Parlament ist die für die kommenden Wochen zu erwartende formelle Annahme durch den Ministerrat nur noch eine Formalität. Nach Veröffentlichung der Richtlinie im Amtsblatt der EU tritt diese offiziell in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben sodann zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

Der ZGV wird in diesem Zusammenhang die Interessen seiner Mitglieder vertreten und sich dafür einsetzen, dass die durch die Richtlinie eröffneten Gestaltungsspielräume möglichst sinnvoll genutzt werden. Dies betrifft insbesondere den Bereich der im Handel erforderlichen Informationspflichten in der Werbung und im vorvertraglichen Bereich. Ziel muss es hier sein, den Händler vor unnötigem Bürokratieaufwand im Zusammenhang mit dem Abschluss von Ratenzahlungsverkäufen zu schützen.

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