Mindestlöhne: Damoklesschwert, Täuschungsmanöver oder ganz harmlos?

Vor dem Gemeinschaftsausschuß der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft überraschte Bundesarbeitsminister Scholz mit einer bemerkenswerten Interpretation der Debatte um gesetzliche Mindestlöhle

ZGV Präsident Wilfried Hollmann im Gespräch mit Bundesarbeitsminister Olaf Scholz über Mindestlöhne

Berlin, 14. Januar 2008: Die jährliche Zusammenkunft der im Gemeinschaftsausschuß der Deutschen Gewerblichen Wirtschaft organisierten 15 führenden Wirtschaftsverbände in Deutschland, zu denen auch der ZGV gehört, mit Spitzenvertreternder Bundesregierung, sorgte am Schluß für eine Überraschung. Nach dem Statement des Vorsitzenden des Gemeinschaftsausschusses und BDI-Präsidenten Jürgen R. Thumann, in der dieser in voller Übereinstimmung mit den übrigen Wirtschaftsvertretern die geplante Ausweitung gesetzlicher Mindestlöhne in ihrer verheerenden ordnungspolitischen und wirtschaftlichen Auswirkung anprangerte, bemühte sich Bundesarbeitsminister Olaf Scholz mit einer bemerkenswerten Interpretation der bislang vorliegenden aber der Öffentlichkeit noch nicht zugänglichen Interpretation des Gesetzentwurfs zu dieser Thematik um eine Glättung der Wogen. Wie er ausführte haben seine Pläne für die Praxis nur äußerst begrenzte Auswirkungen. Gesetzliche Mindeslöhne würden nur dort zum Tragen kommen, wo die Tarifbindung in den jeweiligen Branchen und betreffenden Regionen unter 50 Prozent liege und im Übrigen nur dann, wenn sowohl Arbeitnehmer- als auch Arbeitgebervertreter für die betreffende Brancheund Region ausdrücklich Ihre Zustimmung zur Einführung eines Mindestlohnes gäben. Damit hätten es die Arbeitgeber jeweils mit in der Hand,den Mindestlohn zu verhindern.

Anläßlich der weiteren Aussprache wies Thumann für den Gemeinschaftsauaschuß darauf hin, daß in erster Liniedie Anstrengungen der Unternehmer, aber auch eine vernünftige Tarifpolitik einepositive wirtschaftliche Entwicklung eingeleitet haben.Er warnejedoch vor jeglicher Euphorie, denn die gute wirtschaftliche Lage gelte nicht für die gesamte deutsche Wirtschaft. In diesem Zusammenhang nannte er Handel und Handwerk als die Wirtschaftszweige, die besonders darunter zu leiden hätten, dass der private Konsum nach wie vor nicht in Schwung komme. Dies illustrierte HDE-Präsident Josef Sanktjohannser anhand der aktuellen Zahlen im Einzelhandel.

Der Gemeinschaftsausschuß appellierte an die Politik, die derzeitige Situation als Ansporn für weitere grundlegende Strukturreformen zu nutzen. Besonders die Bildung und Ausbildung junger Menschen stünde dabei im Vordergrund. Schlecht ausgebildete junge Leute, teilweise ohne entsprechenden Schulabschluss und ein zunehmender Fachkräftemangel seien nicht hinnehmbar. Als einen richtigen Schritt zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland erkenne der Gemeinschaftsausschußdie Unternehmenssteuerreform an. Allerdings gebe es auch in diesem Bereich Einschränkungen, denn die vielfältigen Maßnahmen zur Gegenfinanzierung stünden dem Entastungsziel entgegen. Bei weitem nicht zufrieden sein könne die Wirtschaft mit der Erbschaftssteuerreform, sie sei ein Beispiel für eine „Klein-Klein-Regelung“ und die Bundesregierung laufe Gefahr, mit solchen Regelungen das Missverhältnis aus Aufwand und Ertrag noch weiter zu vergrößern und dadurch das ursprüngliche Ziel zu verfehlen.

Die Spitzenverbände versprachen der Bundesregierung ihr konstruktives und zuverlässiges Mitwirken bei den weiteren Reformen.

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