MITTELSTANDSVERBUND für EU-Handel auf allen Kanälen

Die Europäische Kommission schlägt eine weitere Harmonisierung des Verbraucherrechts vor. DER MITTELSTANDSVERBUND fordert mehr einheitliche Regeln im europaweiten Online- und Offline-Handel. 

Brüssel, 11.03.2016 — Die Europäische Kommission schlägt eine weitere Harmonisierung des Verbraucherrechts vor. Denn gerade die Gewährleistungsrechte seien in den meisten Mitgliedstaaten immer noch unterschiedlich ausgestaltet und bedürften daher einer weiteren Harmonisierung. Doch der Vorschlag beschränkt sich nur auf das Wesentliche: Vorgeschlagen werden Regeln zum Mangel einer Kaufsache, die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten und der Lauf der entsprechenden Fristen.

Dies alles ist größtenteils auf den Verbraucherkauf konzentriert. In seiner aktuellen Stellungnahme kritisiert DER MITTELSTANDSVERBUND deshalb den fehlenden Mut der Kommission, einen umfassenden Vorschlag zur Harmonisierung des Vertragsrechts zu unterbreiten.

Vorschlag geht an der Realität vorbei

Mit einem klaren Fokus auf den Online-Handel und einem begrenzten Anwendungsbereich für Verträge mit Unternehmern bleibt es in vielen Bereichen bei unterschiedlichen nationalen Regelungen. "Gerade im Zeitalter von Multichannel-Konzepten kann es nicht sein, dass ein Rechtsakt ausschließlich für einen Kanal entworfen wird", kritisiert Tim Geier, Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel den Vorschlag der Europäischen Kommission.

Unklar bleiben die Fälle, in denen ein Verbraucher online bestellt und die Waren im Laden abholt. Dasselbe gilt auch für die Rückabwicklung von Verträgen unter Verwendung mehrerer Verkaufskanäle. Und Geier sieht ein weiteres Problem: "Verbraucher, die im EU-Ausland bestellen, dürften für die Händler zur Herausforderung werden."

28 unterschiedliche Verbraucherrechte der EU

Bereits jetzt schreibt das EU-Recht vor, bei grenzüberschreitenden Geschäften immer das für den Verbraucher günstigere Recht anzuwenden. Will ein Händler nun europaweit Produkte anbieten, muss er deshalb seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf die Konformität mit den 28 unterschiedlichen Verbraucherrechten der EU gegenprüfen.

Kommt nun noch der neue Vorschlag der Kommission hinzu, muss der Händler dann noch die Sondervorschriften für den Online-Handel mit seinen 28 nationalen Besonderheiten – der Vorschlag ist eine Richtlinie und muss daher in nationales Recht umgesetzt werden – beachten. "Der Vorschlag zieht an der Realität vorbei. Eine wirkliche Erleichterung für die Händler ist das nicht", so Geier. Die Kommission unterbinde damit die Motivation, Waren grenzüberschreitend anzubieten.

DER MITTELSTANDSVERBUND fordert deshalb einheitliche Regeln für den Online- und Offlinehandel. Nur ein solcher Schritt würde eine wirkliche Erleichterung für die Händler bedeuten.

Starke Händlerbelastung

Weiterhin vermutet der Richtlinienvorschlag, dass ein Mangel, der sich innerhalb von zwei Jahren ab Verkauf eines Produktes zeigt, bereits bei Gefahrübergang bestand. Die Beweislast für das Gegenteil soll der Händler tragen.

Im deutschen Recht besteht auch eine solche Frist. Allerdings beläuft sich diese national auf bis zu sechs Monaten ab dem Verkauf eines Produktes. Dies ist auch sachgerecht, hat der Händler doch wenig Einflussmöglichkeiten auf das Produkt, wenn es erst einmal in den Händen des Verbrauchers ist. Sechs Monate stellen deshalb ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Händler- und Verbraucherinteressen dar.  

Abwicklung im B2B-Bereich

Dem MITTELSTANDSVERBUND ist es gelungen, eine Vorschrift über das B2B-Verhältnis in den Vorschlag zu integrieren. Der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes hatte bereits im Vorfeld in Gesprächen mit der Kommission darauf hingewiesen, dass Regelungen darüber gefunden werden müssen, wie die Abwicklung in der Lieferkette ausgestaltet sein muss, wenn der Verbraucher einen Mangel geltend macht. Die Kommission schlägt deshalb vor, dass dem Händler nun ein Ausgleichsanspruch gegen seinen Vertragspartner in der Lieferkette zusteht. Dieser kann den Schadensposten dann seinen Vertragspartner weitergeben.

Dem Spitzenverband geht der Vorschlag nicht weit genug. Zum einen regelt die Vorschrift nur die Weiterreichung von Schadensposten, die in diesem Richtlinienvorschlag auch geregelt sind. Einen Schadensersatz oder Aufwendungsersatz sieht die Richtlinie nicht vor.

Stufenverantwortlichkeit in der Lieferkette beachten

Aus diesem Grund werden weiterhin nationale Unterschiede hinsichtlich der Abwicklung in der Lieferkette bestehen bleiben. Zum anderen kann von diesen Vorschriften im B2B Bereich abgerückt werden. "Am Ende des Tages wird es Sache des Verhandlungsgeschicks und vor allem der Verhandlungsmacht der Vertragspartner sein, welche Schadensposten in der Lieferkette weitergereicht werden können", so der Europaexperte des Spitzenverbandes.

DER MITTELSTANDSVERBUND fordert die bedingungslose Möglichkeit, jeglichen Schaden, den der Händler aufgrund eines dem Verbrauchers zustehenden Gewährleistungsrechts zu ersetzen hatte, auch in der Lieferkette weiterreichen zu können. Da dieser Schaden bis zum Hersteller als In-Verkehr-Bringer des Produktes und daher auch Hauptverantwortlichen dessen Mangelhaftigkeit weitergereicht werden kann, entspräche ein solcher Ansatz auch dem Prinzip der Stufenverantwortlichkeit in der Lieferkette.

Fazit

Der von der Kommission vorgestellte Vorschlag bietet noch viel Diskussionsbedarf. DER MITTELSTANDSVERBUND wird die vorliegende Stellungnahme daher als Grundlage der Diskussion nehmen, die mit den europäischen Entscheidungsträgern in näherer Zukunft zu führen sein wird.


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