CSR: Justizministerium verschont Mittelstand

Der kooperierende Mittelstand bleibt von nicht-finanziellen Berichtspflichten befreit – vorerst! Damit das so bleibt, bittet DER MITTELSTANDSVERBUND seine Mitglieder um Unterstützung.

Brüssel, 22.03.2016 — Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat einen Entwurf für die sogenannte CSR-Richtlinie (Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen) vorgelegt. Damit setzt das Ministerium eine Forderung um, die bereits 2014 von den europäischen Entscheidungsträgern verabschiedet wurde.

B esonders erfreulich: Der kooperierende Mittelstand bleibt von den geplanten Berichtspflichten verschont. Damit kommt das Ministerium der Forderung des MITTELSTANDSVERBUNDES entgegen, die Richtlinie nicht auf kleinere und mittlere Unternehmen auszuweiten.

Hintergrund

Besonders das Europäische Parlament hatte seit langem darauf gepocht, dass Unternehmen Angaben über nicht-finanzielle Aspekte ihrer Tätigkeit berichten sollen. DER MITTELSTANDSVERBUND hatte in der europäischen und nationalen Diskussion immer wieder darauf hingewiesen, dass ein solcher verpflichtender Ansatz die mannigfaltigen sozialen Aktivitäten von Unternehmen konterkarieren könnte. Am Ende des Europäischen Gesetzgebungsprozesses stand deshalb ein Rechtsakt, der lediglich große Unternehmen dazu verpflichtet, Auskunft über ihre nicht-finanziellen Informationen zu geben.

In der darauf folgenden nationalen Diskussion über die Umsetzung der CSR-Richtlinie schaltete sich DER MITTELSTANDSVEBRUND frühzeitig ein und verdeutlichte, dass der auf EU-Ebene beschlossene Anwendungsbereich keinesfalls auf kleinere Unternehmen ausgeweitet werden sollte.

Auch wenn Unternehmen von einer solchen Berichtspflicht betroffen sein sollten, plädierte DER MITTELSTANDSVERBUND für eine maximale Flexibilität hinsichtlich der Art und Weise der Darstellung solcher nichtfinanzieller Aspekte. "Das soziale Engagement von Unternehmen verläuft eben nicht nach 'Schema F'. Der Bericht über eine solches Engagement kann daher auch nur in einer entsprechenden individuellen Art und Weise erfolgen", warnt Tim Geier, Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel.

Das BMJV hat die Ansichten der verschiedenen betroffenen Verbände gesammelt, und auf Grundlage dessen einen Entwurf zur Umsetzung der CSR-Richtlinie vorgestellt.

Bilanzsumme von 20 Mio. Euro oder mehr

Das Justizministerium hält sich dabei an das Versprechen, die Richtlinie im Grundsatz 1:1 in nationales Recht umsetzen zu wollen. Das zeigt sich zunächst im Adressatenkreis der neuen Vorschriften:

Betroffen sind große Unternehmen von öffentlichem Interesse. Dies sind Kapital- und Personengesellschaften (nach den deutschen handelsrechtlichen Vorschriften), die entweder eine jährliche Bilanzsumme von 20 Mio. Euro oder einen Jahresumsatzerlös von 40 Mio. Euro vorweisen und zugleich im Betrachtungsjahr mehr als 500 Mitarbeiter beschäftigten. Der Vorschlag stellt gleichzeitig klar, dass Genossenschaften den Kapital- und Personengesellschaften gleichstehen, soweit auch sie die entsprechenden Kriterien erfüllen.

Keine Berichtspflichten für KMU

Kleine und mittlere Unternehmen bleiben vom Anwendungsbereich der Regeln zunächst ausgeschlossen. Hier verweist das BMJV auf die Überprüfung der CSR-Richtlinie auf europäischer Ebene, die von der Kommission bis Dezember 2018 durchgeführt werden soll – Ergebnis bislang offen. Zudem weist das Ministerium darauf hin, dass auch die Richtlinie zwingend die Beachtung von KMU-Interessen vorgibt.

DER MITTELSTANDSVEBRUND begrüßt einen solchen Ansatz ausdrücklich. Gleichzeitig zeigt sich der Spitzenverband verwundert über den alleinigen Verweis auf europäische Vorgaben. "Eine klare Positionierung zur Entlastung des Mittelstandes auf Seiten der Bundesregierung wäre hier wünschenswert gewesen", so Geier.

Fokus: Optimierung der CSR-Berichte

Das Thema ist damit nur vorläufig vom Tisch. Die Sensibilisierung der europäischen Entscheidungsträger muss daher weitergeführt werden. DER MITTELSTANDSVERBUND hat bereits Anfang 2016 mit Vertretern der Europäischen Kommission gesprochen und dafür geworben, die bestehende Entlastung für KMU aufrechtzuerhalten. Auf EU-Ebene scheint momentan kein Anlass zu bestehen, den Anwendungsbereich auszuweiten. Vielmehr solle der Fokus zukünftiger EU-Maßnahmen vielmehr auf einer Optimierung der Berichte über nichtfinanzielle Interessen liegen.

Den Freiraum der CSR-Richtlinie nutzend, verlangt auch der Regierungsentwurf keine konkrete Darstellung von nichtfinanziellen Interessen. Diese können als Teil des Lageberichts, in einem gesonderten aber mit dem Lagebericht im Bundesanzeiger zu veröffentlichen Bericht oder auf der Internetseite des Unternehmens – dann jedoch mit einem entsprechenden Verweis im Lagebericht – veröffentlicht werden.

Flexibilität im CSR-Bericht

Wie vom MITTELSTANDSVERBUND gefordert, sollen Unternehmen eine größtmögliche Freiheit hinsichtlich der Art und Weise der Darstellung nichtfinanzieller Interessen haben. So können Unternehmen entscheiden, internationale Rahmenwerke für die Berichterstattung zu nutzen oder eben nicht.

Hinsichtlich des Inhalts müssen nur solche Angaben erfolgen, die wesentlich für das Verständnis des Geschäftsverlaufs sind und gleichzeitig erforderlich für die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit auf nichtfinanzielle Belange sind.

Der Bericht muss dabei folgende Aspekte umfassen:
  • Umweltbelange,
  • Arbeitnehmerbelange,
  • Sozialbelange,
  • Bekämpfung von Korruption und Bestechung und
  • Achtung der Menschenrechte.
Das BMJV schlägt weiterhin vor, eventuell auch Verbraucherbelange in den Katalog aufzunehmen. DER MITTELSTANDSVEBRUND hält das für wenig hilfreich. "Die Kommunikation, warum ein Unternehmen besonders ansprechend für Verbraucher ist, ist typische Aufgabe desselben und wird deshalb regelmäßig im direkten Kundenkontakt erfolgen", erklärt der Europaexperte des Spitzenverbandes. Im Sinne der Vermeidung von Doppelungen und damit verbundenen unnötigen Mehraufwand empfiehlt der Experte deshalb, von einer solchen Herangehensweise Abstand zu nehmen.

Im Rahmen der einzelnen Aspekte sollen die Unternehmen auch angeben, welche internen Prozesse zur Verfügung stehen, um Risiken zu identifizieren und zu beheben. Sollte ein Unternehmen keine Konzepte haben, muss erklärt werden, warum das nicht der Fall ist. Darüber hinaus sollen die Unternehmen auch beschreiben, welche Auswirkungen die eben beschrieben Prozesse mit Blick auf die einzelnen hatten.

Die Berichtspflichten umfassen dabei nicht nur die interne Struktur der Unternehmen, sondern auch deren Produkte und Dienstleistungen. Weiterhin müssen auch Risiken in der Lieferkette identifiziert und Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Gerade der letzte Punkt ist bereits in der CSR-Richtlinie angelegt und wurde vom MITTELSTANDSVERBUND seit jeher bemängelt.

Denn klar ist: Berichtspflichten in der Lieferkette werden bereits heute oftmals auf die Vertragspartner abgewälzt und zur Voraussetzung von Geschäftskontakten gemacht. Durch die Hintertür sind daher auch mittelständische Unternehmen von den Berichtspflichten betroffen. DER MITTELSTANDSVERUND fordert das BMJV daher auf, zu erklären, wie diese Regelung mittelstandsfreundlich umgesetzt werden kann.

MITTELSTANDSVERBUND bittet um Unterstützung

Die Bundesregierung hat ihr Versprechen eingehalten, mittelständische Unternehmen von einer weiteren Belastung freizuhalten. Dennoch ergeben sich aus den Einzelheiten des Umsetzungsvorschlages Fragen, die mit Blick auf die Vermeidung von Bürokratielasten noch geklärt werden müssen. DER MITTELSTANDSVERUND wird diese in einer weiteren Stellungnahme gegenüber dem BMJV artikulieren.

Dabei ist DER MITTELSTANDSVERBUND jedoch auf die Hilfe seiner Mitglieder angewiesen. Da die Verwaltungslasten, die sich aus einer Berichtspflicht über nichtfinanzielle Interessen bislang nicht von der Bundesregierung eruiert wurden, besteht jetzt die Gelegenheit, die Zusatzkosten, die sich aus einer solchen Berichtspflicht ergeben würden, zu beziffern.

Bitte teilen Sie dem MITTELSTANDSVERBUND bis zum 14. April mit, mit welchen Mehrbelastungen Ihr Unternehmen zu rechnen hat.

Ihre Hinweise dienen als Grundlage für die Stellungnahme des MITTELSTANDSVEBRUNDES, um eine Mehrbelastung für mittelständische Unternehmen zu verhindern. 

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