Weißbuch der EU-Kommission erwägt Ausweitung der privaten Rechtsdurchsetzung bei Kartellverstößen

ZGV bezieht Stellung: „Kein Handlungsbedarf“

Am 03.04.2008 hat die Europäische Kommission - Generaldirektion Wettbewerb - das Weißbuch zu Schadensersatzklagen wegen Verletzung des EG-Wettbewerbsrechts veröffentlicht. Ziel ist, die private Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen von Verbrauchern und Unternehmen zu verbessern, welche Opfer von wettbewerbsbeschränkenden Verhaltensweisen oder dem Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung werden. Die EU-Kommission möchte vor allem Opfer sog. „Bagatell- und Streuschäden“ zu einer Geltendmachung ihrer Schäden ermutigen. Dies soll insbesondere durch spezielle Instrumente des kollektiven Rechtsschutzes, wie Verbands- und Sammelklagen, sowie durch eine Reihe von Beweis- und Kostenerleichterungen geschehen. Die bestehenden Rechtssysteme der Mitgliedstaaten, insbesondere ihre Prozess- und Haftungsrechte, würden durch diese Maßnahmen allerdings gravierend verändert. Die Kompetenz der EU-Kommission für solche weitreichenden Maßnahmen ist dabei höchst umstritten.

Auch wenn sich die Kommission Mühe gibt, den Eindruck zu vermeiden, dass durch die intendierten Bestrebungen stillschweigend ein class action-System nach amerikanischem Vorbild eingeführt wird, bleibt nach Lektüre des Weißbuchs gleichwohl die Sorge, dass in Ausführung der darin gemachten Vorschläge unerwünschte Entwicklungen in genau diese Richtung eintreten. Dies liegt insbesondere darin begründet, dass keinerlei Schutzmechanismen vorgesehen sind, die eine solche „Amerikanisierung“ verhindern könnten.

Der ZGV tritt in seiner Stellungnahme dafür ein, das Vorgehen der Kommission zur kollektiven Rechtsdurchsetzung mangels Handlungsbedarf insgesamt einzustellen. So sind seit Inkrafttreten der Verordnung 1/2003 gerade einmal vier Jahre vergangen. Es ist daher völlig normal, dass die Rechtsordnungen der Mitgliedsstaaten noch Unterschiede in Bezug auf die private Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen aufweisen. Die nun von der Kommission vorgeschlagene erneute Reformierung des Kartellrechts ist deshalb als völlig verfrühte Legislativmaßnahme abzulehnen. Dies gilt umso mehr für Deutschland, als im Rahmen der 7. GWB-Novelle die von der Europäischen Kommission gemachten Vorschläge bereits weitgehend Berücksichtigung finden.

Die vollständige Stellungnahme des ZGV finden Sie hier.

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