ZGV und ERCIS der Universität Münster präsentieren IT-Verbundgruppenstudie

Ergebnisse der durchgeführten Studie wurden auf der HIS-Tagung in Münster präsentiert

Unternehmenskooperationen bieten Handelsunternehmen die Möglichkeit, sich gemeinsam am Markt zu präsentieren und durch Interessensbündelung eine bessere Marktposition zu erlangen. Die klassische Form der Kooperation von Handelsunternehmen ist dabei die gemeinsame Beschaffung von Waren über Verbundgruppen. Darüber hinaus existieren mittlerweile u. a. Marketingverbünde, Franchisesysteme und IT-Kooperationen. Die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit durch Größengewinne bei gleichzeitig hoher Flexibilität stellt allerdings auch gerade die IT vor besondere Herausforderungen.

Vor diesem Hintergrund haben der Zentralverband Gewerblicher Verbundgruppen (ZGV) und das European Research Center for Information Systems (ERCIS) der Universität Münster eine IT-Statusstudie anlässlich der 12. Tagung Handelsinformationssysteme/Network D@ys durchgeführt. Ziel der ausführlichen Studie, an der sich rund 10% der ZGV-Verbundgruppenmitglieder beteiligt haben, war die detaillierte Erhebung des Status Quo der IT-Nutzung in kooperativen Unternehmensnetzwerken.

Operativer Softwareeinsatz

Die Mehrzahl der Unternehmen geht von IT-Kosten von weniger als 2% des Umsatzes der Kooperationszentrale (sogenannter Innenumsatz) aus (ca. 70%). Insgesamt zeigt sich, dass die meisten befragten Handelsunternehmen von gleichbleibenden (43%) oder steigenden IT-Budgets (35%) ausgehen. Damit scheint das von vielen Managern proklamierte Ziel der Kostensenkung in allen Unternehmensbereichen zumindest nicht in der IT zu gelten. Dieses mag vor allem an den wachsenden Aufgaben und der zunehmenden Automatisierung in den Unternehmen liegen. Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass das Thema Einsatz von Gebrauchtlizenzen als Alternative zu Neu-Lizenzen von über 80% der Befragten nur mit geringer oder mittlerer Priorität verfolgt wird. Auch der Einsatz von Open-Source-Lizenzen stößt nur begrenzt auf hohes oder sehr hohes Interesse (32%).

Die Unterstützung der Unternehmensstrategie durch das aktuelle WWS-/ERP-System kann insgesamt als gut bezeichnet werden (50%), wobei allerdings auch 12,5% der Unternehmen schlechte oder sehr schlechte Erfahrungen bei der Umsetzung der Strategie gemacht haben. Auch bei der Flexibilität des Systems in Bezug auf Strategieveränderungen schneiden nur rund die Hälfte Systeme mit gut (52,2%) oder sehr gut (4,3%) ab. In den nächsten 5 Jahren planen daher mehr als ein Fünftel der befragten Unternehmen eine Ablösung des aktuellen Systems. Ein weiteres Viertel befindet sich gerade in einem Einführungsprojekt und rund 35% der Unternehmen haben ein solches bereits abgeschlossen. Der von ERP-Herstellern häufig proklamierte SOA-Hype hatte in diesem Zusammenhang nicht den gleichen Effekt bei den einführenden Unternehmen: nur 28% maßen der Einführung einer SOA-Architektur im Unternehmen eine hohe bis sehr hohe Bedeutung zu. 16% sahen sogar eine niedrige oder sehr niedrige Bedeutung. Neben den zentralen Unternehmenssystemen besteht bei vielen Handelsunternehmen darüber hinaus eine hohe Bereitschaft, in andere IT-Projekte zu investieren. Hemmschuh dürfte hier zurzeit der Arbeitskräftemangel im Bereich IT-Fachkräfte sein.

Dispositiver Softwareeinsatz

Der Einsatz eines gut strukturierten Berichtswesens hat in den vergangenen Jahren durch die zunehmende Datenmenge im Handel an Bedeutung gewonnen. Zahlreiche Data Warehouse-Projekte haben die Verwaltung der Daten verbessert und die Informationsgewinnung erleichtert. Allerdings geben die befragten Unternehmen an, dass die Unterstützung der Unternehmensentscheidungen durch Standardkennzahlenberichte nur zu zwei Drittel gut (57%) bis sehr gut (9%) gelöst ist. Rund ein Drittel der Befragten äußerte mittelmäßige oder unzureichende Zufriedenheit mit ihrem Berichtswesen. Eine Berichtswesenreorganisation wird daher von mehr als der Hälfte derUnternehmen als sehr wichtig oder wichtig angesehen.

Integration und Standardisierung

Vor allem der IT-Integration und Standardisierung sowohl von Zentrale und Anschlusshäusern als auch zwischen Zentrale und Lieferzentralen wird eine hohe Bedeutung zugemessen. Insgesamt 92% der Befragten sahen die interne Standardisierung als wichtig oder sehr wichtig an, 76% die Integration und Standardisierung Richtung Lieferanten. Verbunden hiermit wird auch die Datenqualität als wichtige Maßnahme zur Verbesserung der operativen Abläufe genannt.

Für rund 2/3 der antwortenden Unternehmen ist die Qualität der Artikelstammdaten sehr gut oder gut. Nur ein Drittel klagt über mittelmäßige Stammdatenqualität. Die Befragten bewerteten allerdings insbesondere die Erhöhung der Datenqualität der Anschlusshäuser (z. B. Bonität) als sehr wichtig bzw. wichtig (76%). Rund ein Drittel der Verbundgruppen klagte über schlechte oder sehr schlechte Qualität der betriebswirtschaftlichen Daten aus den Verbundhäusern und nur rund 15% empfindet diese als gut. Daher verwundert es nicht, dass die Erarbeitung von Richtlinien für das Stammdatenmanagement zur Erhöhung der Datenqualität überwiegend als wichtig bzw. sehr wichtig angesehen wird (83%).

Ein wichtiges Augenmerk legen die Verbundgruppen verstärkt auch auf den elektronischen Datenaustausch mittels EDI. Bereits ein Drittel der Daten und Belege zwischen Lieferanten und Zentrale werden elektronisch ausgetauscht. Das gleiche Verhältnis ist auch im Innenverhältnis zwischen Zentrale und Mitgliedern festzustellen. Trotzdem hier noch erhebliches Rationalisierungspotenzial durch den digitalen Datenaustausch besteht, kann ein überwiegend elektronischer Datenaustausch in absehbarer Zeit aufgrund der mehr oder weniger losen Kopplung von Zentrale und Anschlusshäusern branchenweit nicht realisiert werden. Vor allem in den Bereichen Lieferanten- und Artikelstammdaten sowie Rechnungsdaten werden aber aktuell zahlreiche Rationalisierungsprojekte durchgeführt.

Auszüge aus der IT-Statuserhebung können von den Autoren kostenfrei angefordert werden. Die vollständige Studie steht den beteiligten Unternehmen sowie den Arbeitskreisen des ZGV kostenlos zur Verfügung.

Prof. Dr. Jörg Becker
Dr. Axel Winkelmann
European Research Center for Information Systems (ERCIS)
Universität Münster
Leonardo-Campus 3
48149 Münster
[nachname]@ercis.uni-muenster.de

Jörg Glaser
ServiCon Service Consult eG
Kap am Südkai - Agrippinawerft 26
50678 Köln
j.glaser@servicon.de

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