Neues Bilanzrecht nicht mittelstandstauglich

In einem gemeinsamen Workshop beleuchteten DGRV und ZGV den aktuellen Entwurf des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) sowie die probeweise Umstellung der Bilanz einer Genossenschaft von HGB auf IFRS und die Entwicklung zu IAS 32.

Der zuständige Referatsleiter des Bundesministeriums der Justiz, Dr. Christoph Ernst, erläuterte den aktuellen Stand des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes. Er machte deutlich, dass angesichts der immer stärker vernetzten Weltwirtschaft die Notwendigkeit zu einer Überarbeitung der deutschen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften bestehe. Dabei sei die Regierung bemüht, möglichst unbürokratische Regelungen zu finden.

In den zahlreichen Stellungnahmen zum Referentenentwurf sei die punktuelle Bezugnahme auf die IFRS-Regelungen kontrovers diskutiert worden. Während kapitalmarktorientierte Unternehmen stark für die Anwendung der IFRS werben, spricht sich der Mittelstand geschlossen dagegen aus.

Zu den geplanten Vorschriften im Einzelnen gab Dr. Ernst ausführliche Erläuterungen. So sei geplant, bestimmte Einzelkaufleute und Personengesellschaften bis zu an der Abgabenordnung (AO) angelehnten Schwellenwerten von Buchführungs- und Bilanzierungspflichten zu befreien. Davon könnten bis zu 500.000 Unternehmen betroffen sein, die dadurch durchschnittlich 2000 € pro Jahr einsparen könnten. Dies wertete Ernst als guten Beitrag zur Entbürokratisierung.

Bei der geplanten Aktivierung selbstgeschaffener immaterieller Vermögensgegenstände, sowie bei der Bewertung von zu Handelzwecken erworbenen Finanzinstrumenten, solle noch deutlicher gemacht werden, dass diese Regelungen steuerneutral erfolgen sollen.

Die geplanten Änderungen im § 253 HGB würden hinsichtlich der Rückstellungsbewertung sowie der Abschreibungs- und Bewertungsregeln zu erheblichen Änderungen in den Handelsbilanzen führen. Um dies für die Unternehmen tragbar zu machen, seien jedoch besitzstandswahrende Überleitungsregeln geplant.

Weiter erläuterte Herr Bühler, DGRV, die Folgen einer Umstellung von der traditionellen Handelsbilanz auf eine IFRS-Bilanz am praktischen Beispiel. Eine mittelständische Genossenschaft hatte eine solche Probeumstellung durchgeführt, um die Praktikabilität von IFRS für kleine und mittlere Unternehmen (IFRS für KMU) zu überprüfen.

Die Probeumstellung brachte klare Ergebnisse: bei erheblichen Einmalkosten für die Umstellung, doppelten laufenden Abschlusskosten und deutlicher zeitlicher Mehrbelastung des Unternehmens wird eine Bilanz produziert, die weder für Steuer noch für Ausschüttungen aussagekräftig ist, jedoch sehr aufwendige und sensible Informationen der Öffentlichkeit preisgibt.

Recht eindeutig fiel das Urteil über die „Mittelstands-IFRS“ aus. Trotz ihres Anspruchs, für mittelständische Unternehmen geeignet zu sein, sei ein Rückgriff auf die vollen IFRS immer unerlässlich. Die zahlreichen Auslegungs- und Ermessenspielräume erschweren die Anwendung dieser Vorschriften und auch die Prüfung.

Besonders problematisch seien die Vorschriften zu Eigenkapital, latenten Steuern, Rückstellungen sowie zur Bewertung von Sachanlagen, immateriellen Vermögenswerten und Vorräten.

Wie die ausführlichen Erörterungen zu IAS 32 und den derzeit drei diskutierten neuen Ansätzen zeigte, ist es höchst fraglich, ob langfristig eine Eigenkapitaldefinition gefunden wird, die den Bedürfnissen deutscher Personengesellschaften und Genossenschaften gerecht wird. Allein der vom europäischen Standardsetter EFRAC gefundene „loss absorption approach“ führt dazu, dass in diesen Gesellschaften von den Mitgliedergesellschaften gezahlte Einlagen als Kapital zu bilanzieren ist. Es gilt, in der politischen Diskussion gegenüber dem IAS-Board mit Unterstützung der nationalen Regierungen, der Kommission und dem europäischen Parlament diesen europäischen Ansatz durchzusetzen. Gelingt dies nicht, sind nicht nur die full-IFRS, sondern auch die im Herbst vom Board vorgelegt werdenden IFRS für SME inakzeptabel.

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