Kabinettsentwurf zum Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) verabschiedet

Der Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) soll nach der Sommerpause vom Bundestag beraten werden. Das Gesetz sollerstmals auf Geschäftsjahre Anwendung finden, die im Kalenderjahr 2009 beginnen.

Das Bundeskabinett hat am 21. Mai 2008 den Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) beschlossen. Das Gesetz soll dazu beitragen, dass das bewährte HGB-Bilanzrecht auf Dauer beibehalten werden kann und für den Wettbewerb mit den internationalen Rechnungslegungsstandards gestärkt wird. Der handelsrechtliche Jahresabschluss soll Grundlage der Gewinnausschüttung und der steuerlichen Gewinnermittlung bleiben. Laut Bundesjustizministerin Brigitte Zypries soll die Wirtschaft zudem von vermeidbaren Kosten in Höhe von über 1 Mrd. Euro entlastet werden.

Der ZGV sieht Nachbesserungsbedarf bei den Vorschlägen zur Deregulierung, die Genossenschaften weitgehend außen vor lassen. Zudem begrüßt er diebezüglich der Änderungen des § 253 HGB nun geplanten Übergangs- und Besitzstandsregelungen, die den Unternehmen gestatten, mit ihren stillen Reserven längerfristig zu planen. Fürdiese Besitzstandsregelungen hatte sich der ZGV in der Diskussion um den Referentenentwurf stark gemacht.

Die wichtigsten Punkte des Gesetzentwurfs im Einzelnen:

1. Deregulierung

Durch Befreiungen und Erleichterungen bei handelsrechtlichen Buchführungs- und Bilanzierungspflichten ist nach Auffassung der Bundesregierung mit einer Senkung der Gesamtkosten für Buchführung, Abschlussaufstellung, Abschlussprüfung und Abschlussoffenlegung in Höhe von ungefähr 1,3 Mrd. € pro Jahr zu rechnen.

  • Einzelkaufleute und Personenhandelsgesellschaften, die bestimmte Schwellenwerte (500.000,- € Umsatz und 50.000,- € Gewinn pro Geschäftsjahr) nicht überschreiten, werden von der Verpflichtung zur Buchführung und Bilanzierung nach den handelsrechtlichen Vorschriften befreit.

    Entgegen demvorangegangenen Referentenentwurf ist nicht mehr vorgesehen, Genossenschaften, die die Schwellenwerte nicht überschreiten,in gleicher Weisevon diesen Pflichtenzu entbinden. Der ZGV wird sich im Gesetzgebungsverfahren dafür einsetzen, dass zu der ursprünglich geplanten Regelung, die die Gründung von Genossenschaften erheblich erleichtern könnte,zurückgekehrt wird.
  • Die Größenklassen, die darüber entscheiden, welche Informationspflichten ein Unternehmen – also auch eine Kapitalgesellschaft – treffen, werden angehoben: Die Schwellenwerte für Bilanzsumme und Umsatzerlöse in § 267 HGB werden um 20% erhöht. Kleine Kapitalgesellschaften (nicht mehr als rd. 4,8 Mio. € Bilanzsumme und rd. 9,8 Mio. €. Umsatzerlöse) brauchen z.B. ihren Jahresabschluss nicht von einem Abschlussprüfer prüfen zu lassen und müssen nur die Bilanz, nicht aber die Gewinn- und Verlustrechnung offenlegen. Mittelgroße Kapitalgesellschaften (nicht mehr als rd. 19,2 Mio. € Bilanzsumme und rd. 38,5 Mio. € Umsatzerlöse ) können auf eine Reihe von Angaben verzichten, und dürfen Bilanzpositionen zusammenfassen.

2. Verbesserung der Aussagekraft der HGB-Abschlüsse

Das modernisierte HGB-Bilanzrecht ist die Antwort der Bundesregierung auf die International Financial Accounting Standards (IFRS). Diese dienen in erster Linie dem Informationsbedürfnis von Kapitalmarktteilnehmern. Da die weit überwiegende Anzahl der rechnungslegungspflichtigen deutschen Unternehmen den Kapitalmarkt aber gar nicht in Anspruch nimmt, ist es nicht zu rechtfertigen, alle Unternehmen auf die kostenintensiven und hochkomplexen IFRS zu verpflichten. Auch der vom IASB veröffentlichte Entwurf eines „IFRS für kleine und mittelgroße Unternehmen“ ist keine gangbare Alternative.

Das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz baut das bewährte HGB-Bilanzrecht zu einem Regelwerk aus, das den IFRS gleichwertig sein soll. Insbesondere bleibt es dabei, dass die HGB-Bilanz Grundlage der steuerlichen Gewinnermittlung und der Ausschüttungsbemessung ist (Einheitsbilanz). Mit folgenden Maßnahmen wird die Aussagekraft des handelsrechtlichen Jahresabschlusses verbessert:

  • Selbstgeschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens: Immaterielle selbstgeschaffene Vermögensgegenstände des Anlagevermögens wie zum Beispiel Patente oder Know-how sind künftig in der HGB-Bilanz anzusetzen. Dadurch können die Unternehmen ihre Eigenkapitalbasis ausbauen und ihre Fähigkeit verbessern, sich am Markt kostengünstig weiteres Kapital zu beschaffen. Steuerlich bleiben die Aufwendungen aber nach wie vor abzugsfähig; sie stehen auch nicht für die Gewinnausschüttung zur Verfügung.

  • Bewertung von Finanzinstrumenten zum Marktwert: Finanzinstrumente wie Aktien, Schuldverschreibungen, Fondsanteile und Derivate, soweit sie zu Handelszwecken erworben sind, werden künftig bei allen Unternehmen zum Bilanzstichtag mit dem Marktwert (Fair Value) bewertet. Das vereinheitlicht die handelsrechtliche Rechnungslegung und ist international üblich. Die noch nicht realisierten Gewinne werden jedoch grundsätzlich mit einer Ausschüttungssperre verbunden.

  • Änderung der Rückstellungsbewertung: Rückstellungen von Unternehmen für künftige Verpflichtungen werden in Zukunft realistischer bewertet.
    Das betrifft insbesondere Pensionsrückstellungen. Beiihrer Bewertungsollen künftige Entwicklungen (Lohn-, Preis- und Personalentwicklungen) stärker als bisher berücksichtigt werden. Zudem sindsie künftig abzuzinsen. Um die zu erwartende Höherbewertung abzumildern, sieht der Entwurf die Möglichkeit vor, die Rückstellung über einen Zeitraum von mehreren Jahren anzusammeln. Die steuerlichen Vorschriften in diesem Punkt bleiben unverändert, so dass es nicht zu Steuerausfällen kommen wird.

    Auch die Möglichkeiten zur Bildung stiller Reserven wird durch die Änderung des § 253 HGBreduziert. Der ZGV hat bereits im Vorfeld darauf hingewirkt, dass durch großzügige Übergangs- und Besitzstandsregelungeneine Härten für die mittelständischen Unternehmen vermieden werden.

  • Abschaffung von Wahlrechten: Bilanzierungsmöglichkeiten, die den Unternehmen eingeräumt wurden, einem informativen und insbesondere vergleichbaren Jahresabschluss aber entgegenstehen, werden eingeschränkt oder aufgehoben. Dies gilt beispielsweise für die auch steuerlich nicht anerkannte Möglichkeit, Rückstellungen für eigenen künftigen Instandsetzungsaufwand zu bilden.

  • Transparenz bezüglich der Zweckgesellschaften: Zum einen müssen die Unternehmen künftig schon dann in den Konzernabschluss einbezogen werden, wenn sie unter der einheitlichen Leitung eines Mutterunternehmens stehen. Zum anderen müssen die Unternehmen künftig im Anhang über Art, Zweck und finanzielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz erscheinenden Geschäften berichten, soweit dies für die Beurteilung der Finanzlage notwendig ist. Damit wird eine EU-rechtliche Vorgabe umgesetzt. Außerdem haben die Unternehmen künftig darzulegen, welche Überlegungen ihrer Risikoeinschätzung im Hinblick auf Eventualverbindlichkeiten zugrunde liegen.

  • Weitere, aus EU-rechtlichen Vorgaben resultierende Änderungen: Sonstige EU-rechtlichen Vorgaben, insbesondere die Vorgaben zum Unternehmensführungsbericht und zur Einrichtung eines Prüfungsausschusses werden „eins zu eins“ – also mit geringst möglicher Belastung für die Unternehmen – in deutsches Recht umgesetzt. Zum Beispiel müssen kapitalmarktorientierte Unternehmen, die bereits ein Aufsichtsorgan haben, jedenfalls dann keinen Prüfungsausschuss einrichten, wenn dessen Aufgaben durch das Aufsichtsorgan wahrgenommen werden.

3. Zeitplan

Der Entwurf eines Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes wird dem Bundesrat Anfang Juli im ersten Durchgang vorliegen und unmittelbar nach der Sommerpause vom Bundestag beraten werden. Der größte Teil der neuen Vorschriften soll nach dem gegenwärtigen Stand erstmals auf Geschäftsjahre Anwendung finden, die im Kalenderjahr 2009 beginnen. Erleichterungen, insbesondere die Erhöhung der Schwellenwerte, könnten teilweise schon für das Geschäftsjahr 2008 in Anspruch genommen werden.

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