Preisempfehlung, Preisbindung, Preisgegenüberstellung im Handel

Seit 1. Mai 2004 gilt für die Tätigkeit von Verbundgruppen ausschließlich europäisches Kartellrecht. Nationales Recht gilt nur für rein regionale Kooperationen. Seit Mitte 2004 gilt das novellierte, europäische UWG. Von der kartellrechtlichen Beurteilung der Preisempfehlungen und Preisbindungen ist die lauterkeitsrechtliche Frage der Werbung mit durchgestrichenen Preisen, insbesondere aber unter Bezugnahme auf Preisempfehlungen zu trennen.

Das nationale Kartellrecht mit dem Preisbindungs- und Preisempfehlungsverbot, der Ausnahme der „unverbindlichen Herstellerempfehlung“ und der „Mittelstandsempfehlung“ ist zwar mangels Verabschiedung der 7. Kartellnovelle noch in Kraft, aber überlagert durch das vorrangige europäische Kartellrecht. Es bietet sich daher an, Fragen der Preisempfehlung und Preisbindung ausschließlich nach europäischem Kartellrecht zu beurteilen.

1. Preisempfehlung, Preisbindung von Verbundgruppen

1.1 Horizontale Preisabsprachen, auch unverbindliche Preisabsprachen, gemeinsame Preisinitiativen, d. h. alle Maßnahmen, die der mittelbaren Preisbeeinflussung, Preisfestsetzung dienen, verstoßen grundsätzlich gegen Artikel 81 Abs. 1 EGV. Eine Freistellung derartiger pauschaler Preisbindungssysteme gemäß den Möglichkeiten der Legalausnahme des Artikels 81 Abs. 3 EGV ist kaum denkbar.

Kombinationen von horizontalen, also kollektiven, in bzw. von Verbundgruppen vereinbarten Preisabsprachen oder Preisempfehlungen mit vertikalen Preisbindungssystemen sind grundsätzlich auch unter dem Gesichtspunkt des Artikels 81 Abs. 1 EGV verboten. Bereits eine individuelle Preisempfehlung eines Herstellers oder einer Verbundgruppe erfüllt den Tatbestand der Verhaltensabstimmung, wenn der Empfänger die Empfehlung annimmt. Gleiche Preisempfehlungen an mehrere Händler, die von einem Hersteller ausgesprochen werden, sind zulässig, soweit die Händler in ihrer individuellen Preisgestaltung völlig frei sind.

1.2 Preisempfehlungen und festgelegte Höchstpreise in vertikalen Vereinbarungen sind durch die Gruppenfreistellungsverordnung vertikale Wettbewerbsbeschränkungen generell zwischen Unternehmen, die auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätig sind, zulässig. Dies gilt auch für Kooperationen, also Verbundgruppen im Verhältnis zu den selbstständigen Händlern, wobei jedoch die Prüfung, ob das kollektive, d. h. horizontale Element überwiegt, weiter möglich ist. Wird im Einzelfall eine horizontale Wettbewerbsbeschränkung vor, d. h. dies bejaht, entfällt die Freistellungsmöglichkeit auf der Basis der Gruppenfreistellungsverordnung vertikale Wettbewerbsbeschränkungen.

Pauschal kann man sagen, dass Verbundgruppen gegenüber ihren Mitgliedern unverbindliche Preisempfehlungen aussprechen dürfen, bzw. Höchstpreise, die nicht zu überschreiten sind, festlegen kann.

Die scheinbare Kollision zu deutschem Recht ist in diesem Fall aufgrund der Vorrangigkeit des europäischen Rechtes irrelevant.

Ebenso irrelevant ist die nach wie vor im deutschem Recht enthaltene Möglichkeit der unverbindlichen Preisempfehlung auf der Basis der Mittelstandsempfehlung. Maßnahmen auf dieser Basis sind grundsätzlich nach den oben skizzierten europäischen Rechtsregeln zu überprüfen.

1.3 Von dieser Betrachtung der jetzigen Rechtslage ist die Forderung des ZGV zu trennen, den Verbundgruppen generell Preisbindungen bei gemeinsamen Werbeaktionen zu gestatten. Der ZGV ist überzeugt, dass für derartige gemeinsame Vermarktungsaktivitäten die Legalausnahme des Artikels 81 Abs. 3 EGV gegeben ist. Hierzu liegen jedoch allenfalls Wohlwollen des Bundeskartellamtes, nicht jedoch eine klare Aussage der EU-Kommission als Wettbewerbsbehörde oder aber einschlägige Gerichtsentscheidungen vor.

2. Irreführung durch Preisvergleich

Von der kartellrechtlichen Beurteilung der Preisempfehlungen und Preisbindungen ist die lauterkeitsrechtliche Frage der Werbung mit durchgestrichenen Preisen, insbesondere aber unter Bezugnahme auf Preisempfehlungen zu trennen.

Unterstellt man eine zulässige Preisempfehlung des Herstellers oder der Verbundgruppe, dann ist ein Preisvergleich hierzu nur dann zulässig, wenn der Händler darauf hinweist, mit welchem anderen Preis er sich vergleicht, also eine unverbindliche Herstellerpreisempfehlung mit dem Preis eines Wettbewerbers oder dem Listenpreis des Lieferanten (in der Regel ist dies gleichbedeutend mit einer unverbindlichen Herstellerpreisempfehlung).

§ 5 Abs. 4 des seit Mitte 2004 geltenden novellierten UWG versucht nun, die Eigenpreisgegenüberstellung zu regeln. Eine Irreführung wird immer dann unterstellt, wenn der durchgestrichene gegenübergestellte Preis niemals oder nur für eine unangemessen kurze Zeitspanne gefordert wurde. Was unangemessen kurz ist, hängt von produktspezifischen Fragen, z. B.

Möbel oder verderbliche Lebensmittel ab, aber auch von dem üblichen Werbeverhalten einer Branche.

Entscheidend ist, dass bei derartigen Preisgegenüberstellungen mit eigenen früher einmal geforderten Preisen der Händler den Beweis führen muss, dass er diese Preise eine angemessene Zeitspanne lang gefordert hat. Rechtsprechung zu dieser neuen Regelung gibt es noch nicht, insbesondere ist auch die Frage noch nicht gelöst, welche Tatsachen ein Wettbewerber oder ein Wettbewerbsverein vortragen muss, um den Verstoß gegen die unerlaubte Preisgegenüberstellung darzulegen. Dem Wettbewerber oder dem Wettbewerbsverein wird es in der Regel kaum möglich sein, dezidiert vorzutragen, ob oder ob nicht der durchgestrichene Preis eine angemessene Preisspanne gefordert wurde. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die Rechtsprechung diese Lücke dadurch schließt, dass bei halbwegs schlüssigem Sachvortrag sehr schnell die Darlegungs- und Beweislast dem werbenden Unternehmer auferlegt wird.

Will ein Händler oder aufgrund von Preisempfehlungen eine Gruppe mit durchgestrichenen Preisen werben, sollten die entsprechenden Preise der Vergangenheit dokumentiert sein, um der Beweislast nachkommen zu können.

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