Neues Konzept zur Produktsicherheit und einfachen Vermarktung in der EU

Die Europäische Komissionhat am 14. Februar 2007 ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das den Binnenmarkt für Waren zum reibungslosen Funktionieren bringen soll. Damit soll es insbesondere für die kleinen und mittleren Unternehmen einfacher werden, Produkte in der Europäischen Union zu vermarkten und gleichzeitig hohe Sicherheits- und Qualitätsstandards zu gewährleisten.

Der aktuelle Sachstand:

Die vorgeschlagenen Maßnahmen umfassen u.a. Folgendes:

  • Zur Stärkung und Modernisierung der Bedingungen für die sichere Vermarktung einer breiten Palette von Industrieerzeugnissen in der EU will die Kommission bessere Regelungen für die Marktüberwachung einführen, durch die die Verbraucher vor unsicheren Produkten, auch aus Drittländern, geschützt werden. Sie schlägt vor, durch eine verschärfte Akkreditierung von Konformitätsbewertungsstellen das Vertrauen in die Konformitätsbewertung von Produkten zu erhöhen. Eine weitere vertrauensbildende Maßnahme für in der EU vermarktete Produkte ist es, die Bedeutung der CE-Kennzeichnung klarzustellen und diese rechtlich zu schützen.

  • Außerdem sollen strengere und wirksamere Verfahren eingeführt werden, um die Vermarktung von Produkten in anderen Mitgliedstaaten zu vereinfachen:
    • Nationale technische Regelungen haben beträchtliche praktische Auswirkungen auf Fertigung, Vertrieb und Verwendung von Produkten im Alltag. Solche nationalen Vorschriften beschränken den Intra-EU-Handel mit Waren wie etwa Bauprodukten, zahlreichen Lebensmitteln (Brot und Teigwaren), Möbeln, Fahrrädern, Leitern und manchmal auch Edelmetallen. Dies führt zu zusätzlichen Verwaltungskosten und hohen Prüfanforderungen.
    • Freier Warenverkehr: Ein neues Verfahren für die nationalen Behörden und die Wirtschaftsakteure soll den Absatz von Produkten erleichtern, die bereits in Übereinstimmung mit den Vorschriften eines Mitgliedstaates vermarktet werden.
    • Beweislast: Ein Mitgliedstaat, der einem Produkt den Marktzugang verweigern will, muss dies präzise und detailliert begründen.
    • Produktinfostellen sollen in sämtlichen Mitgliedstaaten eingerichtet werden. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Unternehmen zu unterstützen, die sich mit Handelsbeschränkungen konfrontiert sehen.

So soll z.B. die einzelstaatlichen Systeme wie das deutsche "GS-Zeichen für geprüfte Sicherheit" weitgehend verschwinden. Ziel der Kommission ist es, die Industrie zu entlasten und den Behörden der EU-Staaten mehr Verantwortung zu übertragen.

Das Europäische Parlament befasst sich derzeit mit den Kommissionsvorschlägen.Es wird u.a. die Forderung nach einem europäischen Zeichen, das für Sicherheit steht und welches auf Spielzeug und am besten auch darüber hinaus auf allen Verbraucherprodukten angebracht wird, diskutiert. Diese freiwillige Qualitätsinitiative könnte nach Ansicht der Parlamentarier auf europäischer Ebene das richtige Signal an die Verbraucher sein.

Mit einer Abstimmung im zuständigen Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments ist Ende November 2007 zu rechnen. Die 1.Lesung im Plenum des Europäischen Parlaments soll im Januar 2008 stattfinden.

Sektorenrichtlinie für Spielzeug:

Durch das Auftauchen von unsicheren Verbraucherprodukten, z.B. in China hergestelltem Spielzeug (jüngste Rückrufaktionen für Barbiepuppen samt Zubehör aus China), das bleihaltige Farbe enthielt, ist eine heftige Diskussion über die Produktsicherheit in der Europäischen Union entbrannt und führte zu weiter reichenden Überlegungen.

Die Europäische Kommission (Generaldirektion Unternehmen und Industrie) kündigte an, im Dezember 2008 einen Revisionsvorschlag zur Verschärfung der aus dem Jahre 1988 stammenden Spielzeugrichtlinie präsentieren zu wollen.

Hintergrundinformationen zum Neuen Konzept:

Nach dem neuen Konzept sollen die Richtlinien auf den folgenden

Prinzipien beruhen:

  • Die Harmonisierung beschränkt sich auf die wesentlichen Anforderungen.
  • Nur Produkte, die den wesentlichen Anforderungen entsprechen, können in den Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden.
  • Bei harmonisierten Normen, deren Fundstellen im Amtsblatt veröffentlicht und die in nationale Normen umgesetzt worden sind, ist eine Übereinstimmung mit den entsprechenden wesentlichen Anforderungen anzunehmen.
  • Die Anwendung harmonisierter Normen oder anderer technischer Spezifikationen bleibt freiwillig, und den Herstellern steht die Wahl jeder technischen Lösung frei, solange die Konformität mit den wesentlichen Anforderungen gewährleistet ist.
  • Hersteller haben die Wahl zwischen verschiedenen Konformitätsbewertungsverfahren, die in den anwendbaren Richtlinien vorgesehen sind.

Anwendungsbereich

Im Anwendungsbereich ist festgelegt, welche Produkte unter die Richtlinie fallen bzw. welche Gefahren durch sie abgewendet werden sollen. Darin inbegriffen sind gewöhnlich Gefahren im Zusammenhang mit einem Produkt oder einer Erscheinung. Dementsprechend kann ein Produkt unter mehrere Richtlinien fallen. D.h., ob ein bestimmtes Produkt mit CE zu kennzeichnen ist bedarf der Festlegung in der betreffenden Richtlinie.

Inverkehrbringen und Inbetriebnahme

Die Mitgliedstaaten müssen durch entsprechende Maßnahmen gewährleisten, dass nur Produkte in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, die bei einwandfreier Installierung und Wartung sowie bestimmungsgemäßer Benutzung keine Gefahr für die Sicherheit und Gesundheit von Personen oder für andere unter die Richtlinie fallende öffentliche Interessen darstellen. Dies verpflichtet die Mitgliedstaaten zur Marktüberwachung.

Die Mitgliedstaaten können gemäß EG-Vertrag (insbesondere Artikel 28 und 30 EG-Vertrag) zusätzliche nationale Vorschriften insbesondere zum Schutz von Arbeitnehmern, Verbrauchern oder der Umwelt erlassen. Diese Vorschriften dürfen jedoch keine Veränderungen des Produkts oder der Bedingungen für sein Inverkehrbringen verlangen.

Wesentliche Anforderungen

Die wesentlichen Anforderungen werden in den Anhängen zu den Richtlinien festgelegt und enthalten alles, was zur Erreichung des Ziels der Richtlinie notwendig ist. Produkte dürfen nur in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn sie die wesentlichen Anforderungen erfüllen. Richtlinien des neuen Konzepts sind im allgemeinen so konzipiert, dass sie alle Gefahren im Zusammenhang mit dem öffentlichen Interesse, das durch die Richtlinie geschützt werden soll, abdecken. Daher ist es zur Einhaltung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften oft erforderlich, mehrere Richtlinien des neuen Konzepts und eventuell auch andere Vorschriften des Gemeinschaftsrechts anzuwenden. Außerdem wurden einige Elemente möglicherweise nicht in den Geltungsbereich der anwendbaren gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften einbezogen, so dass Mitgliedstaaten dahin

gehend nationale Rechtsvorschriften gemäß Artikel 28 und 30 EG-Vertrag erlassen

können.

Freier Warenverkehr

Die Mitgliedstaaten müssen davon ausgehen, dass mit der CE-Kennzeichnung versehene Produkte alle Bestimmungen der anwendbaren Richtlinien erfüllen, die ihre Anbringung vorsehen. Daher dürfen sie das Inverkehrbringen und die

Inbetriebnahme solcher Produkte in ihrem Hoheitsgebiet nicht untersagen, einschränken oder behindern, es sei denn, die Bestimmungen über die CE-Kennzeichnung wurden inkorrekt angewendet. Wird eine Gefahr nicht von den anwendbaren Richtlinien abgedeckt, können die Mitgliedstaaten den freien Verkehr

von CE-gekennzeichneten Produkten gemäß Artikel 28 und 30 EG-Vertrag jedoch ausnahmsweise untersagen, einschränken oder behindern.

Konformitätsvermutung

Bei Konformität von Produkten mit nationalen Normen, soweit es sich um eine Umsetzung harmonisierter Normen handelt, deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden, wird davon ausgegangen, dass sie die entsprechenden wesentlichen Anforderungen erfüllen. Hat der Hersteller eine solche Norm nicht oder nur teilweise angewandt, muss ein Nachweis über die Maßnahmen erbracht werden, die von ihm eingeleitet wurden, um den wesentlichen Anforderungen zu entsprechen. Die Angemessenheit der Maßnahmen ist ebenfalls nachzuweisen.

Schutzklausel

Die Mitgliedstaaten müssen alle geeigneten Maßnahmen ergreifen, um das Inverkehrbringen von CE-gekennzeichneten Produkten zu untersagen oder einzuschränken bzw. sie aus dem Verkehr zu ziehen, wenn diese Produkte bei bestimmungsgemäßer Verwendung die Sicherheit und Gesundheit des einzelnen oder andere unter die anwendbaren Richtlinien fallende öffentliche Interessen gefährden könnten. Außerdem haben die Mitgliedstaaten die Kommission in Kenntnis zu setzen, wenn sie eine derartige Maßnahme ergreifen. Erachtet die Kommission die Handlungsweise des Mitgliedstaates als gerechtfertigt, unterrichtet sie alle Mitgliedstaaten, die aufgrund ihrer allgemeinen Verpflichtung zur Umsetzung der Gemeinschaftsvorschriften geeignete Maßnahmen ergreifen müssen.

Konformitätsbewertung

Bevor ein Produkt in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht wird, muss der Hersteller es einem in der anwendbaren Richtlinie vorgesehenen Konformitätsbewertungsverfahren unterziehen, um die CE-Kennzeichnung anbringen zu dürfen.

Benannte Stellen

Die Konformitätsbewertung durch eine neutrale Stelle wird durch benannte Stellen durchgeführt. Diese werden von den Mitgliedstaaten unter denjenigen Stellen ausgewählt, die die in der Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllen und in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelt sind.

CE-Kennzeichnung

Die CE-Kennzeichnung müssen Produkte tragen, die alle Bestimmungen der anwendbaren Richtlinien erfüllen, in denen diese Kennzeichnung vorgesehen ist. Insbesondere gibt die CE-Kennzeichnung an, dass die Produkte den wesentlichen Anforderungen der anwendbaren Richtlinien entsprechen und einem in den Richtlinien vorgesehenen Konformitätsbewertungsverfahren unterzogen wurden. Ferner müssen die Mitgliedstaaten Maßnahmen zum Schutz der CE-Kennzeichnung ergreifen.

Koordinierung der Umsetzung

Ist ein Mitgliedstaat oder die Kommission der Ansicht, dass eine harmonisierte Norm die wesentlichen Anforderungen einer Richtlinie nicht vollständig erfüllt, so wird in dieser Angelegenheit der Ausschuss eingeschaltet, der durch die Richtlinie 98/34/EG eingerichtet wurde (Ausschuss zu Normen und technischen Vorschriften). Die Kommission teilt den Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Standpunkts des Ausschusses mit, ob die Norm aus der im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlichten Liste herausgenommen werden soll oder nicht. Viele nach dem neuen Konzept verfasste Richtlinien sehen einen Ständigen Ausschuss vor, der die Kommission bei der Abgabe ihrer Stellungnahme zu Maßnahmeentwürfen zur Umsetzung der Bestimmungen der jeweiligen Richtlinie und bei der Prüfung von Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung und praktischen Anwendung der Richtlinie unterstützt. Außerdem finden zur Beratung von technischen Umsetzungsfragen regelmäßige Sitzungen in Arbeitsgruppen statt, denen von den Mitgliedstaaten und Interessengruppen benannte Vertreter angehören (z. B. benannte Stellen, Normenorganisationen, Hersteller-, Händler- oder Verbraucherverbände, Gewerkschaften) und in denen die Kommission den Vorsitz führt.

Bestimmungen für die Umsetzung und die Übergangszeit

Die Mitgliedstaaten müssen die Bestimmungen der Richtlinien in nationales Recht umsetzen und darüber hinaus die Kommission über die ergriffenen Maßnahmen unterrichten. Bis zu dem in der Richtlinie des neuen Konzepts festgelegten Datum müssen die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Produkten gestatten, die mit den in ihrem Hoheitsgebiet zum Zeitpunkt der Anwendbarkeit der betreffenden Richtlinie in Kraft befindlichen Vorschriften konform sind. Mit bestimmten Einschränkungen muss es auch möglich sein, solche Produkte noch nach diesem Termin in Betrieb zu nehmen.

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