Industrie 4.0: Zukunftsmodell für den Mittelstand?

Digitale Mittelstandsinitiativen und Industrie 4.0: Die Fortschritte der Digitalisierung sind überall zu spüren. Doch was heißt das für den Mittelstand?

Berlin, 21.02.2016 – Das deutsche Wirtschaftswunder ist noch nicht lange her. Doch seit Ludwig Erhard ist viel passiert. Fließbandarbeit wird durch computerbasierte Prozesse ersetzt. Künstliche Intelligenz schafft Mehrwert im Unternehmen. Und auch die Arbeit wird durch die Digitalisierung revolutioniert.

Machnig: „Digitalisierung entscheidet über Zukunftsfähigkeit“

Die Politik wünscht sich das digitale Wirtschaftswunder für Deutschland: Industrie 4.0 ist das neue Stichwort. Welche praktischen Hürden vor allem für Mittelständler noch zu nehmen sind und welche digitalen Mittelstandsinitiativen es bereits gibt, wurde beim Kongress "Industrie 4.0 an den Mittelstand bringen" diskutiert.

„Die Frage der Digitalisierung entscheidet über die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft. Umso erschreckender ist es, dass ein Großteil der Investitionsprojekte mit einem Wert unter 10.000 Euro getätigt werden und damit praktisch nicht über die Erneuerung von PCs hinausgehen“, brachte es Matthias Machnig, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium zur Eröffnung des Kongresses "Industrie 4.0 an den Mittelstand bringen" am 17. Februar in Berlin auf den Punkt.

Das Thema ist allgegenwärtig. Seit einem Jahr veranstalten die Industrie- und Handelskammern in Kooperation mit der Plattform Industrie 4.0 die Veranstaltungsreihe „Industrie 4.0 @ Mittelstand“. Was muss getan werden, um den Mittelstand für die Digitalisierung zu rüsten? Zahlreiche Experten stellten ihre Arbeit der Plattform Industrie 4.0 und des Mittelstand-4.0.-Kompetenzzentrums Berlin sowie die Rolle von Testzentren und -umgebungen vor.

Mittelstandsinitiativen fördern Unternehmer

Dass der Mittelstand auch gezielt durch Initiativen unterstützt werden kann, wurde bei der Vorstellung der Mittelstandsinitiative „Labs Network Industrie 4.0“ deutlich. Das Vorhaben startete als Dialog-, Kompetenz- und Experimentierplattform für deutsche Unternehmen an der Schwelle zur Industrie 4.0.

Die Testfelder hätten sich besonders bewährt, da Firmen neue Technologien, Innovationen und Geschäftsmodelle rund um Industrie 4.0 kennenlernen, ausprobieren und deren technische und ökonomische Realisierbarkeit vor der Markteinführung evaluieren können – in einem Umfeld ohne Wettbewerbsdruck und mit minimalen finanziellen sowie technischen Risiken.

Ganzheitlicher Blick

Doch reicht das aus? Nicht unbedingt, so das Fazit der Diskussion. Denn die bisherigen Ansätze zur Digitalisierung seien noch zu stark auf die Entwicklung einzelner Technologien abgezielt. Die Förderinitiative "Mittelstand 4.0 - Kompetenzzentren" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie will genau das angehen.

Mit praxisgerechten Strategien, die konkret und ganzheitlich für den Mittelstand geeignet sind sollen Lösungen für prototypische Probleme wie beispielsweise digitales Marketing und die Personalorganisation schnell skaliert werden. Unternehmen werden zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle befähigt sowie zur Anpassung der Wertschöpfungsprozesse an das digitale Zeitalter.

Wie die Strategien anschließend umgesetzt werden können, erklärte die "Plattform Industrie 4.0". Die Plattform motiviert und aktiviert Betriebe zur konkreten Umsetzung. Auf der Website der Plattform Industrie 4.0 gibt es als Inspirationsquelle eine Online-Landkarte, auf der rund 250 Anwendungsbeispiele eingetragen sind sowie Testzentren, in denen Neuentwicklungen praxisnah erprobt werden können. Schließlich sind auch Beratungsangebote und Veranstaltungen zur Sensibilisierung und Qualifizierung von Unternehmen regional aufgeschlüsselt.

Zeit zu handeln

Mit Blick auf Daten und Informationssicherheit, Standards und deren Interoperabilität und auf Marktentwicklungen stellen sich für mittelständische Unternehmen besonders viele Fragen und ein hoher Beratungsbedarf besteht, um abschätzen zu können, welche Investitionen notwendig sind. Da kleinere Unternehmen von Natur aus geringere Kapazitäten als größere Unternehmen haben, aber genauso schnell voranschreiten müssen, bieten sich zur Unterstützung besonders die hier vorgestellten Mittelstandsinitiativen an.

Dennoch werden die Förderprogramme von Mittelständlern bisher kaum in Betracht gezogen. Doch wer kein Risiko eingeht, macht keine Fortschritte, so das Fazit des Kongresses.

Mehr mittelstandsfreundliche Politik

Aber auch die Politik ist gefordert, einheitliche Rahmenbedingungen sicherzustellen. So sollte der massive Breitbandausbau, bei dem in ganz Deutschland schnelles Internet - mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde Standard ist - sichergestellt werden sowie Herausforderungen beim Thema Recht 4.0 und bei der Mitarbeiterqualifikation als Teil der Digitalisierungsstrategie angegangen werden.

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