Auf zu neuen Datenräumen! Die Bundesregierung stellt ihre Datenstrategie vor

Mit dem Kompendium von mehr als 200 Einzelmaßnahmen kündigt die Bundesregierung in ihrer Datenstrategie Großes an: Die Erschließung neuer Datenräume für Wirtschaft und Zivilgesellschaft sowie Cloud- und sogar Quantencomputing – alles scheint möglich. Doch was ist dabei für den Mittelstand tatsächlich zu erwarten? DER MITTELSTANDSVERBUND klärt auf.

Brüssel, 10.02.2020: Neben Pandemiebekämpfung und Grünem Deal beschäftigt Brüssel derzeit die zukünftige Ausgestaltung der Daten-Ökonomie: Wie sollen insbesondere große Plattformen mit den auf ihnen generierten Daten-Flüssen umgehen? Was haben die Plattform-Nutzer aber auch die Verbraucher von diesem Datenschatz? Wie können sich neue Daten-Ökosysteme auch in Europa entwickeln um endlich ein Gegengewicht der US-amerikanischen aber auch zunehmend chinesischen Modellen zu stellen?

Europa hat in Deutschland einen Vorreiter auf diesem Gebiet gefunden: Die Bundesregierung stellt jüngst ihre sogenannte Daten-Strategie vor, die sich mit dem Slogan „Chancen ergreifen: Daten zugänglich machen, nutzen und teilen“ recht gut erklären lässt – „Mit dieser Strategie wollen wir deshalb als Bun­desregierung innovative und verantwortungs­volle Datenbereitstellung und Datennutzung insbesondere in Deutschland und Europa sig­nifikant erhöhen – in der Wirtschaft, der Wis­senschaft, der Zivilgesellschaft und der Ver­waltung. Gleichzeitig wollen wir auf Basis der europäischen Werte eine gerechte Teilhabe sichern, Datenmonopole verhindern und zu­gleich Datenmissbrauch konsequent begegnen.“, heißt es gleich zu Anfang der Datenstrategie. 

Die Bundesregierung hat dabei 4 Themenblöcke identifiziert, die es künftig zu bearbeiten gilt:

  • Aufbau einer (im besten Fall europäischen) Dateninfrastruktur,
  • Förderung einer verantwortungsvollen Daten-Nutzung,
  • Erhöhung der Datenkompetenz,
  • Aufbau des Staates als Vorreiter der Datenkultur.

Die Zielrichtung ist klar, die Buzzwords wie „Cloudcomputing“, „Innovation“ und „Teilhabe“ werden genannt. Was damit gemeint ist und was die Wirtschaft und insbesondere der Mittelstand zu erwarten hat, erschließt sich jedoch erst bei einer genaueren Analyse der insgesamt 240 vorgestellten neuen Initiativen. 

Dateninfrastruktur

Deutschland und Europa arbeiten nicht erst seit gestern an dem Aufbau eines datengetriebenen Gegenmodells großer digitaler Anbieter. Große Hoffnungen werden dabei auf das Gemeinschaftsprojekt Gaia X gesetzt; durch die dezentrale Vernetzung einzelner Wirtschaftsakteure in Europa sollen neue, unabhängige Arten der Kooperation geschaffen werden. Hier verspricht Deutschland weitere Unterstützung.

Datenschutz

Auch wenn es zunächst anders klingt: Deutschland wird am bestehenden System des Datenschutzes nicht rütteln (können). Dafür sind die europäischen Vorgaben zu eindeutig, die Neuverhandlung derselben nicht realistisch. Was die Bundesregierung hingegen verspricht, ist eine einheitliche Auslegung und Anwendung der Datenschutzbestimmungen auf dem gesamten Bundesgebiet. Dies soll ggf. durch eine neue länderübergreifenden Datenschutzaufsicht geschehen – zumindest für den Bereich Forschung.

Weiterhin soll die Förderung von Datenmanagementsystemen (Personal Information Management Systems PIMS) für einen besseren und vertrauensvolleren Umgang mit Daten sorgen. Gleichzeitig sollen auch neue Systeme der rechtssicheren Daten-Anonymisierung aufgebaut und vorangebracht werden. 

Daten-Teilen außerhalb des Datenschutzes

Mit Blick auf die nichtpersonenbezogenen Daten sieht die Bundesregierung noch erhebliches Potential. So fehle es an erprobten Modellen der Daten-Teilung in der Wirtschaft und einer entsprechenden Kultur.

Die Bundesregierung möchte daher die Rahmenbedingungen für Datentreuhänder- oder Gemeingütermodelle schaffen. Die Modelle sollen dabei bürokratiearm ausgestaltet sein und einen zügigen, sicheren Datenaustausch ermöglichen. Die Bundesregierung unterstützt den bereits im letzten Jahr von der Europäischen Kommission vorgestellten „Data Governance Act“. Dieser soll die Voraussetzungen für sogenannte Daten-Intermediäre aufstellen, um Neut­ralität und wirtschaftliche Unabhängigkeit dieses Treuhänders jederzeit zu gewährleisten.

Weiterhin wird darüber nachgedacht, in welchen Bereichen ggf. eine Pflicht zum Teilen von Daten aufgestellt werden sollte. Bereits unter den jüngst in Kraft getretenen Regelungen des novellierten Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist die Verpflichtung zum Teilen von Daten mittlerweile eine Rechtsfolge, die das Bundekartellamt gegenüber datenmächtigen Unternehmen aussprechen kann. Der unter dem Titel „Digital Markets Act“ vorgestellte europäische Gesetzesvorschlag zielt auf die Teilhabe der Datenflüsse sogenannten „Gatekeeper“ ab – also wiederum große, datenmächtige Unternehmen.

Digitales Lernen

Wohl zu Recht pocht die Bundesregierung auf einen raschen Ausbau der Lernangebote für Schulen, Universitäten und Ausbildungen hinsichtlich digitaler Kompetenzen. Neben neuer und vor allem einheitlicher Lehrangebote soll auch die digitale Kompetenz in den Unternehmen ausgebaut und mit entsprechenden Initiativen des Bundes flankiert werden.

Fazit

Positiv ist zunächst festzustellen, dass die Bundesregierung einige der wichtigsten Schmerzpunkte identifiziert und hierfür nach Lösungen sucht. Der Aufbau digitaler Kompetenzen wird dabei eine entscheidende Rolle für die Wirtschaft spielen. DER MITTELSTANDSVERBUND wird sich in diesem Zusammenhang dafür einsetzen, dass insbesondere die Lehrangebote und Netzwerke der Verbundgruppen sowie übergeordnete Bildungssysteme wie die Akademie der Verbundgruppen in die weiteren Überlegungen einbezogenen werden, um einen größtmöglichen Nutzen für die mittelständische Bertriebe zu erreichen.

Hinsichtlich des Datenschutzes wäre sicherlich ein wenig mehr Elan und Vision notwendig gewesen, um die bestehenden Hindernisse gerade im Umgang mit personenbezogenen Daten auszuräumen. „Es wird abzuwarten bleiben, ob die versprochenen Anstrengungen in den Bereichen Datenmanagementsysteme und Anonymisierung ausreichend sein werden, um den gerade im Mittelstand bestehenden Gap zu überwinden.“ meint auch Tim Geier, Geschäftsführer Büro Brüssel, DER MITTELSTANDSVERBUND. „Verbundgruppen müssen nunmehr neue Modelle entwickeln, um den Kunden Mehrwerte durch die Nutzung derer personenbezogener Daten zu vermitteln.“ so Geier weiter. 

Hinsichtlich des Aufbaus neuer Modelle gemeinsamer Datennutzung fordert DER MITTELSTANDSVERBUND den Verzicht auf neue innovationshemmende Regulierung. In jedem Fall begrüßenswert ist hingegen die Erkenntnis der Bundesregierung, dass genossenschaftliche Modelle des Daten-Teilens eine wichtige Handlungsoption in diesem Bereich sind.

Mit Blick auf die Schaffung einer neuen, dezentralen Dateninfrastruktur unter dem Projekt Gaia X steht DER MITTELSTANDSVERBUND bereit, dieses neue Netzwerk mit Leben zu füllen und neue Wertschöpfung auch und gerade für Mittelständler zu gewährleisten.

Datenstrategie der Bundesregierung

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