EU-Agenda 2016: Kommission macht Binnenmarkt zur Priorität 

Mehr Work-Life-Balance, einheitliche Mehrwertsteuer, Ausbau der digitalen Agenda – die Wunschliste der EU-Kommission für 2016 ist lang. Mit dem Arbeitsprogramm für das neue Jahr legt sie einen ambitionierten Plan zur Vertiefung des europäischen Binnenmarktes vor.

Brüssel, 18.11.2015 – "Wir haben beschlossen, unsere Arbeitsweise zu ändern, Transparenz zu gewährleisten und über das, was wir tun Rechenschaft abzulegen." – Der Eingangstext zum Arbeitsprogramm“No time for business as usual“ der EU-Kommission lässt Großes erahnen.

Europäische Kommission mit Kommissionschef Junker (2015)Zwar gehört die Präsentation der jährlichen Strategie für das kommende Jahr zum üblichen Prozedere der Kommission. Gegenüber den Arbeitsprogrammen der vorherigen Kommission fällt das diesjährige aber deutlich detaillierter aus. Neben der Vorstellung geplanter neuer Rechtsakte werden Themen von besonderer Dringlichkeit hervorgehoben. Darüber hinaus legt die Kommission auch dar, welche Rechtsakte in der näheren Zukunft zurückgenommen bzw. überarbeitet werden sollen.

Das Arbeitsprogramm 2016 greift viele Punkte auf, die bereits im letzten Jahr angekündigt waren. Da die 2014 zusammengestellte Kommission aber "erst" seit Anfang des Jahres wirklich inhaltlich arbeitet, ist das auch nicht verwunderlich.

Kommissionschef Juncker packt Probleme an

In der Europäischen Union gibt es noch einiges zu tun – so die Einschätzung der EU-Kommission. Daher sollen die folgenden Probleme verschärft angegangen werden:
  • Arbeitsplätze,
  • Wachstum und Investitionslücken,
  • Menschen, die vor Instabilität und Krieg fliehen und eine sichere Zuflucht suchen,
  • Klimawandel und Verknappung der natürlichen Ressourcen,
  • Soziale Ungleichheit, Intoleranz und ein Gefühl der Unsicherheit in Teilen unserer Gesellschaft.
Jean-Claude Juncker, Präsident der EU-Kommission, hatte in der Vergangenheit gerade auf die ersten drei Aspekte immer wieder in seinen Reden und öffentlichen Auftritten hingewiesen. Sein Selbstverständnis bei der Kommissionsarbeit: Nicht gute Absichten zählen, sondern Ergebnisse.

Auch der kooperierende Mittelstand wird 2016 von der Arbeit der EU-Kommission betroffen sein. DERMITTELSTANDSVERBUND informiert über die relevanten Themen aus dem Arbeitsprogramm:

Arbeit und Soziales: Bessere Balance(n)

Mehr Ausgewogenheit im Beruf – dieses Ziel verfolgt die EU-Kommission im Bereich Arbeit und Soziales. Die Kommission will für eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen sowie eine Verbesserung der Work-Life-Balance erwerbtätiger Eltern mit Kindern auf einen Mix aus legislativen und nicht-legislativen Maßnahmen setzen.

Auch der Wettbewerb der Sozialsysteme zwischen den Mitgliedstaaten soll minimiert werden. In der Vergangenheit kam es unter den Mitgliedstaaten oft zu einem "race to the bottom": Durch die Senkung von sozialen Standards versuchten einige Mitgliedstaaten, sich einen Standortvorteil zu verschaffen. Die Kommission will deshalb neue Vorschriften zur Arbeitskräftemobilität und der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vorlegen, um dieses Vorgehen künftig zu unterbinden.

Mehr Binnenmarkt: einheitlicher Mehrwertsteuer-Standard

Die Vertiefung des Binnenmarkts soll vor allem durch die Anpassung der Mehrwertsteuer-Systeme und Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlagen erreicht werden. Beides hatte die Kommission bereits durch entsprechende Vorschläge versucht. Wegen der Blockadehaltung des Rates der EU will die Kommission nun neu verhandeln. Die bisherigen Vorschläge sollen durch eine stufenweise Angleichung der nationalen Systeme ersetzt werden.

DER MITTELSTANDSVERBUND wünscht sich mit Blick auf den blockierten Vorschlag zur Standard-Mehrwertsteuererklärung mehr Durchsetzungskraft von der Kommission. "Der Vorschlag einer einheitlichen Mehrwertsteuererklärung ist gerade für mittelständische Unternehmen mit grenzüberschreitendemGeschäftsfeld von Bedeutung. Diesen Ansatz durch die abgeschwächte stufenweise Angleichung aufgrund der Opposition im Rat zu ersetzen, ist für die Schlagkraft der Kommission nicht förderlich", mahnt Tim Geier, Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel.

Digitalisierung: Alles beim "Alten"

Der Ausbau des digitalen EU-Binnenmarktes bleibt auch 2016 auf der Agenda. Mit dem Vorschlag zur weiteren Vereinheitlichung der Verbraucherrechte, der Bekämpfung des Geoblockings und zur digitalen Aus-und Weiterbildung überrascht die Kommission nur wenig. Die Ansätze wurden bereits in der digitalen Agenda im Mai 2015 vorgestellt und müssen nun mit Leben gefüllt werden. Beginnen wird die Kommission mit der weiteren Vereinheitlichung der EU-Verbraucherrechte. DER MITTELSTANDSVERBUND wird die Arbeit der Kommission an dieser Stelle genau im Blick behalten.

Fazit: Kommission setzt Arbeit fort

Das Arbeitsprogramm von Kommissionschef Juncker und seinem Team hält insgesamt kaum Überraschungen bereit. Da die Kommission aber lobenswerter Weise in vielen Bereichen bereits Konsultationen durchgeführt hat, ist der Weg hin zur neuen EU-Agenda durchaus nachvollziehbar. Ob die Liste der Wünsche 2016 zum Erfolgoder Misserfolg führen, wird aber weiterhin noch der Rat der EU mitentscheiden müssen. "Ein enger Kontakt der Institutionen ist auch im neuen Jahr notwendig. Da viele Themen Einheitlichkeit im Rat erfordern werden, wird ein verstärkter Dialog noch wichtiger", fordert Geier.

Weitere Informationen:

Download: Arbeitsprogramm "No time for business as usual" 2016 der EU-Kommission

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