Neuerungen im Arbeitsrecht

AGENDA 2010 vor der Umsetzung

Im Folgenden geben wir einen kurzen Überblick über die anstehenden Neuerungen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts. Wir weisen darauf hin, dass alle hier beschriebenen Neuerungen, soweit nicht anderes gekennzeichnet, noch nicht endgültig beschlossen sind. Sie befinden sich als Gesamtpaket im Vermittlungsverfahren und werden dort derzeit beraten. Mit einem Ergebnis ist Ende November d.J. zu rechnen. Eine neuerliche Lesung im Bundestag ist für den 10. und 11.12.2003 vorgesehen.

I. Kündigungsschutzrecht

  1. Änderung des § 1 Kündigungsschutzgesetz
  • Es ist beabsichtigt, die Sozialauswahlkriterien auf vier Gesichtspunkte zu konkretisieren. Konkret ist geplant, im Rahmen der Sozialauswahl die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen.

Anmerkung: Die Konkretisierung der Sozialauswahlkriterien entspricht der Forderung des ZGV. Diese Forderung hat der ZGV an den Wirtschaftsminister direkt gerichtet. Allerdings ist anzumerken, dass die Konkretisierung um den Gesichtspunkt der Schwerbehinderung erweitert wurde. Dies war nicht Bestandteil der ZGV-Forderung.

  • In § 1 Absatz 3 Satz 2 wird die sog. Leistungsträgerklausel normiert, wonach es nunmehr möglich sein soll, Beschäftigte auf Grund ihrer besonderen Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur aus der Sozialauswahl herauszunehmen.

Anmerkung: Auch diese Forderung hat der ZGV an den Bundeswirtschafts- und Arbeitsminister gerichtet.

  • § 1 Absatz 4: Diese Regelung entspricht weitgehend einer bereits seit 1996 existierenden Neuregelung, wonach in einem Tarifvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung festgelegte Kriterien bei der Gewichtung der Sozialauswahlkriterien nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden können.

Anmerkung: Hier hatte der ZGV gefordert, betriebsbedingte Kündigungen generell nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüfen lassen zu können. Demzufolge stellt die jetzt vorgesehene Regelung ein Minus zu den ZGV-Forderungen dar. Zudem ist zu berücksichtigen, dass in der Regelung bis 1996 festgelegt war, dass eine Auswahlrichtlinie auch mit Zweidrittelmehrheit Arbeitnehmern getroffen werden konnte, wenn im Betrieb kein Betriebsrat vorhanden war. Diese Möglichkeit ist nunmehr nicht gegeben.

  • Die 1998 gestrichene Regelung des § 1 Absatz 5 Kündigungsschutzgesetz soll wieder aufleben. Hierin ist festgelegt, dass in einem Interessenausgleich eine Namensliste verabredet werden kann, wodurch vermutet wird, dass die Kündigung betrieblich bedingt ist. Auch hier kann die Sozialauswahl nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
  • Es ist geplant, einen neuzuschaffenden § 1 a Kündigungsschutzgesetz einzuführen. Dieser begründet einen Abfindungsanspruch des Arbeitnehmers für betriebsbedingte Kündigung unter der Voraussetzung, dass die Kündigung aus betriebsbedingten Gründen erfolgt ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmer darauf hinweist, dass bei Verstreichen der Klagefrist ein Abfindungsanspruch entsteht. Die Höhe der Abfindung beträgt 0,5 Monatsgehälter für jedes Jahr der Beschäftigung.

Anmerkung: Hier hatte der ZGV ein einseitiges Optionsrecht für den Arbeitgeber gefordert. Die nun vorgeschlagene Regelung bietet dem Arbeitgeber erheblich weniger Gestaltungsspielraum.

  • § 4 Kündigungsschutzgesetz stellt klar, dass eine Kündigungsschutzklage mit einer einheitlichen Klagefrist von drei Wochen zu erheben ist. Diese Regelung entspricht weitgehend unserer Forderung.
  • Der Anwendungsbereich in § 23 Kündigungsschutzgesetz wird befristet bis zum 31. Dezember 2008 wie folgt geändert: Bis zu diesem Zeitraum werden bei der Berechnung der Zahl der Beschäftigten bis zu fünf Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag nicht berücksichtigt. Dies bedeutet, dass ein Betrieb mit fünf Beschäftigten bis zu fünf befristet Beschäftigte einstellen darf, ohne dass das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Hier hatte der ZGV gefordert, den Schwellenwert zur Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes auf mindestens 20 Arbeitnehmer zu erhöhen.

II. Sozialgesetzbuch III

  • Die Regelung zur Erstattung des Arbeitslosengeldes durch den Arbeitgeber nach § 147 a SGB III wird verschärft. Die Erstattungsdauer wird von 24 auf 32 Monate erhöht. Auch werden die Altersstufen herabgesetzt.

III . Teilzeit- und Befristungsgesetz

  • Im Teilzeit- und Befristungsgesetz wird eine Existenzgründungsregelung eingeführt. Danach ist es Arbeitgebern in den ersten vier Jahren nach der Gründung gestattet, sachgrundlose Befristungen bis zur Dauer von vier Jahren vorzunehmen.

IV.Arbeitszeitgesetz

  • Hintergrund der Änderung des Arbeitszeitgesetzes ist die Arbeitszeitrichtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993. Hierzu hat der EuGH kürzlich festgelegt, dass das deutsche Arbeitszeitgesetz dieser Richtlinie nicht entspreche. Nach der Richtlinie sind Bereitschaftsdienste als Arbeitszeit anzusehen. Dies war im Arbeitszeitgesetz nicht vorgesehen. Die Änderung des Arbeitszeitgesetzes nehmen Rücksicht auf die Rechtsprechung des EuGH und regeln Bereitschaftsdienste grundsätzlich als Arbeitszeit. Gleichwohl wird es den Tarifvertragsparteien bzw. den Betriebsparteien gestattet, von diesem Grundsatz abzuweichen.

V. Arbeitnehmerüberlassungsgesetz

  • Im Bereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes gilt ab dem 01.01.2004 der Grundsatz equal pay/equal treatment für Leiharbeitnehmer. Danach haben Leiharbeitnehmer nach sechs Wochen Tätigkeit Anspruch auf gleiche Behandlung/gleiche Bezahlung vergleichbarer Arbeitnehmer im Entleihbetrieb. Für die Entleiher bedeutet dies, dass sie dem Arbeitnehmer gegenüber auskunftspflichtig sind. Der Verleiher kann dem Grundsatz equal pay/equal treatment nur dadurch entkommen, dass er tarifgebunden ist und sein Arbeitgeberverband einen Tarifvertrag mit den entsprechenden Gewerkschaften geschlossen hat oder einzelvertraglich auf die Tarifverträge Bezug genommen wird. Ferner besteht die Möglichkeit, Arbeitnehmer sechs Wochen lang von den Grundsatz equal pay/equal treatment auszunehmen, sofern sie vorher arbeitslos waren und ihnen ein Entgelt gewährt wird, welches oberhalb des Niveaus des Arbeitslosengeldes liegt.

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